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Bundesverfassungsgericht erklärt polizeiliche Datenanalyse für verfassungswidrig

22. Februar 2023

Mit Urteil vom 16. Februar 2023 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) automatisierte Datenanalysen der Polizei in Hessen und Hamburg für verfassungswidrig erklärt. Die beiden angegriffenen Landesgesetze erlaubten der Polizei demnach „automatisierte Verarbeitung unbegrenzter Datenbestände mittels rechtlich unbegrenzter Methoden“.

Schwere Grundrechtseingriffe durch Profiling-ähnliche Analysen

Das BVerfG erkannte in den angegriffenen Vorschriften (§ 25a Abs. 1 Alt. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) und § 49 Abs. 1 Alt. 1 des Hamburgischen Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (HmbPolDVG)) Verstöße gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Polizeien der Länder dürfen auf deren Grundlage „bisher unverbundene, automatisierte Dateien und Datenquellen in Analyseplattformen […] vernetzen und die vorhandenen Datenbestände durch Suchfunktionen systematisch […] erschließen“ (Rn. 2). Laut BVerfG enthalten die Normen jedoch keine „ausreichende Eingriffsschwelle“. Angesichts des Eingriffsgewichts seien die Befugnisse zu offen formuliert.

Es sei zwar nicht ungewöhnlich, dass die Polizei ihre Erkenntnisse auch in Verknüpfung mit anderen Informationen zum Anstoß weiterer Ermittlungen nutze. Allerdings gehe die Analyse nach den angegriffenen Normen viel weiter. Sie nähere sich bei entsprechendem Einsatz sogenanntem „Profiling“ an, mit dem „sich softwaregestützt neue Möglichkeiten einer Vervollständigung des Bildes von einer Person ergeben, wenn Daten und algorithmisch errechnete Annahmen über Beziehungen und Zusammenhänge aus dem Umfeld der Betroffenen einbezogen werden“ (Rn. 69).

Rechtlich unbegrenzte Methoden

Angesichts der hohen Eingriffsintensität der Analysemöglichkeiten müssten laut BVerfG strenge Eingriffsvoraussetzungen erfüllt werden. Hier bemängelte das BVerfG, dass die Befugnisse der Polizei hinsichtlich der Methoden praktisch unbegrenzt sei: „In ihrer daten- und methodenoffenen Unbegrenztheit erlauben die Regelungen der Polizei, mit einem Klick umfassende Profile von Personen, Gruppen und Milieus zu erstellen und auch zahlreiche rechtlich unbeteiligte Personen weiteren polizeilichen Maßnahmen zu unterziehen, die in irgendeinem Zusammenhang Daten hinterlassen haben, deren automatisierte Auswertung die Polizei auf die falsche Spur zu ihnen gebracht hat“ (Rn. 150).

Der Gesetzgeber habe zudem den Wortlaut der Normen sehr weit gefasst, sodass diese auch Data-Mining und den Einsatz selbstlernender Systeme (Künstliche Intelligenz) erlaubten.

Hamburger Gesetz nichtig, Übergangsfrist für Hessen

Das BVerfG hält eine automatisierte Datenanalyse oder -auswertung grundsätzlich für möglich. Diese muss jedoch eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung bieten. Für Hessen gilt daher nun eine Übergangsfrist für eine Neuregelung bis zum 30. September 2023. Das Programm „HessenData“, welches auf dem Programm „Gotham“ vom US-Software-Unternehmen Palantir beruht, wird dort bereits seit 2017 eingesetzt.

§ 49 Abs. 1 Alt. 1 HmbPolDVG wurde dagegen direkt für nichtig erklärt. Die Norm wurde mit kleinen Änderungen der hessischen Norm nachgebildet, aber bisher noch nicht angewendet.

Bundesweite Auswirkungen des Urteils

Auch Bayern hat Interesse an dem Analyseprogramm bekundet und prüft derzeit den Einsatz. Nordrhein-Westfalen nutzt bereits Palantir-Dienste. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die anderen Länder das Urteil in ihre Gesetzgebung einfließen lassen werden. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit zweifelte im Verfahren vor dem BVerfG die Rechtmäßigkeit der fraglichen Normen an. Er bemängelte, dass „falsche Entwicklungen immer erst von den Gerichten gestoppt werden“ müssten, anstatt auf die Proteste aus der Zivilgesellschaft und die Datenschutzbeauftragten einzugehen.

