Kein Recht auf Privatsphäre bei Google?

1. Oktober 2013

Aktuell steht Google gleich zweifach in der Kritik: Angeblich scanne der Internetgigant sämtliche ein- und ausgehenden Emails von Gmail-Nutzern – auch Emails, die über andere Anbieter an ein Gmail-Konto versandt werden. Ein schwerer Vorwurf. Doch Googles Verteidigung hiergegen hat sodann die nächste Empörung zu Tage gerufen: Kunden sollen bei Google keine Privatsphäre erwarten können.

Worum geht es im Einzelnen? Im US-Bundesstaat Kalifornien hat die Bezirksrichterin Lucy Koh entschieden, eine Sammelklage gegen Google zuzulassen. Verbraucherschützer in den USA haben diese Klage vorangetrieben. Konkret wird Google vorgeworfen, automatisiert Emails seiner Gmail-Kunden nach Schlagworten zu scannen, um damit passgenaue, individualisierte Werbung betreiben zu können. Mit einem solchen Verfahren erklärt sich der Gmail-Kunde einverstanden, indem er die Nutzungsbedingungen von Google akzeptiert. Damit stellt sich die Frage, ob, und wenn, in welchem Ausmaß die Email-Inhalte „gelesen“ werden.  Konkreter sind die Vorwürfe für eingehende Emails anderer Anbieter. Google soll nämlich auch solche Mailinhalte scannen, die Dritte von einem nicht Gmail-Konto an ein Gmail-Konto senden. Während es zumindest fragwürdig ist, dass Gmail-Kunden mit dem Scannen ihrer Emails einverstanden sind, kann dies nicht automatisch bei Personen vorausgesetzt werden, die gar nicht an Googles Vertragsbedingungen gebunden sind.

Google hatte mit einem Antrag auf Klageabweisung reagiert. Das Dokument  wurde von der Verbraucherschutzorganisation Consumer Watchdog veröffentlicht; die darin enthaltenen  Verteidigungs-Argumente von Google werden in den Medien überschwänglich diskutiert und ausgelegt. Wie unter anderem Die Zeit und Focus.de mitteilen, beruft sich das Unternehmen auch auf eine Gerichtsentscheidung des obersten Gerichtshofs aus dem Jahre 1979, in der es heißt, dass Personen keinen Anspruch auf Privatsphäre hätten, wenn sie Informationen an Dritte freiwillig weitergeben. Auch bei Briefen sei das nicht anders, denn der Absender hätte nicht die Garantie, dass das Schreiben nicht doch von einem Assistenten des Empfängers geöffnet würde. Die Anwälte wollten mit dem Zitat untermauern, dass es allgemein bekannt sei, dass das Unternehmen Mails automatisch scanne, denn nur so sei das umfangreiche Angebot zu gewährleisten. Nicht-Gmail-Nutzer stimmten somit der gängigen Praxis zu.

Consumer Watchdog sieht Googles Erklärung als Eingeständnis dafür an, dass Nutzer von Gmail- Konten scheinbar keinen Anspruch auf Privatsphäre hätten, wie der Spiegel schreibt.

Google bemüht sich hingegen um Richtigstellung und betont, dass dem Unternehmen die Sicherheit und Privatsphäre seiner Nutzer wichtig und die Datenschutzvorkehrungen auf höchstem Niveau seien.

Was wohl bleibt, ist ein fader Beigeschmack, der möglicherweise einen weiteren Kratzer im Image eines Internetriesen hinterlässt und die Unsicherheit der Nutzer, die fast täglich neue News im Rahmen von Webspionage erfahren. Wer glaubt da noch an Datensicherheit?

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