EuGH: Geldbuße nach DSGVO nur bei Verschulden

11. Dezember 2023

Mit zwei wegweisenden Urteilen vom 05.12.2023 präzisiert der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Voraussetzungen, unter denen nationale Datenschutzbehörden Bußgelder gegenüber Verantwortlichen erteilen dürfen. Dabei stellt der EuGH fest, dass eine Behörde eine Geldbuße nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nur bei Verschulden verhängen darf. Unternehmen haften jedoch für alle Beschäftigten. Zudem richtet sich die Berechnung der Höhe der Geldbuße für Unternehmen nach dessen Jahresumsatz. (mehr …)

550 Millionen Euro Klage gegen Meta

6. Dezember 2023

Über 80 spanische Medien, darunter die bekannten Zeitungen El País und La Vanguardia, haben gegen Meta eine Sammelklage eingereicht. Die Klage wurde unter dem Verbraucherverband Asociación de Medios de Información (AMI) in Höhe von 550 Millionen Euro gegen Meta, ehemals Facebook, erhoben, wie die Organisation am 04.12.2023 bekannt gab. Der Vorwurf richtet sich auf Verstöße gegen europäische Datenschutzbestimmungen. Ein Schritt, der nicht nur den Datenschutz, sondern auch die Beziehung zwischen Tech-Giganten und traditionellen Medien infrage stellt.
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Beschwerden gegen Metas Bezahl-Abo

5. Dezember 2023

Gegen das im Oktober eingeführte Bezahl-Abo für eine werbefreie Nutzung von Metas sozialen Netzwerken wurden in der vergangenen Woche verschiedene Beschwerden eingelegt. Zum einen gehen Datenschutzaktivist Max Schrems und seine Organisation Noyb gegen den Mutterkonzern von Facebook und Instagram vor. Die Bezahlungsoption steht im Zentrum einer am 28.11.2023 eingereichten Beschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde. Europäische Nutzer müssen sich durch die neue Option zwischen personalisierte Werbung mittels Tracking oder einer “Datenschutzgebühr” von bis zu 251,88 Euro pro Jahr für beide Plattformen entscheiden. Parallel hierzu hatten auch der Europäische Verbraucherverband (BEUC) und 19 Mitglieder eine Beschwerde eingereicht.
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DSK: Selbstregulierung für KI reicht nicht

4. Dezember 2023

Die Dynamik der Künstlichen Intelligenz (KI) fordert einen klaren rechtlichen Rahmen, besonders im Hinblick auf den Datenschutz. In diesem Kontext stellt die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) die Forderung nach einer umfassenden und klaren Verantwortlichkeitsregelung für Hersteller und Betreiber von KI-Systemen auf. Hierbei geht es Insbesondere über das geplante europäische Gesetz über Künstliche Intelligenz (KI-Verordnung). In einer Pressemitteilung vom 29.11.2023 betont die DSK, dass eine Selbstregulierung für KI nicht reicht.
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Wunsch nach europäischen Gesundheitsdatenraum

1. Dezember 2023

Nachdem es sich in den letzten Wochen immer wieder um Gesundheitsdatenschutz gedreht hat, äußert sich auch das Europäische Parlament (EU-Parlament). Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und der Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) des EU-Parlaments drücken in einer Pressemitteilung vom 28.11.2023 seinen Wunsch nach einem europäischen Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space (EHDS)) aus. Das geschieht parallel zu den deutschen Bestrebungen nach der E-Patientenakte und den Forderungen der Datenschutzkonferenz (DSK) für einheitliche medizinische Register und mehr Datennutzung zu Forschungszwecken.

Primärnutzung: Steigerung des individuellen Gesundheitsschutzes

Mitglieder des Parlaments haben mit überragender Mehrheit einen Entwurf angenommen, der es den Bürgern ermöglichen soll, ihre persönlichen Gesundheitsdaten sicher und grenzüberschreitend nutzen zu können. Zu den betroffenen Daten sollen Rezepte, die Krankheitsgeschichte, Bildmaterial oder Laborergebnisse gehören. Für die Datennutzung soll über die MyHealth@EU-Plattform ein Zugang eingerichtet werden. Im Gegenzug sollen effektive Sicherheitsmechanismen zum Schutz sensibler personenbezogener Daten geschaffen werden.

