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LG Essen und LG Paderborn urteilen zu Auskunftsrecht aus Art. 15 DSGVO

13. Juni 2022

Das Landgericht (LG) Essen lehnte mit Urteil vom 23.02.2022 (AZ: 18 O 204/21) einen Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO unter anderem wegen Rechtsmissbrauchs ab.

Vorausgegangen war ein Rechtsstreit zwischen einem privatversicherten Mann und seiner Versicherung. Die Versicherung passte den monatlich zu zahlenden Betrag mehrmals einseitig an. Dabei sandte sie jeweils Mitteilungs- und Informationsschreiben an den Mann. Dieser ging davon aus, dass die Anpassungen unwirksam waren und forderte sein Geld zurück. Er gab allerdings an, die Versicherungsunterlagen zur Bezifferung der Ansprüche nicht mehr zu haben. Er erhob Klage und machte sowohl Auskunft bezüglich der Unterlagen, als auch Rückzahlungsansprüche geltend.

Das LG Essen wies die Klage jedoch ab. Auskunftsansprüche seien keine ersichtlich. Der Anspruch aus Art. 15 DSGVO scheitere bereits daran, dass es sich bei dem standardisierten Begründungsschreiben, mit dem der Beitrag erhöht wurde, nicht um personenbezogene Daten handle. Außerdem habe die Beklagte ein Weigerungsrecht aus Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. b) DSGVO, hier stünde dem Antrag des Klägers der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Der Kläger habe hier kein schützenswertes Eigeninteresse. Denn Sinn und Zweck des in Art. 15 DSGVO normierten Auskunftsrechts sei es, der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden und die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung überprüfen zu können. Dies liegt in diesem Fall nicht vor: “Um ein solches Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es dem Kläger nach seinem eigenen Klagevorbringen hingegen nicht. Der Kläger macht keines der vorgenannten Interessen geltend. […] Es geht ihm mithin einzig allein um die Überprüfung etwaiger geldwerter Ansprüche gegen die Beklagte. Eine solche Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DSGVO aber nicht umfasst.”

In einer sehr ähnlichen Sache hatte das Landgericht (LG) Paderborn am 15.12.2021 (AZ: 4 O 275/21) ebenfalls einen Anspruch nach Art. 15 DSGVO verneint. Auch hier verlangte ein Versicherungsnehmer von seiner privaten Krankenversicherung Auskünfte, um nach Beitragserhöhungen eine Rückzahlungsforderung geltend machen zu können. In diesem Fall wertete das Gericht die Beitragsanpassungsschreiben allerdings als personenbezogene Daten. Trotzdem griff Art. 15 DSGVO nicht, denn der Versicherung stand auch hier der Eingriff des Rechtsmissbrauches zu. Das Gericht führte dazu aus, dem Kläger ginge es “ausschließlich darum, sich auf möglichst einfache und bequeme Art gebündelt die Informationen zu beschaffen, die er benötigt, um eine bezifferte Leistungsklage auf Rückzahlung möglicherweise rechtsgrundlos gezahlter Beiträge vorbereiten zu können”.

Auch das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hatte vor kurzem sein Urteil zu rechtsmissbräuchlichen Auskunftsansprüchen ähnlich begründet.

OLG Nürnberg lässt Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zu

11. September 2017

In seinem Hinweisbeschluss vom 10.08.17 (Az. 13 U 851/17) hat das OLG Nürnberg die Verwertung von Aufnahmen einer Dashcam in den Fällen zugelassen, in denen sich der Unfallhergang anders nicht ermitteln lässt.

Bei Dashcams handelt es sich um Kameras, die am Armaturenbrett eines Fahrzeugs befestigt werden und das Geschehen in Fahrtrichtung aufzeichnen. Bisher waren die Nutzung der Kameras und die Verwertung der Aufzeichnungen im Zivilprozess sehr umstritten.

