Schlagwort: Art. 5 DSGVO

Keine Kundendaten für private Zwecke

20. April 2022

In seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2021 informierte das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) über den Missbrauch von Kundendaten zu privaten Zwecken.

Hintergrund waren die Beschwerden mehrerer Kunden, die sich an das ULD gewendet hatten. Sie wiesen darauf hin, dass verschiedene Unternehmen ihre personenbezogenen Daten nicht nur zu den vorgesehenen geschäftlichen Zwecken verwendeten. So kam es vor, dass ein Kunde beispielsweise in einem Kontaktformular seine Handynummer angab, um leichter erreichbar zu sein. Einige Mitarbeiter nutzten die angegebenen Handynummern allerdings nicht ausschließlich für geschäftliche Zwecke. Stattdessen kontaktierten sie die Kunden, um ein persönliches Kennenlernen oder privates Treffen zu arrangieren.

Beim Umgang mit Kundendaten sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben der DSGVO zu beachten. Insbesondere sind die Grundsätze der „Integrität und Vertraulichkeit“ nach Art. 5 Abs. 1 lit. f DSGVO beachtet. Demzufolge müssen personenbezogene Daten in einer Weise verarbeitet werden, „(…) die eine angemessene Sicherheit der personenbezogenen Daten gewährleistet, einschließlich [dem] Schutz vor unbefugter oder unrechtmäßiger Verarbeitung (…)“. Laut dem ULD hat das Unternehmen die Aufgabe geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Grundsatz bei der Datenverarbeitung zu garantieren. Dazu zählt es Mitarbeiterschulungen durchzuführen, die über den datenschutzkonformen Umgang mit Kundendaten informieren.

Das ULD stellte fest, dass in den zur Beschwerde gebrachten Fällen eine unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten stattfand. Daraufhin erteilte sie den Verantwortlichen einen Hinweis nach Art. 58 Abs. 1 lit. d DSGVO. Obwohl die betroffenen Unternehmen ihre Mitarbeiter bereits vor den Missbräuchen im Datenschutzrecht geschult hatten, fand eine erneute Sensibilisierung der Mitarbeiter statt. Als weitere Sanktion verhängten einige Unternehmen arbeitsrechtliche Konsequenzen. 

LDI Berlin verhängt Bußgeld in Höhe von 14,5 Millionen Euro gegen Wohnungsgesellschaft

5. November 2019

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat am 30.10.2019 den deutschlandweit bisher höchsten Bußgeldbescheid in Höhe von 14,5 Millionen Euro gegen die Deutsche Wohnen SE erlassen. Der Verstoß gegen die DSGVO bestand in der Verwendung eines rechtswidrigen Archivsystems. Dieses verhinderte das Entfernen von nicht mehr erforderlichen personenbezogenen Daten von Mieterinnen und Mietern. Dadurch wurden die personenbezogenen Daten ohne Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung fortwährend gespeichert. Obwohl der Zweck zur Datenerhebung bereits entfallen war, konnten die Daten zu persönlichen und finanziellen Verhältnissen der Betroffenen noch jahrelang eingesehen werden. Nachdem die Aufsichtsbehörde bereits im Juni 2017 auf die Missstände hingewiesen hatte, waren die rechtswidrigen Speichermethoden bei erneuter Kontrolle im März 2019 noch nicht beseitigt. Es konnte weder eine Bereinigung des Archivs nachgewiesen, noch Rechtsgründe für die weitere Speicherung der Daten vorgebracht werden.

Die Aufsichtsbehörde stützt ihren Bußgelderlass auf einen Verstoß gegen Art. 25 I und Art. 5 DSGVO im Zeitraum von März 2018 bis März 2019. Der gesetzliche Bußgeldrahmen, bemessen an dem Jahresumsatz der Deutsche Wohnen SE von über einer Milliarde Euro, lag bei 28 Millionen Euro. Zur Bestimmung des Bußgeldbetrages wurde der Verantwortlichen das bewusste Anlegen des Archivsystems und der lange Zeitraum des Verstoßes zulasten gelegt. Positiv wurden die Mitwirkungsbereitschaft gegenüber der Aufsichtsbehörde und die Vorbereitungsmaßnahmen zur Verbesserung des Systems berücksichtigt. Zusätzlich konnte kein missbräuchlicher Zugriff auf die personenbezogenen Daten nachgewiesen werden. Aus einer Gesamtabwägung ergab sich der Mittelwert von 14,5 Millionen Euro Bußgeld. Der Bußgeldbescheid ist noch nicht rechtskräftig.