Sekundärnutzung: Datenweitergabe für das Gemeinwohl

Diese momentane Entwicklung verspräche auch eine verbesserte Portabilität von Gesundheitsdaten und ein sicheres Teilen für „öffentliche Interessen im Gesundheitsbereich“. Das neue Gesundheitssystem soll es nämlich ermöglichen, bereits gesammelte Daten weiterzugeben. Hiervon umfasste Daten könnten Informationen zu Krankheitserregern, Erstattungsansprüche oder genetische Daten sein. Zum „öffentlichen Interesse im Gesundheitsbereich“ sollen etwa Forschungsförderung, Innovation, Politikgestaltung, Bildung, Patientensicherheit und regulatorische Zwecke gehören.

Andererseits sollen strenge Datenschutzbestimmungen festgelegt werden, um sicherzustellen, dass sensible Daten nur unter klaren Bedingungen und für definierte Zwecke geteilt werden dürfen. Deswegen soll die Verwendung für Werbung oder den Ausschluss von Versicherungsleistungen verboten sein. Für die Weitergabe und Anonymisierung oder Pseudonymisierung von Daten wäre eine staatliche Stelle zuständig. Für besonders sensible Daten soll es für die Sekundärnutzung zudem ein Einwilligungserfordernis geben und einen Widerspruchsmechanismus für sonstige Daten. Außerdem sollen Bürger das Recht erhalten, Entscheidungen von Stellen zur Gesundheitsdatenzugriff anzufechten.

Fazit

Der Wunsch nach einem europäischen Gesundheitsdatenraum ist bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehbar. Zweifellos verspricht das neue System einen grenzüberschreitenden Fortschritt in der Patientenversorgung und in der medizinischen Forschung.

Dennoch sind einige kritische Gedanken zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf die Privatsphäre der Patienten. Zum einen stellt sich die Frage, ob die Primärnutzung tatsächlich einen signifikanten Vorteil für die Patienten darstellt. Auch jetzt schon ist es dem Individuum möglich seine Gesundheitsdaten mit Ärzten zu teilen, wenn auch vielleicht nicht ganz so komfortabel. Zudem kommt die Vielfalt der in der Pressemitteilung erwähnten Daten und potenziellen Nutzungszwecke. Dies birgt Missbrauchspotential in sich. Auch die erwähnte Widerspruchslösung bedeutet im Umkehrschluss eine pauschale Weitergabe von Daten. Im Übrigen könnte hiermit – genau wie mit dem neuen Data Act – eine weitere kritische Schwelle im Umgang mit personenbezogenen Daten überschritten werden. Ein zu leichtfertiger Umgang mit diesen sensiblen Informationen könnte langfristig das Vertrauen der Öffentlichkeit in solche Systeme untergraben.

Insgesamt müssen die Einführung des EHDS mit einem kritischen Auge betrachten und sichergestellt werden, dass Datenschutz und individuelle Rechte weiterhin im Mittelpunkt stehen. Die Potenziale dieser Initiative sind enorm, aber es muss ein Ausgleich mit der Privatsphäre der Patienten gewährleistet sein. Nun bleibt zunächst abzuwarten, wie die Vollversammlung des Europäischen Parlaments im Dezember über den Entwurf abstimmen wird.

Neue globale KI-Richtlinie

30. November 2023

Der Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) nimmt weiter an Fahrt auf. Erst kürzlich haben die G7-Länder Leitlinien für KI festgelegt. Auf EU-Ebene wird unter Hochdruck auf die Schaffung einer KI-Verordnung hingearbeitet. Nun haben 18 Staaten eine neue globale KI-Richtlinie unterzeichnet und am 27.11.2023 veröffentlicht. Im Gegensatz zu der geplanten KI-Verordnung hat die Richtlinie allerdings keinerlei bindenden Charakter.

