Schlagwort: Erhebung von Handydaten

Wirtschaftsauskunfteien sammeln Handydaten ohne Einwilligung

3. Dezember 2021

Nach einer gemeinsamen Recherche vom NDR und “Süddeutscher Zeitung” sollen Auskunfteien, wie beispielsweise die Schufa, Handyvertragsdaten von Millionen von Menschen gesammelt haben. Betroffen können damit Verbraucherinnen und Verbraucher sein, die in den vergangen vier Jahren einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen haben. Dadurch, dass das Sammeln der Daten ohne Einwilligung geschehen ist, sehen Datenschutzbehörden und Verbraucherschützer diese Praxis als nicht rechtens an. Am 22. September 2021 hatte die Datenschutzkonferenz (DSK) der Aufsichtsbehörde der Bundesländer in einem Beschluss beteuert, dass Auskunfteien Positivdaten also solche Informationen, die keine negativen Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, nicht unter Berufung auf die in der Europäischen Datenschutzverordnung (DSGVO) vorgesehenen Ausnahmen speichern dürfen.

Branchenverband lehnt die Einschätzung vom DSK ab

Der Branchenverband der Wirtschaftsauskunfteien lehnt diese Einschätzung des DSK ab. In einer Stellungnahme vom 19. November 2021 heißt es: “Die Erfahrungen unserer Mitglieder zeigen, dass insbesondere finanzschwächere Menschen von der Verarbeitung von Daten profitieren, die ein vertragsgemäßes Verhalten in einer Geschäftsbeziehung dokumentieren. Gerade Verbraucher und Verbraucherinnen, die bisher keine positive Kredithistorie haben, wie zum Beispiel junge Konsumenten, Migranten und häufig auch Seniorinnen, sind auf die Verarbeitung solcher Informationen angewiesen.”

Scoring-Verfahren

Die Handyvertragsdaten werden wohl auch für das Scoring benutzt. Beim Scoring werden aus verschiedenen Daten über Vertragsabschlüsse, Vertragsdauer und Vertragswechsel Werte berechnet, die Rückschlüsse auf die Bonität der Verbraucher geben sollen. Verbraucherschützer kritisieren das Scoring schon seit langer Zeit. Dieses Verfahren ist nicht nur intransparent, sondern es besteht außerdem ein hohes Risiko, dass durch dieses Verfahren die Daten zulasten von Verbrauchern genutzt werden, die sich nichts haben zu Schulden kommen lassen.

Derzeit befasst sich auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Frage, ob und wie die Verarbeitung von Scoring-Daten und deren Weitergabe mit der DSGVO vereinbar ist. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte dem Europäischen Gerichtshof zwei Fragen zu den sogenannten Score-Werten der Auskunftei Schufa vorgelegt.

Zum einen sei zu klären, ob diese Tätigkeit von Wirtschaftsauskunfteien dem Anwendungsbereich des Art. 22 Abs. 1 DSGVO unterfällt. Fraglich ist hierbei, ob Score-Werte über betroffene Personen erstellt und diese ohne weitergehende Empfehlung oder Bemerkung an Dritte (beispielsweise Banken) übermittelt werden können, sodass diese dann unter maßgeblicher Einbeziehung dieses Score-Wertes mit der betroffenen Person vertragliche Beziehungen eingehen oder davon absehen können. Zum anderen sollte der EuGH in einem weiteren Schritt prüfen, ob die DSGVO der Regelung des § 31 BDSG entgegenstehe.

Forderung von Datenlöschung

Die Verbraucherschützer sind der Meinung, dass die gespeicherten Daten bei den Auskunfteien gelöscht werden müssen. Falls die Auskunfteien dies nicht freiwillig umsetzen, könnten die Datenschutzbehörden dies in einem Bescheid verlangen. Dieser Bescheid könnte sodann vor Gericht angefochten werden. Gleichzeitig sollte auch die Weiterleitungspraxis der Mobilfunkbetreiber geprüft werden, vor allem hinsichtlich der Frage, ob und wie Unternehmen eine Einwilligung bei ihren Nutzern einholen können.

London: Verbot datensammelnder “intelligenter Mülleimer”

16. August 2013

Laut der Online-Ausgabe der ZEIT hat die zuständige britische Behörde den Londoner Einsatz von “intelligenten” Mülleimern gestoppt. Die Firma Renew hatte ihre Mülleimer während der Olympischen Sommerspiele 2012 aufgestellt, allerdings damals nur als High-Tech-Müllbehälter, die mit Bildschirmen ausgestattet, Finanznachrichten, Wetterinfos und Werbung anzeigen sollten. Aktuell seien diese Mülleimer jedoch auch eingesetzt worden, um bei eingeschalteten WLAN-Funktionen Smartphone-Daten von vorbeigehenden Passanten zu sammeln und zu speichern. Die derart erhobenen Daten sollten an Unternehmen zwecks passgenauer Werbungsschaltung verkauft werden. Der Renew-Firmenchef Kaveh Mamari wehrt sich nach dem Bericht der ZEIT gegen den Vorwurf der Ausspähung und den Vorwurf des Rechtsbruchs. Es sei nicht Sinn der Datensammlung gewesen, Passanten auszuspionieren, sondern vielmehr liege der Fokus auf der Erfassung der Anzahl der Passanten und der Zeit, die sie in Geschäften verbringen.

Diese Art der Datensammlung sei eine Technologie, die sich in anderen Bereichen (z.B. bei Werbeeinschaltungen im Internet) bereits lange durchgesetzt hat. Die Anwendung im öffentlichen Raum sei jedoch eine völlig neue Art der Datensammlung, weswegen durch die Verwaltungsbehörde London gefordert wurde, dass die Datensammlung “umgehend aufhört”. Außerdem sei die ICO, Bürgerrechtsbehörde, eingeschaltet worden.

Das Verbot der Anwendung dieser Technik in London wird den Schritt der personalisierten Werbung vom Internet in die Öffentlichkeit vermutlich nur verzögern, jedoch nicht verhindern können. Schon heute wird eine ähnliche Technik beispielsweise in amerikanischen Einkaufszentren angewendet.