Schlagwort: LAG Berlin-Brandenburg

LAG Berlin-Brandenburg – Zeiterfassung per Fingerabdruck nur mit Einwilligung

26. August 2020

In einer radiologischen Praxis führte der Arbeitgeber ein neues Zeiterfassungssystem ein. Dabei sollten die Mitarbeiter ihren Fingerabdruck auf einem Scanner abgeben und so den Beginn und das Ende der Arbeitszeit erfassen. Ein medizinisch-technischer Assistent weigerte sich, seine Arbeitszeit auf diesem Wege erfassen zu lassen und erhielt dafür eine Abmahnung. Gegen die Abmahnung seines Arbeitgebers zog er vor Gericht.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg bestätigte die Auffassung des Angestellten. Auch wenn das System nur Fingerlinienverzweigungen verarbeite, handelt es sich laut Gericht um biometrische Daten. Weil durch eine solche Zeiterfassung biometrische Daten verarbeitet würden, sei die Einwilligung der Angestellten erforderlich, hieß es in der am Dienstag veröffentlichten Entscheidung (Urt. v. 04.06.2020, AZ. 10 Sa 2130/19).

Bei biometrischen Daten ist Art. 9 Abs. 2 DSGVO einschlägig, wonach diese Daten nur ausnahmsweise verarbeitet werden dürfen. Für die Arbeitszeiterfassung sei die Verarbeitung biometrische Daten nicht unbedingt erforderlich. Daher könne der Arbeitgeber die Daten nicht ohne die Einwilligung des Arbeitnehmers erfassen. Die Weigerung des Arbeitnehmers sei keine Pflichtverletzung. Er könne nun verlangen, dass die Abmahnung aus seiner Personalakte entfernt wird.

LAG Berlin-Brandenburg: Veröffentlichung von Patientenfotos bei Facebook

21. Mai 2014

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat die außerordentliche und ordentliche Kündigung einer Kinderkrankenpflegerin, die Fotos eines von ihr auf der Kinderintensivstation betreuten Kindes bei dem sozialen Netzwerk Facebook veröffentlich hatte, für unwirksam erachtet. Zwar könne die unerlaubte Veröffentlichung von Patientenbildern in einem sozialen Netzwerk grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Hier seien jedoch eine außerordentliche und ordentliche Kündigung aufgrund der konkreten Umstände unverhältnismäßig und nur eine Abmahnung zulässig gewesen (Urteil vom 11.04.2014, Az.: 17 Sa 2200/13). Es sei die emotionale Bindung, die die Pflegerin zu dem Kind aufgebaut hatte, berücksichtigt worden sowie der Umstand, dass das Kind auf den Fotos nicht zu identifizieren war, so das Gericht. Das Kind sei zudem nicht bloßgestellt worden und es sei nicht erkennbar gewesen, in welchem Krankenhaus die Behandlung des Kindes erfolgte. Eine Abwägung der Umstände führe daher dazu, dass eine Kündigung unverhältnismäßig wäre.

 

LAG Berlin-Brandenburg: Einsichtnahme des Arbeitgebers in dienstliche E-Mails

2. August 2011

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg) hat mit nun veröffentlichtem Urteil am 16.02.2011 (Az.: 4 Sa 2132/10) entschieden, dass ein Arbeitgeber bei krankheitsbedingter Abwesenheit des Arbeitnehmers dessen dienstliche E-Mails auch bei gestatteter Privatnutzung ohne Einwilligung ausnahmsweise einsehen und zur Bearbeitung von Kundenanfragen oder anderer geschäftlicher Belange verwenden darf.

Die bei der Beklagten beschäftigte Klägerin meldete sich für einen längeren Zeitraum ab, ohne für die E-Mail-Korrespondenz eine Stellvertretungsregelung getroffen zu haben. Ein Zugriff auf das der Klägerin zugeordnete E-Mail-Postfach war ausgeschlossen. Da mehrere bearbeitungsbedürftige Kundenanfragen zugegangen waren, versuchte die  Beklagte mehrfach erfolglos Kontakt zu der Klägerin aufzunehmen, um über die geplante Einsichtnahme in den dienstlichen E-Mail-Verkehr zu informieren. Daraufhin ermöglichte die IT-Abteilung der Beklagten den Zugriff auf den E-Mail-Account der Klägerin. Die privaten und dienstlichen E-Mails wurden – mit Beteiligung des Betriebsrates und der Sozialbetreuerin –zunächst gesichtet, die dienstlichen E-Mails geöffnet, ausgedruckt und zur Bearbeitung weitergeleitet. Die gemäß der Betriebsvereinbarung als „Privat“ gekennzeichneten E-Mails der Klägerin wurden nicht eingesehen. Die Klägerin hält dies ohne ihre explizite Einwilligung für unzulässig. Jede Öffnung des Postfaches schließe auch die Möglichkeit ein, private E-Mails zu lesen.
Das vorinstanzliche Arbeitsgericht Berlin schloss sich dieser Auffassung nicht an (Urteil vom 17.08.2010, Az.: 36 Ca 236/10). Auch das LAG Berlin-Brandenburg wies als zuständiges Berufungsgericht die Berufung als unbegründet zurück. Der Arbeitgeber sei nicht als Provider im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (TKG) anzusehen, so dass weder § 88 TKG noch § 206 Strafgesetzbuch (StGB) einschlägig seien. Auch hätte die Beklagte nicht gegen § 202a StGB verstoßen, da der Zugriff wegen der ausschließlichen Sichtung dienstlicher E-Mails befugt erfolgt sei. Nach Auffassung des Gerichts ist auch kein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin gegeben. Eine Güterabwägung zwischen den betroffenen Rechtsgüter ergebe, dass dem Interesse der Beklagten, den ungestörten Arbeitsablauf zu gewährleisten und finanziellen Schaden von dem Unternehmen abzuwenden, Vorrang einzuräumen sei. Insbesondere habe die Beklagte nachweisen können, alle Maßnahmen getroffen zu haben, um einen Zugriff auf private E-Mails zu verhindern und eine Rechtsverletzung auszuschließen. (sa)