„Secure by design“-Richtlinie unterzeichnet von 18 Ländern

In einer gemeinsamen Initiative haben Deutschland und 17 weitere Länder – darunter auch die USA und Großbritannien – eine bahnbrechende Richtlinie für die Entwicklung von KI unterzeichnet. Ziel ist es, KI-Systeme bereits während ihrer Entstehung sicher zu gestalten. Lindy Cameron, CEO des britischen National Cyber Security Centres (NCSC), hält diesen Schritt für notwendig, um der rasanten Entwicklung von KI nachzukommen. Nur so könne man globale Risiken richtig einschätzen und passende Strategien zu deren Eindämmung entwickeln.

Sicherheit als oberste Priorität bei KI-Entwicklung

Als erste globale KI-Richtlinie, um sichere KI-Entwicklung zu gewährleisten, bezeichnet die britische Regierung die neue Vereinbarung. Die Richtlinie solle Entwickler-Unternehmen dabei unterstützen, informierte Entscheidungen für die Schaffung sicherer KI-Systeme zu treffen. Der „secure by design“ Ansatz bedeute, dass der Sicherheitsaspekt den gesamten Entwicklungs-, Einführungs- und Betriebsprozess bestimmen und sich die Unternehmer hieran orientieren sollen.

Keine Unterscheidung von KI-Arten

Die von Großbritannien veröffentlichte Vereinbarung legt Wert darauf, dass KI-Anwendungen, unabhängig von ihrer Art, sicher sind. Neben den KI-Systemen selbst, gilt die Richtlinie deswegen auch für Produkte, die KI nur verwenden, nicht aber selbst entwickelt haben. Das wird damit begründet, dass informierte Entscheidungen in Bezug auf Cybersicherheit ebenso für Anwendungen getroffen werden müssen, die auf bereits bestehenden KI-Modellen basieren. Im Umkehrschluss bedeute das aber auch, dass gleichsam Entwickler kleinerer KI-Dienste verantwortlich sind.

Richtlinieninhalt: Vier Sicherheitsbereiche

Die neuen Regelungen lassen sich in vier Hauptbereiche unterteilen.

Entwurfsphase

Zum einen soll sichergestellt werden, dass KI-Systeme sicher designt werden. Dafür müssen betroffene Unternehmen zunächst ihre Mitarbeiter über Gefahren und Risiken aufgeklären. Dann soll das System angepasst an die Risiken unter Abwägung der Vor- und Nachteile für Sicherheitsaspekte entworfen werden.

Entwicklungsphase

Zudem muss auch in der anschließenden Entwicklungsphase dieser Aspekt beachtet werden. Werden für die Entwicklung andere KI-Systeme verwendet, muss ihre Sicherheit analysiert und überwacht werden. Im nächsten Schritt muss jeder weitere Vorgang, der bei der KI-Entwicklung vorgenommen wird, dokumentiert, verwaltet und auf Risiken geprüft werden.

Bereitstellungsphase

Im Rahmen der Bereitstellungphase sollen die KI-Unternehmen zunächst Cybersicherheitsmaßnahmen implementieren. Daneben müssen auch Prozesse für das Vorgehen in einem Sicherheitsvorfall festgelegt werden. Zudem dürfen Betreiber das System für die öffentliche Nutzung erst bereitstellen, nach sorgfältiger Prüfung. Nach Veröffentlichung müssen die Nutzer bei der sachgemäßen Verwendung des Produkts unterstützt werden. Dazu gehört auch das sie Leitlinien in die Hand bekommen, die ihnen zeigen, welche Beschränkungen und rechtlichen Vorgaben sie einhalten müssen.

Betrieb und Wartung

Zuletzt sind Risiken auch nach der Bereitstellung kontinuierlich zu minimieren. Das beinhaltet eine ununterbrochene Systemüberwachung, Kontrolle von Missbrauchsfällen, regelmäßige Updates und eine Berichterstattung.