In dem Fall ging es um einen Auffahrunfall auf der Autobahn. Kläger und Beklagter schilderten verschiedene Tathergänge, sodass ein Sachverständigengutachten bestellt werden musste. Nur durch die Verwertung der Dashcam-Aufnahmen kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Schilderungen des Beklagten zutreffen sind. Anders wäre ein sicheres Ergebnis nicht möglich gewesen.  Auf dieser Grundlage entschied das LG Regensburg zugunsten des Beklagten (Urt. v. 28.03.2017 – 4 O 1200/16).

Nach der Auffassung des OLG muss im Rahmen einer Interessen- und Güterabwägung  im konkreten Einzelfall  entschieden werden, ob die Aufzeichnungen verwertet werden dürfen.  Grundsätzlich steht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung  aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG der aufgezeichneten Personen gegenüber dem Recht des Verwenders der Dashcam auf effektiven Rechtsschutz und seinem Anspruch auf rechtliches Gehör.

Das Interesse der anderen Verkehrsteilnehmer besteht darin nicht im öffentlichen Raum für kurze Zeit aufgenommen zu werden. Durch die Aufzeichnung werde nicht in Ihre Intims- oder Privatsphäre eingegriffen. Die Fahrer anderer Fahrzeuge seien praktisch nicht sichtbar, allenfalls nur schemenhaft. Im Unterschied zur Videoüberwachung  nehmen Dashcams auch nicht gezielt bestimmte Personen auf. Außerdem werde nur eine kurze Sequenz aus der Gesamtaufzeichnung über den Unfallhergang angeschaut. Ein Eingriffsintensität fällt somit sehr gering aus. Auch die Interessen unbeteiligter Dritter werden nicht oder nur minimal betroffen.

Dem gegenüber steht das Interesse des Verwenders der Dashcam nicht auf der Grundlage unwahrer Behauptungen (zu Unrecht) verurteilt zu werden. Nach Ansicht des OLG überwiegt es jedenfalls dann, wenn keine anderen zuverlässigen Beweismittel zur Verfügung stünden.

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OLG Nürnberg: Löschung von Daten durch Arbeitnehmer

26. März 2013

Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG Nürnberg) entschied mit Beschluss vom 23.01.2013 – 1 Ws 445/12 in einem strafrechtlichen Verfahren unter anderem Folgendes:

“§ 303a StGB erfasst Daten, an denen ein unmittelbares Recht einer anderen Person auf Nutzung, Verarbeitung und Löschung besteht. Diese Datenverfügungsbefugnis steht grundsätzlich demjenigen zu, der die Speicherung der Daten unmittelbar selbst bewirkt hat. Das gilt in der Regel auch im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses bei in fremden Auftrag erstellten Daten; solange der Auftragnehmer die Daten nicht dem Auftraggeber ausgehändigt hat, besteht für den Auftraggeber außerhalb des Schutzbereiches des UWG lediglich ein Schutz aufgrund der gegenseitigen schuldrechtlichen Verpflichtungen.”

Anlass für den Beschluss war, eine Anzeige einer Arbeitgeberin (Anzeigenerstatterin), die IT-Lösungen für den Mittelstand entwickelt, erstellt und anbietet, gegen leitende Mitarbeiter. Die Mitarbeiter sollen überwiegend selbständig im Außendienst, ohne bestimmten Weisungen oder Kontrollen der Anzeigeerstatterin zu unterliegen, gearbeitet haben. Nach ihrem Ausscheiden seiene sie verdächtigt worden, sich unberechtigt Geschäftsgeheimnisse, Kundendaten und Vertragsvorlagen der Anzeigeerstatterin verschafft zu haben, um einen mit der Anzeigeerstatterin konkurrierenden Geschäftsbetrieb aufzubauen und die ihnen von der Anzeigeerstatterin zu dienstlichen Zwecken zur Verfügung gestellten Laptops zurückgegeben zu haben, nachdem sie zuvor mit einer speziellen Software alle darauf befindlichen Daten gelöscht hätten.