Schlagwort: Bild- und Filmmaterial

Neue Verordnung zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern sorgt für Kritik

3. August 2022

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Prof. Ulrich Kelber kritisierte in einer Stellungnahme einen neuen Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission zur Prävention und Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern. Aus seiner Sicht biete die Verordnung keinen wirklichen Schutz für Kinder und ermögliche zugleich die anlasslose und flächendeckende Überwachung der privaten Kommunikation.  

Die neue Verordnung

Anlass der neuen Verordnung ist die hohe Anzahl an verschicktem Bildmaterial, das sexuellen Missbrauch von Kindern beinhaltet. Bisher müssen Online-Dienste, nicht melden, wenn ihre Nutzer entsprechendes Bildmaterial verbreiten. Die neue Verordnung soll sie jetzt stattdessen zum Löschen und Melden von einschlägigem Bildmaterial verpflichten. Außerdem sollen künftig die Chats der Online-Dienste besser kontrolliert werden. Die Dienste sollen dafür neue Technologien einsetzen, um den Missbrauch von Kindern aufdecken zu können. Insbesondere könnte es, mit Einführung der neuen Verordnung, dazu kommen, dass die verschlüsselte Kommunikation in Chats aufgehebelt wird.

Scharfe Kritik

In seiner Stellungnahme empfahl der BfDI, dass die Europäische Kommission den Verordnungsentwurf noch einmal überarbeiten solle. Mit der jetzigen Version der Verordnung bestehe ein Risiko für den Schutz der in der EU-Grundrechte Charta garantierten Freiheitsrechte. Der Gesetzgeber müsse insbesondere den Schutz des Fernmeldegeheimnisses und ebenso des Datenschutzrechts wahren. Dabei kritisierte der BfDI ausdrücklich die geplanten Chatkontrollen. Außerdem seien die einzusetzenden Technologien anfällig für Fehler und bieten keine angemessene Bekämpfungsmaßnahme. Stattdessen können diese selbst eine Sicherheitslücke darstellen, wenn beispielswiese Kriminelle sie missbräuchlich nutzen.

In einer gemeinsamen Stellungnahme hatten zuvor der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) und der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) bereits die Wichtigkeit des Rechts auf Privatleben und des Datenschutzes hervorgehoben. Zugleich betonten EDSB und EDSA, dass sexueller Missbrauch an Kinder ein schwerwiegendes und abscheuliches Verbrechen sei. Jegliche Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Verbrechens müssen allerdings erforderlich und angemessen sein. Die neue Verordnung bringe die Gefahr eines allgemeinen und wahllosen Scannens von Inhalten auf Online-Plattformen mit sich. 

Hierzu sagte der BfDI, dass man die anlasslose Massenüberwachung „(…) ansonsten nur aus autoritären Staaten (…)“ kenne.

Neuregelungen im Strafrecht und deren Auswirkungen auf den Persönlichkeitsschutz

4. Februar 2015

Am 26. Januar ist das 49. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches in Kraft getreten. Es dient damit der Umsetzung der europäischen Vorgaben zur Verschärfung des Sexualstrafrechts. Noch besser geschützt werden sollen durch die Änderungen vor allem Minderjährige vor sexuellem Missbrauch. Nicht nur das Verbreiten, auch das Erstellen von Foto- oder Videoaufnahmen von unbekleideten Minderjährigen (zuletzt auch Thema der „Edathy-Affäre “ in 2014) wird künftig unter verschärften Umständen strafrechtlich sanktioniert. Auch Schutz vor Cybermobbing sollen die Neuerungen des Strafgesetzes künftig besser bieten.

Dabei sanktionieren die Neuregelungen nicht nur vermeintliche Straftaten aus dem Bereich der Kinderpornografie, so zum Beispiel das Herstellen und kommerzielle Verbreiten von Bildmaterial unbekleideter Minderjähriger (vgl. § 201 a Abs. 3 StGB) oder das Zugänglichmachen pornografischer Schriften für Minderjährige (vgl. § 184 StGB), sondern umfassen sehr weitreichend auch viele weitere Lebenssachverhalte, in denen es um Foto- und Videoaufnahmen und deren Verbreitung auch erwachsener Personen über das Internet geht. Besonders die Absätze eins und zwei des umstrittenen Paragraphen 201 a des Strafgesetzbuches tangieren eine Vielzahl von zunächst harmlos erscheinenden Umständen, die viele unbescholtene Bürger aus ihrem privaten Bereich kennen. Gemeint sind insbesondere „Partyfotos“, auf denen betrunkene Personen zu sehen sind oder Videoclips, in denen Personen etwas Peinliches widerfährt. Gerade über soziale Netzwerke und Kommunikationsplattformen wie YouTube, Facebook oder Whatsapp geteilt und verbreitet, erfreuen sich solche, zumeist lustige Materialien, großer Beliebtheit, schaden sie doch eigentlich niemandem, sondern tragen zur allgemeinen Belustigung bei. Jedoch genau hier verbirgt sich die Krux: Was des einen Spot, ist des anderen Vergnügen. So regelt der neue § 201 a StGB nämlich die „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“. Konkret heißt es dort: Wer von einer Person unbefugt Bildaufnahmen herstellt, diese überträgt, gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht, die die Hilflosigkeit der Person zur Schau stellt, kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden. Verboten ist damit nicht nur das Erstellen, sondern auch das Weiterzeigen solcher Bilder und Videos, da dies bereits den höchstpersönlichen Lebenssachbereich der betroffenen Person zu verletzen geeignet ist, wie Spiegel Online den Tatbestand beschreibt. Man sollte sich also stets fragen, ob das Bildmaterial geeignet ist, dem Ansehen des Betroffenen zu schaden. Ausgenommen von den Tatbeständen sind jedoch beispielsweise Zwecke der Kunst oder der Berichterstattung.

Die neuen Regeln im Strafrecht werden ob ihrer weiten Fassung auch deutlich die Bereiche des Medienrechts tangieren. Und auch die Schnittstelle zum Datenschutzrecht erfährt eine deutliche Verbreiterung, sollen doch beide Rechtsgebiete vor allem die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen schützen. Es bleibt abzuwarten, wie insbesondere die Gerichte einzelne Fälle auslegen werden.