Verhaltenskodex statt Innovationsbremse

Passend zu den aktuellen Hemmnissen bei der Schaffung der europäischen KI-Verordnung, haben die KI-Richtlinien keine Bindungswirkung. Vielmehr sollen sie Unternehmen als Orientierung und Empfehlung für eine sichere KI-Entwicklung dienen. Das auch Deutschland und Frankreich diesen Ansatz unterstützen überrascht vor dem Hintergrund nicht, dass sie mit Hinblick auf die KI-Verordnung sich in einem Positionspapier für eine verpflichtende Selbstregulierung statt einer strengen Regulierung einsetzen.

Fazit

Die globale Unterzeichnung einer neuen KI-Richtlinie ist zweifellos ein Schritt in Richtung Sicherheit im KI-Bereich. Es bleibt jedoch die Frage, ob nicht-bindende Empfehlungen ausreichen, um die wachsenden Herausforderungen im KI-Bereich zu bewältigen. Während auf EU-Ebene weiterhin Verhandlungen über die KI-Verordnung stattfinden, zeigen Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien eine Zurückhaltung gegenüber verpflichtenden Regulierungen für Basismodelle. Die Debatte um die Sicherheit von KI-Systemen wird zweifellos weitergehen.

EU-Rat: Data Act angenommen

29. November 2023

Vor zwei Wochen haben wir davon berichtet, dass das Europäische Parlament für das neue Gesetz zur Datenzugang gestimmt hat. Nun hat auch der Europäische Rat (EU-Rat) am 27.11.2023 verkündet, dass er den geplanten Data Act angenommen hat. Die Neuerungen sollen harmonisierte Regeln für den fairen Zugang zu und die Nutzung von Daten festlegen.

Fairness, Wettbewerb und Innovation

Diese bahnbrechende Verordnung wird nicht nur die Spielregeln für Hersteller und Dienstleister verändern, sondern auch das Kräfteverhältnis in der digitalen Landschaft neu ausrichten.

Laut José Luis Escrivá, dem spanischen Minister für digitale Veränderung, passe man so den europäischen Markt an das neue digitale Zeitalter an. Das neue Gesetz erschließe bereits vorhandenes Marktpotential und würde den wirtschaftlichen Datenhandel befeuern. Daraus folge ein Vorteil für die europäischen Bürger und Unternehmen.

Nach der Pressemitteilung liegt es dann in der Hand desjenigen, den die Daten betreffen, zu entscheiden, wer sie wie nutzen darf. Der Data Act verfolge ehrgeizige Ziele, darunter die Gewährleistung der Fairness bei der Verteilung des Wertes von Daten, die Stimulierung eines wettbewerbsfähigen Datenmarktes, die Förderung von Innovationen und die verbesserte Zugänglichkeit von Daten für alle. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Erleichterung des Wechsels zwischen Anbietern von Datenverarbeitungsdiensten.

Governance-Modell

Neben inhaltlichen Punkten, über die wir bereits berichtet haben, soll die neue Regelung auch weiterhin die Autonomie der Mitgliedstaaten wahren. Deswegen soll die Umsetzung und Durchsetzung auf nationaler Ebene organisiert werden. Die konkrete Stelle in den Mitgliedstaaten soll eine Alleinzuständigkeit innehaben und als „data coordinator“ bezeichnet werden.

Wie geht es jetzt weiter?

Nachdem der EU-Rat den Data Act formell angenommen hat, ist er im Amtsblatt der europäischen Union in den nächsten Wochen zu veröffentlichen. Zwanzig Tage nach dieser Bekanntgabe tritt er in Kraft. Das Gesetz wird – mit wenigen Ausnahmen – 20 Monate nach Inkrafttreten anwendbar.

Fazit

Der Data Act markiert einen Meilenstein auf dem Weg zu einer gerechten und innovativen Datenwirtschaft in der EU. Die Verordnung schafft klare Regeln für den fairen Zugang zu und die Nutzung von Daten, wodurch die digitale Transformation der EU entscheidend vorangetrieben wird. Mit diesem rechtlichen Rahmen werden neue, innovative Dienstleistungen und wettbewerbsfähige Preise für After-Sales-Services und Reparaturen vernetzter Objekte entstehen. Der Data Act ist nicht nur ein Gesetz, sondern ein Impuls für ein datenorientiertes Europa.