 

Ermittlungen zu Datenschutzverstößen bei der Polizei Berlin

27. Juli 2022

In einer Pressemitteilung vom 22.07.2022 teilte die Polizei Berlin mit, bei turnusmäßigen Kontrollen seien Verstöße gegen eine interne Weisungslage für Abfragen im „Polizeilichen Landessystem für Information, Kommunikation und Sachbearbeitung“ (POLIKS) festgestellt worden.

Datenverarbeitung bei der Polizei

Im Berufsalltag müssen Polizisten immer wieder auf gewisse Daten zugreifen können, um beispielsweise Abfragen zu Personen oder Fahrzeugen durchführen zu können. Aber auch komplexere Datenrecherchen und Abfragen bei anderen Stellen wie dem Bundeskriminalamt (BKA) oder Landeseinwohneramt sind im Rahmen ihrer Tätigkeit notwendig.

Hierfür wird bei der Berliner Polizei das System POLIKS genutzt. Dabei handelt es sich um ein zentrales IT-Verfahren für alle Bereiche der Vollzugspolizei und eine Schnittstelle zu anderen IT-Verfahren des Landes und des Bundes. Es dient, beispielsweise zur Aufnahme von Strafanzeigen oder Verkehrsunfällen, als Vorgangsbearbeitung sowie als Informationssystem für Auskünfte, Recherchen und Statistiken.

Im Rahmen dessen werden zwangsläufig auch personenbezogene Daten abgefragt und verarbeitet. Dies erfordert ein hohes Maß an Datensicherheit und verantwortungsbewusstem Umgang. Neben den grundlegenden Zugriffsvoraussetzungen muss bei jeder Abfrage daher der Grund für die Abfrage durch eine freitextliche Ergänzung angegeben werden. Dies soll der Prüfung der Plausibilität und der schnellen Nachvollziehbarkeit der Abfrage dienen.

Verstöße bei der Berliner Polizei

In der Pressemitteilung der Berliner Polizei wurde nun mitgeteilt, im Rahmen polizeiinterner Kontrollen sei bei 83 Zugriffsberechtigten festgestellt worden, dass diese die Vorgaben für die freitextliche Ergänzung zur Angabe des Grundes einer Abfrage wiederholt nicht eingehalten hätten. Die Zugriffsberechtigten seien wiederholt über die notwendigen Voraussetzungen informiert und hierfür sensibilisiert worden. Bei deren Verhalten handele es sich zunächst „lediglich“ um Verstöße gegen die interne Weisung. Es seien jedoch interne Ermittlungen aufgenommen worden, um u.a. zu prüfen, ob und inwieweit die getätigten Abfragen in diesen Fällen rechtmäßig waren bzw. ob Datenschutzverstöße vorliegen.

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Überblick zur umstrittenen Palantir-Software

29. Juni 2022

Seit einiger Zeit ist immer wieder die Rede von dem US-Konzern Palantir. Spätestens seitdem das Bayerische Landeskriminalamt (BLKA) im März entschieden hatte, zukünftig eine Analyse-Software des Konzerns zu nutzen, ist der Name wieder vermehrt zu hören gewesen. Dies liegt u.a. daran, dass der Konzern nicht ganz unumstritten ist. Alle wichtigen Informationen rund um den Palantir-Konzern und die fragliche Software präsentieren wir Ihnen hier im Überblick: 

Um was für eine Software handelt es sich und wozu wird sie eingesetzt? 

Das Analyse-Tool von Palantir beruht auf der Software Gotham. Damit sollen neben polizeilichen, auch andere behördliche Datenbanken abgefragt werden können, z. B. das Waffenregister, Einwohnermeldedaten oder das Ausländerzentralregister. Informationen aus verschiedenen Datenbanken sollen so schneller und effizienter miteinander verknüpft werden. 

Wie weit ist die Software verbreitet? 

In Hessen („Hessendata“) und Nordrhein-Westfalen („DAR“) ist die Palantir-Software bereits im Einsatz. In Bayern soll sie unter dem Begriff „VeRA“ (Verfahrensübergreifende Recherche und Analyse) starten. Da Bayern einen sogenannten „Rahmenvertrag“ abgeschlossen hat, können weitere Polizeien von Bund und Ländern ohne zusätzliche Vergabeverfahren in den Vertrag miteinsteigen. 