Rückschlag für Icann vor dem Bonner Landgericht

4. Juni 2018

Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (Icann) ist ein Non-Profit-Unternehmen, dass dafür sorgt, dass Website-Namen im Netz nicht doppelt vergeben werden und alle IP-Adressen zur richtigen Internetseite führen. Das US-Unternehmen fordert dazu nicht nur den Namen des Seitenbetreibers sondern auch die Namen, Adressen und Telefonnummern von der Person mit vollen Zugriffsrechten auf die Website (Admin-C) und einem technischen Verantwortlichen (Tech-C).

Der deutsche Domain-Händler Epag wehrt sich nun gegen diese Datensammlung vor dem Bonner Landgericht auf Grundlage der DSGVO. Epag hat sich dazu entschlossen die Adressdaten des Admin-C und Tech-C nicht mehr weiterzugeben, da man dafür möglicherweise keine rechtliche Grundlage hat.

Die Icann versuchte diesen Vorstoß mittels einstweiliger Verfügung zu verhindern. Die Richter am Landgericht Bonn haben den Eilantrag jedoch abgewiesen. Der Beschluss wurde mit der Regelung des Art. 5 Abs. 1 lit. b) und c) DSGVO begründet, wonach personenbezogene Daten nur “für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben” werden dürfen (lit. b) und “dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein” müssen (lit. c). Dies wurde durch die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.

Themenreihe DSGVO: Grundsätze der Verarbeitung

9. Juni 2017

In Art. 5 DSGVO wurden folgende allgemeine Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten normiert: „Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz“ (Abs. 1 lit. a), „Zweckbindung“ (Abs. 1 lit. b), „Datenminimierung“ (Abs. 1 lit. c), „Richtigkeit“ (Abs. 1 lit. d), „Speicherbegrenzung“ (Abs. 1 lit. e) und „Integrität und Vertraulichkeit“. Als Bestandteil der Verordnung haben diese Grundsätze unmittelbare Geltung, wobei aus Art. 5 Abs. 2 DSGVO folgt, dass sie in erster Linie den Verantwortlichen binden. Die recht allgemein gehaltenen Grundsätze werden in zahlreichen weiteren Vorschriften der DSGVO wieder aufgegriffen und in diesen auch weiter konkretisiert. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Betroffenenrechte hinzuweisen, die in Art. 15 bis 22 DSGVO erfasst sind. Verstöße gegen die in Art. 5 DSGVO normierten Grundsätze können sowohl bußgeldbewährt sein, als auch sonstige Maßnahmen der Aufsichtsbehörden nach sich ziehen. Insbesondere vor dem Hintergrund dieser Sanktionsmöglichkeit kann die nur allgemeine Formulierung mitunter problematisch werden.

Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz (Abs. 1 lit. a)

Zunächst normiert Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO, dass personenbezogene Daten auf rechtmäßige Art und Weise verarbeitet werden müssen. Das bedeutet, dass personenbezogene Daten grundsätzlich nur auf Basis einer Einwilligung der betroffenen Person oder aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung als anderweitige Rechtsgrundlage verarbeitet werden dürfen. Bei der Einwilligung ist darauf zu achten, dass die einwilligende Person vor ihrer Einwilligung ausreichend über die Verarbeitung informiert wurde. Bei der gesetzlichen Ermächtigung ist insbesondere darauf zu achten, dass die jeweilige Zweckbindung eingehalten wird.

Das Erfordernis der Verarbeitung nach „Treu und Glauben“ muss im Anwendungsbereich der DSGVO als europarechtliche Norm autonom aufgefasst und ausgelegt werden. Im Kontext der DSGVO kann das Erfordernis von „Treu und Glauben“ als eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen und Erwartungen der betroffenen Person aufgefasst werden. Insbesondere soll der Betroffene über diesen Grundsatz vor unklaren Verarbeitungsvorgängen geschützt und einer offenen und direkten Erhebung personenbezogener Daten bei der betroffenen Person der Vorrang eingeräumt werden.

Durch den Transparenzgrund soll eine heimliche Verarbeitung personenbezogener Daten ausgeschlossen werden. Darüber hinaus soll erreicht werden, dass die betroffene Person über die Erhebung personenbezogener Daten umfassend informiert wird. Diese Informationen müssen in leicht zugänglicher Art und Weise und in einer klaren und verständlichen Sprache abgefasst sein.