DSK: Datenschutz in medizinischen Registern

28. November 2023

Am 22. und 23. November 2023 hat in Lübeck die 106. Tagung der Konferenz der Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz (DSK)) stattgefunden. Bei der DSK tauschten sich Experten unteranderem zum Datenschutz in medizinischen Registern aus. In diesem Zusammenhang hat die DSK eine Entschließung zu „Rahmenbedingungen und Empfehlungen für die gesetzliche Regulierung medizinischer Register“ formuliert. Im Übrigen veröffentlichte sie auch eine Entschließung zum Datenschutz in der Gesundheitsforschung.

Vielfalt medizinischer Register in Deutschland

Hintergrund der Debatte ist, dass die Landschaft medizinischer Register in Deutschland äußerst vielfältig mit verschiedenen Strukturen und Arten ist. Deswegen stützen sich die meisten bezüglich der Datenverarbeitung auf Einwilligungen, während nur wenige auf eine gesetzliche Grundlage zurückzuführen sind. Die Zwecke der Register sind ebenso heterogen und reichen von Forschungsvorhaben zu Patienteninitiativen.

Hier setzt die Forderung der Bundesregierung nach einer einheitlichen gesetzlichen Regulierung in Form des Registergesetzes an. Durch allgemeine Regeln könnte man Daten besser und umfassender im öffentlichen Interesse verwenden, um mehr Struktur und Qualität zu gewährleisten. Laut der DSK ist hierbei allerdings stets ein hohes Datenschutzniveau zu gewährleisten. Zu beachten sei insbesondere Art. 92532 und ggf. 89 Abs. 1 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Die Rolle der Zentralstelle für medizinische Register

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden befürwortet die Schaffung einer Zentralstelle für medizinische Register. Diese soll nicht nur ein Registerverzeichnis führen, sondern auch für die Auditierung und Zuordnung der einzelnen Gesundheitsregister je nach Qualitätsstufe verantwortlich sein. Nach Ansicht der DSK soll die Einteilung in die verschiedenen Kategorien „die Datenqualität, die Datenstruktur und die Standards bei der Verarbeitung“ beachten. Die Kompetenzen der Zentralstelle sollen entscheidend für die Weiterverarbeitung der in den Registern gespeicherten Daten sein. Deswegen fordert die DSK, die Stelle als unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts einzurichten.

Konkret geforderte Rahmenbedingungen aus Datenschutzsicht:

Die DSK schließt sich der Bundesregierung mit dem Wunsch nach mehr Struktur und Einheit bei medizinischen Registern an. Um dies zu erreichen, hat sie in Ihrem Entschluss eine Liste von Rahmenbedingungen veröffentlicht, die wir im folgendem zusammengefasst haben.

Rechtsgrundlage der Datenerhebung: Werden personenbezogene Daten an das Register übertragen, die nicht hierfür erhoben wurden, bedürfe es für diese Zweckänderung einer klaren gesetzlichen Regelung gemäß Art. 6 Abs. 4 DSGVO. Die konkreten Aufbewahrungs- und Löschfristen müssten auf eindeutigen und verhältnismäßigen Regelungen unter Einhaltung der Grundsätze der Datenminimierung und Speicherbegrenzung beruhen.

Voraussetzungen für die Datenverarbeitung: Jedenfalls sei eine medizinisch-fachliche Erforderlichkeit für einen der in Art. 9 Abs. 2-4 DSGVO genannten Zwecke und bei Forschungszwecken ein allgemeines, voraussetzungsloses Widerspruchsrecht“ notwendig. Im Übrigen müssten die Öffnungsklausel nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO und eventuell Art. 89 Abs. 1 DSGVO eingehalten werden. Wolle man für Forschungszwecke Daten verknüpfen, sei dies nur anlassbezogen und temporär zulässig. Nicht zu vergessen sei auch das Grundrecht auf Datenschutz. Die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung müsse zudem differenziert und abhängig je nach dem konkreten Verarbeitungszweck bewertet werden. Hinsichtlich etwaiger Identifikationskennzeichen müsse darauf geachtet werden, dass bereichsspezifisch unterschiedliche und nicht rückrechenbare Bezeichnungen verwendet werden, um eine nachhaltige Pseudonymisierung sicherzustellen.