Baden-Württemberg, Bremen und Hamburg haben bereits Interesse bekundet. Auch der Bund will sich einen Einsatz überlegen. Dies hätte zur Folge, dass die Bundespolizei und der Zoll mit der Software arbeiten könnten. 

Palantir selbst ist international gut aufgestellt und bewirbt sich in Großbritannien gerade für einen fünf-Jahres-Vertrag mit der NHS, dem staatlichen Gesundheitssystem. Für diese soll dann eine Datenbank angelegt werden, in der Gesundheitsdaten gespeichert werden. Teilweise arbeitet Palantir jetzt schon für die NHS. Auch hier äußern sich Kritiker besorgt. 

Was ist die Kritik an der Software? 

Kritisiert wird zum einen, dass Palantir durch die Software eine bedeutende Stellung im deutschen Markt einnehmen könnte mit der Folge, dass dadurch ein Abhängigkeitsverhältnis des Staates entstehen könnte. 

Die meiste Kritik kommt jedoch von der Seite der Datenschützer. Dort wird vor allem kritisiert, dass über die Software enorme Mengen an Datensätzen miteinander verbunden werden, was einen Grundrechtseingriff darstelle. Auch besteht die Befürchtung, dass die durch Palantir erhobenen, sensiblen Daten, in die USA gelangen und dort von den Geheimdiensten abgegriffen werden könnten. 

Das Unternehmen Palantir hat in seinem Heimatland, den USA, bereits für Geheimdienste und das Pentagon gearbeitet. Auch dort ist das Unternehmen umstritten. Mitgründer Peter Thiel ist Trump-Supporter, unterstützt rechte Politiker und hat in der Vergangenheit seinen Unmut über Demokratien geäußert. Palantir hat bereits Verträge mit der United States Immigration and Customs Enforcement (ICE), einer Polizei- und Zollbehörde des Ministeriums für Innere Sicherheit, abgeschlossen. In diesem Zusammenhang wurde Palantir vorgeworfen, die ICE habe mithilfe der Software Daten über illegale Einwanderer gesammelt und diese später festgenommen und abgeschoben. 

Die jüngste Kritik an der Palantir-Software kommt von der NRW-Datenschutzbeauftragten Bettina Gayk im neuen Jahresbericht. Darin kritisiert sie, dass es für den Einsatz der Software bisher keine gesetzliche Grundlage gebe. Der Gesetzgeber müsse entscheiden, welche Straftaten schwer genug seien, um die Zweckbindung der einzelnen Datenbanken aufzuheben. Denn durch die Software würden auch Daten nicht straffällig gewordener Personen verarbeitet, z.B. die Daten von Anrufern bei der Notrufnummer 110 und von Zeugen. 

Südwales: Einsatz von Gesichtserkennung durch Polizei ist unzulässig

12. August 2020

Die Beschwerdeführer, ein Bürgerrechtler aus Cardiff und die Organisation „Liberty“ erhoben Beschwerde wegen Nutzung von automatischer Gesichtserkennungssoftware durch die South Wales Police (SWP). Die SWP setzte seit Mai 2017 die Software „AFR Locate“ zur Gesichtserkennung bei ihren Einsätzen ein. Mit Hilfe der Software konnte die Polizei bei öffentlichen Veranstaltungen und anderen Einsätzen anwesende Personen mit denen auf einer selbständig angelegten Gefährder-Liste („Watchlist“) abgleichen. Die Software ist in der Lage 50 Gesichter pro Sekunde zu scannen. Bei den 50 Einsätzen in den Jahren 2017 und 2018 wurden schätzungsweise 500.000 Gesichter gescannt und abgeglichen. Bei zwei öffentlichen Veranstaltungen war auch einer der Beschwerdeführer anwesend und fühlte sich durch Aufnahmen in seinem Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 2 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt. Außerdem kritisierte er, dass datenschutzrechtliche Vorgaben beim Einsatz nicht eingehalten wurden.