Zweckbindung (Abs. 1 lit. b)

Beim Zweckbindungsgrundsatz handelt es sich um ein Kernstück des Datenschutzrechts. Ihm liegt der Gedanke zugrunde, dass schon bereits bei der Erhebung personenbezogener Daten der jeweilige legitime Zweck der Erhebung eindeutig festgelegt sein muss und der Zweck einer möglichen weiteren Verarbeitung mit dem ursprünglichen Erhebungszweck nicht unvereinbar sein darf. Obwohl Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO für die Zweckfestlegung keine spezielle Form vorsieht empfiehlt es sich, den Zweck schriftlich oder in einer anderen dauerhaften Dokumentationsform festzulegen, um eventuellen Rechenschaftspflichten nachkommen zu können. Damit die Zweckfestlegung auch eindeutig erfolgt, muss sie hinreichend bestimmt zum Ausdruck gebracht werden. Bloß allgemeine Bestimmungen wie „Werbung“ sind hierfür wohl nicht ausreichend. Legitim ist der festgelegte Zweck dann, wenn er als rechtlich zulässig anzusehen ist. Um festzustellen, ob der Zweck der Weiterverarbeitung mit dem Zweck der Erhebung vereinbar ist, kann etwa auf die Konkretisierungen in Art. 6 Abs. 4 DSGVO Bezug genommen werden. Von besonderer Bedeutung ist zusätzlich die Frage, ob die weitere Verarbeitung den Erwartungen der betroffenen Person im Erhebungszeitpunkt entspricht. Die betroffene Person muss den Zweck der Weiterverarbeitung schon in der Zweckfestlegung für die ursprüngliche Erhebung angelegt gesehen haben können. Bei Archivzwecken, Forschungszwecken und statistischen Zwecken handelt es sich gem. Art. 5 Abs. 1 lit. b Hs. 2 um privilegierte Sekundärzwecke, bei denen bei einer Weiterverarbeitung ursprünglich zu anderen Zwecken erhobener Daten die sonst notwendige Prüfung der Vereinbarkeit mit dem ursprünglichen Erhebungszweck entfällt.

Datenminimierung (Abs. 1 lit. c)

Der Grundsatz der Datenminimierung vereint drei Anforderungen. Personenbezogene Daten müssen dem Zweck nach angemessen, erheblich und auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein. Angemessenheit ist gegeben, wenn die Verarbeitung bei wertender Betrachtung in diesem Umfang verhältnismäßig ist. Bei der Erheblichkeit ist danach zu fragen, ob die Verarbeitung personenbezogener Daten dazu geeignet ist, ein legitimes Ziel zu erreichen. Bei der Begrenzung auf das notwendige Maß ist darauf abzustellen, dass keine Daten erhoben werden, die über die Erreichung des verfolgten Zwecks hinausgehen.

Richtigkeit der Datenverarbeitung (Abs. 1 lit. d)

Der Grundsatz der Richtigkeit der Datenverarbeitung bezieht sich darauf, dass die erhobenen personenbezogenen Daten sachlich richtig sein müssen. Darüber hinaus wird gefordert, dass die personenbezogenen Daten auch auf dem neuesten Stand sein müssen. Relevant wird dies insbesondere in Fällen einer weiteren Verarbeitung der erhobenen Daten. Zu beachten ist, dass der für die Erhebung Verantwortliche schon von sich aus angemessene Maßnahmen ergreifen muss, um unrichtige Daten unverzüglich zu löschen oder zu berichtigen. Hinsichtlich der Angemessenheit der Maßnahmen kommt es jeweils auf den konkreten Einzelfall an. In den Artikeln 16 und 17 der DSGVO finden sich beispielsweise konkrete Regelungen, mit denen der Grundsatz der Richtigkeit der Datenverarbeitung verwirklicht werden soll.

Speicherbegrenzung (Abs. 1 lit. e)

Der Grundsatz der Speicherbegrenzung ist eng mit dem Zweckbindungsgrundsatz verbunden. Daten, die die Identifizierung einer Person ermöglichen, dürfen nur solange gespeichert werden, wie es für die Zweckerreichung erforderlich ist. Den Verantwortlichen trifft die Pflicht in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, dass die von ihm gespeicherten Daten nicht unnötig lange gespeichert werden. Ausnahmen von der Speicherbegrenzung sieht Art. 5 Abs. 1 lit e Hs. 2 für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke, für wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke vor.

Integrität und Vertraulichkeit (Abs. 1 lit. f)

Über das Kriterium der Integrität soll die Unversehrtheit der Daten geschützt werden. Es soll sichergestellt werden, dass die erhobenen Daten weder ganz noch teilweise gelöscht oder sie auf andere Art vernichtet oder unbefugt verändert werden. Über das Kriterium der Vertraulichkeit sollen die erhobenen Daten vor einer unbefugten Kenntnisnahme und Verarbeitung geschützt werden. Die eben beschriebenen Schutzzwecke sollen durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen erreicht werden. Insbesondere in Art. 32 DSGVO finden sich Konkretisierungen für solche Maßnahmen.

 

Das Thema der nächsten Woche sind die Einwilligung und der Widerspruch nach der DSGVO.