Technisch-organisatorische Maßnahmen: Weiterhin wünscht die DSK eine Standardisierung und Harmonisierung der Regeln zu technisch-organisatorischen Maßnahmen abhängig vom spezifischen Risiko. Hierzu solle auch die Anforderung an eine dezentrale Speicherung und Verarbeitung zählen. Bei einem sehr hohen Risiko empfiehlt die DSK zudem eine gesetzliche Datenschutzfolgenabschätzung (DSFA). Man solle sich zusätzlich auch für ein digitales Einwilligungsmanagement und eine digitale Ausübung der Betroffenenrechte einsetzen.

Zulassungsverfahren und unabhängige Vertrauensstellen: Zudem hält es die DSK für sinnvoll für „qualitätsgesicherte Register“ ein Zulassungsverfahrens einzuführen, um ihnen bestimmten Datenverarbeitungsbefugnisse zu gewähren. Daneben solle eine unabhängiger Vertrauensstellen erschaffen werden, die für die Anonymisierung und Kennzeichnung zuständig ist. In diesem Zusammenhang sollte auch ein System für die kontinuierliche Überprüfung von Qualitätsstandards und der Einhaltung des Schutzniveaus implementiert werden.

Fazit

Die gesetzliche Regulierung von Gesundheitsregistern ist notwendig, um Struktur und Qualität zu schaffen. Doch dabei darf Datenschutz nicht aus dem Blick verloren werden, weshalb die DSK verständlicherweise auch in medizinischen Registern dessen Beachtung fordert. Deswegen werden klare Vorgaben zu Zweckänderungen, Aufbewahrung, Datenübermittlung und technisch-organisatorischen Maßnahmen betont. Daher ist eine ausbalancierte Regulierung, die den Schutz der Gesundheitsdaten gewährleistet und gleichzeitig die wissenschaftliche Forschung ermöglicht, von entscheidender Bedeutung. Der Weg zu qualitätsgesicherten und transparenten medizinischen Registern erfordert eine sorgfältige Abwägung der Interessen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Datenschutzbehörden, Registern und der Zentralstelle. Ob die Gesetzgebung diese Aufgabe meistern wird, bleibt abzuwarten.

DSK: Datenschutz in der Gesundheitsforschung

27. November 2023

Am 22. und 23. November 2023 hat in Lübeck die 106. Tagung der Konferenz der Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz (DSK)) stattgefunden. Bei der DSK haben sich Datenschutzexperten unteranderem zum Datenschutz in der Gesundheitsforschung ausgetauscht. Hierzu hat die DSK eine Entschließung unter dem Titel „Datenschutz in der Forschung durch einheitliche Maßstäbe stärken“ veröffentlicht. Morgen berichten wir zudem über eine weitere Entschließung der DSK über „Rahmenbedingungen und Empfehlungen für die gesetzliche Regulierung medizinischer Register“.

Hintergrund: Heterogene Datenschutzanforderungen als Forschungshemmnis

Hintergrund der Entschließung ist, dass sich medizinische Forschungsprojekte oft über Bundeslandesgrenzen hinweg erstrecken und verschiedene Forschungseinrichtungen aus unterschiedlichen Ländern involvieren. Da je nach Standort allerdings andere datenschutzrechtliche Regeln gelten, wird die Forschungsarbeit erschwert. Im Übrigen entstehen so auch datenschutzrechtliche Nachteile für betroffenen Personen. Die DSK wendet sich deswegen and Bundes- und Landesgesetzgeber. Sie fordert aufeinander abgestimmte gesetzliche Bestimmungen mit einem effektivem Datenschutzstandard, der länderübergreifende Forschung erleichtert.

Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) – Ein erster Schritt?

Das Bundesgesundheitsministerium könnte mit dem Gesetzentwurf eines Gesundheitsdatennutzungsgesetzes (GDNG) zu einer einheitlichen Rechtsgrundlagen für die Datenweitergabe zu Forschungszwecken und zur Förderung der Patientensicherheit beitragen. Die DSK äußert jedoch Zweifel an der Rechtssicherheit der Neuerung. Es bestünden Unsicherheiten bezüglich des Verhältnisses zu den Landeskrankenhausgesetzen, da eine Auseinandersetzung mit der Gesetzgebungskompetenz der Länder im Krankenhausbereich fehle.