Das Berufungsgericht gab den Beschwerdeführern Recht und befand, dass die Nutzung der Gesichtserkennungssoftware in dem konkreten Fall gegen das Gesetz verstößt. Als Begründung führte das Gericht auf, dass der Einsatz zwar grundsätzlich verhältnismäßig sei. Der Ermessensspielraum der Polizeibeamten sei jedoch zu groß, als dass sie den in Art. 8 Abs. 2 EMRK geforderten Standard erfüllen könnten. So gebe es weder eine klare Regelung, wo die Software eingesetzt wird, noch wer auf die „Watchlist“ gesetzt werden dürfe. Darüber hinaus sei die Datenschutzfolgenabschätzung für den Einsatz der Software mangelhaft, weil sie die Verletzung von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht berücksichtige. Zudem bestünden Zweifel, dass die Polizeibehörde angemessene Schritte unternommen hätte, um sicherzustellen, dass die Gesichtserkennungssoftware keinen geschlechtsspezifischen oder rassistischen Bias habe.

Polizei sammelt Covid-19 Patientenlisten

15. April 2020

In verschiedenen Bundesländern wurden Covid-19 Patientenlisten von den Gesundheitsämtern an die Polizeibehörden weitergeleitet. Derzeit bekannt ist eine Weitergabe in Niedersachsen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg. In Bayern erhielt der Landesbeauftragte für Datenschutz mehrere Anfragen, die er ablehnte. Die Covid-19 Patientenlisten enthalten personenbezogene Daten über die Personen, die sich in Quarantäne befinden. Dazu zählen sowohl sensible Gesundheitsdaten, als auch Informationen zu Quarantänebestimmungen und Kontaktpersonen.

Kritik:

Die Datenschutzbeauftragten sprechen sich überwiegend gegen eine Datenweitergabe an die Polizei aus. Der Datenschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg Stefan Brink kritisierte, dass den Polizeibehörden die Rechtsgrundlage für das Handeln fehle und die Weitergabe rechtswidrig sei. Das Gesetz über den Gesundheitsdienst käme als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, da es eine konkrete Gefahr voraussetze. Vor einem polizeilichen Einsatz bestünde für die Beamten lediglich eine potentielle Gefahr, die nicht ausreiche. Zusätzlich warnte er davor, dass auf der Grundlage weitere Behörden die Listen anfordern könnten und so eine klare Grenzziehung erschwert werden könnte. Der Präsident der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, Andreas Crusius, stellte die Erforderlichkeit der Listenweitergabe in Frage. Bei Bedarf könnte sich die Polizei alternativ jederzeit an die Amtsärzte wenden, die im Einzelfall eine Auskunft zum Gesundheitszustand der Person erteilen könnten. Außerdem bezweifelte er, dass die Listen zum Zeitpunkt der Ankunft überhaupt noch aktuell sind. Die niedersächsische Datenschutzbehörde äußerte sich ebenfalls kritisch und untersagte die Datenweitergabe. Der Datentransfer verstoße gegen den Datenschutz, die ärztliche Schweigepflicht und die Verhältnismäßigkeit. Die Polizei hatte die Datenverarbeitung auf die Gefahrenabwehr gemäß § 41 NPOG, auf das Infektionsschutzgesetz sowie den rechtfertigenden Notstand nach§ 34 StGB gestützt. Dem widersprach die niedersächsische Datenschutzbeauftrage Barbara Thiel, da der rechtfertigende Notstand gemäß § 34 StGB nicht pauschal für alle Personen gelten könne, die auf der Liste stehen.

Der Datenschutzbeauftragte von Mecklenburg-Vorpommern Heinz Müller stuft die Weitergabe der Covid-19 Liste als vertretbar ein. Die Polizei könnte ihr Vorgehen auf ihr berechtigtes Interesse, dem Infektionsschutz von Polizeibeamten, stützen. Beispielsweise müssten die Beamten vor dem Einsatz in einer häuslichen Umgebung wissen, ob in der Wohnung Covid-19 Infizierte leben. Diesbezüglich könnte jedoch erneut die fehlende Erforderlichkeit der Maßnahme und die Pauschalität kritisiert werden.

Lösungsansatz:

Das Innenministerium von Baden-Württemberg liefert einen möglichen Lösungsvorschlag für die Problematik. Es wurde eine Rechtsverordnung erarbeitet, die der Polizei, nur in Einzelfällen, den Zugriff auf eine passwortgeschützte Datenbank mit den Covid-19 Infizierten erlaubt. Die kursierenden Patientenlisten sollen vernichtet und die Betroffenen darüber informiert werden.