Notwendigkeit konkreter Garantien und Maßnahmen

Die DSK betont den Grundsatz: „Je höher der Schutz der betroffenen Personen durch geeignete Garantien und Maßnahmen, desto umfangreicher und spezifischer können die Daten zu Forschungszwecken genutzt werden.“. Deswegen müsse man möglichst genaue Regelungen schaffen, um eine weitreichende Datennutzung zu ermöglichen. Der Schutzumfang solle dabei abhängig von der jeweiligen Datenart festgelegt werden. Laut der DSK muss man, wenn eine hinreichende Anonymisierung nicht sichergestellt werden kann (z. B. bei Röntgenbildern), durch geeignete Vorschriften – etwa Form besonderer technischer und organisatorischer Maßnahmen – einen angemessenen Schutzumfang gewährleisten.

Vorschlag spezifischer Maßnahmen

Die DSK schlägt verschiedene Maßnahmen vor, um einen angemessenen Schutz der Grundrechte und Interessen der betroffenen Personen zu gewährleisten. Dazu gehören Vorgaben für die Betrachtungstiefe und Aufgabenzuweisungen für die Datenschutz-Folgenabschätzungen. Weiterhin müsse man zusätzlich zu Art. 15 ff. Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Betroffenenrechte, wie spezifische Widerspruchsrechte oder einen Anspruch auf die Vernichtung von Bio-Proben, implementieren. Auch die Festlegung angemessener Sperrfristen zur Ausübung der Betroffenenrechte könne helfen. Zudem solle man eine unabhängige Treuhandstellen zur Verschlüsselung einbinden sowie gesonderte Einrichtungen etablieren. Zuletzt sei an Verschwiegenheitspflichten, Zeugnisverweigerungsrechten und Ausgestaltungen zur Datenminimierung zu denken. Diese Aufzählung sei nicht abschließend. Vielmehr müsse die Legislative die vollumfängliche Ausgestaltung dieser Regelungen übernehmen.

Kernbereichsschutz

Die DSK hebt weiter hervor, dass bestimmte Gesundheitsdaten je nach den Gegebenheiten dem absoluten Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung zugeordnet werden müssen. Infolgedessen dürfe auch ein Forschungsinstitut solche medizinischen personenbezogenen Daten nicht für wissenschaftliche Zwecke verwenden.

Uneingeschränkte Datenschutzaufsicht

Zuletzt sei eine uneingeschränkte Datenschutzaufsicht unabdingbar für den notwendigen Schutz betroffener Personen. Einschränkungen der Befugnisse der Datenschutzbehörden müssten aufgehoben werden, um eine effektive Überwachung zu gewährleisten.

Fazit

Die Forderungen der DSK sind klar: Ein einheitlicher Datenschutz in der länderübergreifenden Gesundheitsforschung ist dringend erforderlich. Der vorgeschlagene GDNG-Gesetzentwurf ist ein erster Schritt, doch es bedarf weiterer präziser Regelungen und Anpassungen, um einen effektiven Datenschutz zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang haben die Datenschutzbehörden ihre Unterstützung angeboten, um die Gesetzgeber bei der Schaffung eines hohen Datenschutzniveaus in der medizinischen Forschung zu begleiten.

Update: Stellungnahmen zum neuen Outlook

24. November 2023

Wie wir bereits letzte Woche berichtet haben, hat Microsoft ein neues Outlook herausgebracht, mit dem besorgniserregende Datenübermittlungen einhergehen. Durch die neue Version werden Nutzername und Passwörter aller E-Mail-Accounts an die Microsoft Cloud gesendet. Auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat sich bereits alarmiert geäußert. Mittlerweile gibt es weitere Stellungnahmen zum neuen Outlook. Zum einen hat sich Microsoft selbst zu den Neuerungen positioniert. Andererseits hat zum Beispiel der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (TLfDI), Lutz Hasse, am 17.11.2023 hierzu eine kritische Pressemitteilung unter dem Titel „VORSICHT !!!“ veröffentlicht.