Kennzeichenfahndung der brandenburgischen Landespolizei weiter unter Kritik von Datenschützern

14. Februar 2020

Die brandenburgische Landesbeauftragte für den Datenschutz bemängelt die Kennzeichenfahndungspraxis der Landespolizei. Diese nutzt seit mehreren Jahren festinstallierte Kfz-Kennzeichnen-Scanner, die schon länger Anlass zur Kritik von Datenschützern sind. Anfang Februar erklärte der Polizeipräsident, das Verfahren zugunsten des Datenschutzes nachgebessert zu haben. Für die Landesdatenschutzbeauftragte weist die Fahndungspraxis jedoch weiterhin erhebliche Mängel auf.

Zunächst bestehen Zweifel, ob man das System mit dem Namen „KESY“ mit einer ausreichenden Rechtsgrundlage einsetze. Zudem habe man nach erneuten Kontrollen festgestellt, das auch das Löschkonzept den Datenschutzstandards nicht entspreche. So wurden nach Angaben der Ermittler nur Daten gelöscht die vor dem 19. Juni 2019 erhoben wurden. Noch problematischer sei jedoch, dass der komplette, bis zum Stichtag gespeicherte Datenbestand auf andere Datenträger übertragen wurde. So sollen eventuelle Anfragen der Staatsanwaltschaft noch bearbeitet werden können. Eine tatsächliche Löschung sei also gar nicht erfolgt.

Ein weiterer Kritikpunkt ist das Fehlen eines Konzepts zum Umgang mit Auskunftsrechten von erfassten Personen. Bis heute besteht ein derartiges Konzept nicht. Die Behörden weisen lediglich auf ein anhängiges Beschwerdeverfahren am Landesverfassungsgericht hin.

Außerdem kommentiert die Datenschutzbeauftragte den Plan der Behörden technisch organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten von Betroffenen einzusetzen. Die Polizeibehörde habe diese zwar angekündigt, es jedoch unterlassen genauere Angaben zu machen, wann und wie diese implementiert werden sollen.

Datenschutzkontrollen bei der Polizei

31. Januar 2019

Laut der Hessenschau gab es allein letztes Jahr 180 Fälle, bei denen ein Zugriff auf personenbezogene Daten aus dem internen Polizeiauskunftssystem HEPOLAS für nicht dienstliche Zwecke erfolgte. Polizisten werden also verdächtigt unbefugt die persönlichen Daten von Bürgern abgerufen zu haben.

Grundsätzlich gilt, dass nur solche Mitarbeiter Zugriff auf das System haben, die auch es auch für die Ausübung ihrer Tätigkeit brauchen. Fast alle etwa 15 000 Polizeibeamten in Hessen haben Zugang zu den Daten in dem System. Laut hessischem Innenministerium wird etwa 45 000 Mal pro Tag auf HEPOLAS zugegriffen. Es gibt Auskunft über Privatadressen, Angaben zu Familienmitgliedern, Einträge im Melderegister aber auch über Angaben zu (eingestellten) Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen.

Einer der Verdachtsfälle steht im Zusammenhang mit den rechtsextremen Drohbriefen an die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz. Den Ermittlungen zufolge sind die in den Briefen enthaltenen personenbezogenen Daten zuvor auf einem Computer im 1. Frankfurter Polizeirevier abgefragt worden.

Es stellt sich die Frage, wie ein unbefugtes Abrufen – etwa für nicht dienstliche Zwecke – verhindert werden kann. Die Datenabfragen werden protokolliert und bislang nur bei Verdachtsfällen datenschutzrechtlich überprüft. Nun sollen die Datenschutzbeauftragten der Polizeipräsidien anlassunabhängige Kontrollen durchführen.

Ermittlungsersuchen der Polizei

26. Juli 2018

Es kann vorkommen, dass die Polizei mithilfe eines Auskunftsersuchens Unternehmen dazu auffordert, personenbezogene Daten ihrer Kunden, hinsichtlich der Ermittlung in einer bestimmten Strafsache, preiszugeben.

Die Übermittlung von personenbezogenen Daten an die Polizei stellt eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten dar, die einer Rechtsgrundlage bedarf. Rechtsgrundlage für eine Auskunft an die Polizei kann § 24 Abs. 1 Nr. 1 BDSG-neu sein. Hiernach können Daten u.a. übermittelt werden, wenn sie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich sind und die Interessen des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung nicht überwiegen.

Eine Übermittlung ist danach nur zulässig bei Straftaten, nicht bei Ordnungswidrigkeiten. Daneben muss überprüft werden, ob die Übermittlung erforderlich ist. Zudem hat eine Interessenabwägung zu erfolgen. Die Interessenabwägung wird in der Regel ergeben, dass eine Übermittlung zulässig ist, da das Interesse nicht darauf gestützt werden kann, dass der Betroffene ein Interesse daran hat, nicht der Strafverfolgung ausgesetzt zu sein.

Daneben kann sich eine Auskunftspflicht auch aus Spezialgesetzen ergeben, bspw. aus §§ 98a StPO ff. oder § 32 BMG.

Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass bestimmte Berufsgruppen und Geheimnisträger ein Zeugnisverweigerungsrecht haben, weil sie gemäß § 203 StGB der Schweigepflicht unterliegen.

Bevor einem Ermittlungsersuchen Folge geleistet wird, sollte immer eine sorgfältige Prüfung erfolgen, ob die Datenübermittlung rechtmäßig ist. Andernfalls besteht die Möglichkeit, sich Schadenersatzanforderungen der Betroffenen oder Bußgeldern der Aufsichtsbehörden auszusetzen.

Darüber hinaus ist auch immer zu prüfen, ob durch die Übermittlung der Daten die Informationspflichten gemäß Artt. 13, 14 DSGVO ausgelöst werden oder einer der Ausnahmetatbestände des §§ 32, 33 BDSG-neu greift.

Neue Polizei-App NIMes birgt datenschutzrechtliche Gefahren

7. Mai 2018

Polizeibeamte in Niedersachen können nun mithilfe der neuen App NIMes Textnachrichten, Audio-, Bild- und Videoaufnahmen austauschen, ohne dass jemand anderes darauf Zugriff hat. Nach Auffassung des niedersächsischen Landesdatenschutzbeauftragten besteht dennoch eine Gefahr hinsichtlich des Datenschutzes, da der größte Teil der Beamten die App auf ihrem Privathandy nutzen. “Wenn der Nutzer das auf dem privaten Mobiltelefon vorhandene Betriebssystem nicht fortlaufend durch Updates zur Virenabwehr aktualisiert, wird Tür und Tor für eine Infizierung der App mit Schadsoftware geöffnet”, sagte Datenschützerin Barbara Thiel.

Damit wäre es empfehlenswert die App nur auf Diensthandys zu installieren. Innenminister Boris Pistorius ist jedoch anderer Ansicht, da NIMes getrennt vom Betriebssystem läuft und damit in einem geschlossenen Benutzerkreis.

Die App hat eine wichtige Bedeutung in der Informationssteuerung bei Einsatzkräften. So können Polizeibeamte wichtige Informationen sicherer als bei der Nutzung von WhatsApp weiterleiten.

Als Pilotprojekt wird NIMes zunächst in Celle und Hannover-Mitte, sowie in der Zentralen Polizeidirektion eingesetzt.

Thüringer Polizei zeichnete tausende dienstliche Telefonate auf

4. August 2016

Die Art und Weise der Nutzung der dienstlichen Telekommunikationsinfrastruktur ist ein datenschutzrechtlich stets sensibel zu regelndes Datenschutzthema. Noch brisanter wird die Thematik dann, wenn derartige Gespäche aufgezeichnet werden. Die Thüringer Polizei, in Person eines ehemaligen Verantwortlichen des Innenministeriums, geriet nun in den Fokus der Staatsanwaltschaft Erfurt, da sie nach ersten Erkenntnissen diese Probelmatik final verschärfte, indem solche Aufzeichnungen seit 1999 auf bestimmten Apparaten ohne das Wissen der Gesprächsteilnehmer durchgeführt wurden. Zwar seien die Aufzeichnungen stets nach 180 Tagen gelöscht und auch nur durch administrative Mitarbeiter zur Kenntnis genommen worden, jedoch wurden hierzu Vermerke angefertigt, aus denen sich Rückschlüsse auf die Gesprächsinhalte ziehen ließen. Mittlerweile sei das Vorgehen, nach Kritik eines  seit Anfang Juli 2016 eingestellt worden. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft basieren auf dem Fehlen einer für ein derartiger Vorgehen gesetzlich vorgeschriebenen richterlichen Ermächtigungsgrundlage in Form einer Anordnung. Erste Ergebnisse stehen noch aus.

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