Stellungnahme von Microsoft

Microsoft soll mittlerweile auf Nachfrage eine Erklärung gegenüber heise online abgegeben haben. Es werde vor allem auf den Hinweis zur Datensynchronisierung hingewiesen. Im Weiteren schildere Microsoft, wieso die Datenübermittlung erforderlich sei, wie heise online berichtet. Der Datenabgleiche verbessere die „konsistente Nutzererfahrung“. Im Übrigen erkläre Microsoft, dass die Daten verschlüsselt seien und Microsoft keinen Zugriff auf das „Klartext-Passwort“ habe. Heise erwidert jedoch, dass sie entdeckt hätten, dass Microsoft sehr wohl Zugriff auf die entschlüsselten Daten habe. Einen konkreten Hinweis hierauf gebe es allerdings weiterhin noch nicht. Zudem weise Microsoft darauf hin, dass die Synchronisation mit der Microsoft Cloud nicht verpflichtend sei. Nutzer, die ihre Konten nicht mit der Cloud nutzen wollen, könnten zum klassischen Outlook zurück wechseln.

Stellungnahme des TLfDI

In einer warnenden Pressemitteilung bringt Hasse die Aussage über die “Wahlmöglichkeit” wie folgt auf den Punkt: „Mit anderen Worten kann man das neue Outlook entweder so nutzen, wie von Microsoft vorgesehen (mit Datenübernahme) oder gar nicht…Ein Schelm, wer Arges dabei denkt :).“ Als eine angemessene Wahlmöglichkeit stuft er die beiden Optionen also nicht ein. Zudem wertet er die Neuerungen als „tiefgreifende Eingriffe in die Privatsphäre“. Deswegen rät er dringend dazu, sich die Nutzung des neuen Programms unter Einbeziehung aller zur Verfügung stehenden Informationen genau zu überlegen. Er selbst empfiehlt auf das neue Outlook zu „verzichten“.

Weitere Reaktion des BfDI

Mittlerweile habe der BfDI, Ulrich Kelber, auch seine Ankündigung auf Mastodon, die irische Datenschutzbehörde um Einschätzung zu beten, in die Tat umgesetzt, wie heise online schildert. Eine weitere datenschutzrechtliche Prüfung könne erst nach Stellungnahme der federführenden Datenschutzaufsichtsbehörde folgen.

Weitere Expertenmeinungen

Stefan Brink, ehemaliger Landesdatenschutzbeauftragter Baden-Württembergs, reagierte ebenfalls auf eine Anfrage von heise online. Er stufe das Verhalten des Technologiekonzerns als „zumindest intransparent“ ein. Er erkläre sogar, dass es sich unter diesen Voraussetzungen bei der Verwendung von Outlook sogar um eine Rechtsverletzung des Nutzers handeln könne, wenn er zum Beispiel Verschwiegenheitspflichten zu beachten hat. Brink weist laut heise online auf verschiedene datenschutzrechtliche Bedenken hin. Dies sei besonders ärgerlich vor dem Hintergrund, dass Microsoft bereits in der Vergangenheit ähnliche Fehler gemacht habe. Er fordere deswegen ein Einschreiten der zuständigen Aufsichtsbehörden.

Fazit

Microsoft sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt und das wahrscheinlich nicht völlig zu Unrecht. Nach dem aktuellen Stand scheinen die vielen kritischen Stellungnahmen zum neuen Outlook jedenfalls bezüglich Hinweis- und Transparenzpflichten nicht völlig unberechtigt. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) legt diesbezüglich klare Pflichten fest. Deswegen sind die Warnungen des TLfDI und anderer Datenschutzexperten nicht zu übersehen. Jedenfalls sind die Intransparenz bezüglich der Datennutzung und die potenziellen Verstöße gegen Datenschutzgesetze alarmierend. Nun bleibt abzuwarten, wie die irische Datenschutzbehörden darauf reagieren wird.

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