Die britische Regierung hat am 13. Januar 2025 einen Aktionsplan für Künstliche Intelligenz (KI-Aktionsplan) vorgestellt, der darauf abzielt, die britische KI-Industrie zu stärken und die Technologie im öffentlichen und privaten Sektor einzusetzen. In diesem Zusammenhang stellte die Regierung einen „parlamentarischen Stimmungsprüfung“ und weitere KI-Tools für Regierungszwecke unter dem Projekt „Humphrey“ vor.
Großbritanniens KI-Aktionsplan
Der „AI Opportunities Action Plan“ umfasst 50 Maßnahmen, die drei Säulen folgen: Die Schaffung von Grundlagen für KI-Entwicklung (Infrastruktur), die verstärkte Anwendung von KI-Systemen im öffentlichen und privaten Sektor, sowie die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Großbritanniens im KI-Bereich.
Zu den Maßnahmen zählen mitunter der Ausbau von Rechenzentren oder AI Growth Zones (AIGZ). Mit AIGZ sollen spezielle Zonen mit verbessertem Zugang zu Energie und beschleunigten Genehmigungsverfahren für den Bau von KI-Infrastruktur eingerichtet werden. Um den Zugang zu öffentlichen Daten für KI-Forschung und Innovation zu erleichtern, soll eine zentrale Datenbibliothek (National Data Library) geschaffen werden. Darin sollen Datenressourcen des öffentlichen Sektors verantwortungsvoll, sicher und ethisch bereit gestellt werden. Diese sollen mit datenschutzwahrenden Maßnahmen untermauert werden sollen, so die britische Regierung. Neben der der Stärkung des AI Safety Institute (AISI), will die die Regierung einen Regulierungsrahmen entwickeln, der Innovationen fördert und gleichzeitig Risiken minimiert.
KI im öffentlichen Sektor
Die Regierung will die Einführung von KI im öffentlichen Sektor zur Unterstützung von Ministern und Beamten beschleunigen. Kernstück ist das KI-Paket „Humphrey“, welches verschiedene KI-Anwendungen umfasst, so die Regierung in ihrer Pressemitteilung. Darunter sind Parlex zur Vorhersage parlamentarischer Reaktionen, Minute zur Zusammenfassung von Ministerbesprechungen, Lex zur Analyse von Gesetzesauswirkungen, Redbox zur Automatisierung von Vorlagen an Minister und weitere Tools.
Lex und Parlex wurden dabei in Zusammenarbeit mit der Regierung von Incubator for Artificial Intelligence (i.AI) entwickelt. Lex vereinfacht die Recherche von Gesetzen, indem es alltagsnahe Fragen zu Gesetzestexten beantwortet und relevante Informationen aus einer Datenbank von Rechtstexten und Urteilen zusammenfasst. Parlex hingegen ermöglicht eine „parlamentarische Stimmungsprüfung“. Diese prognostiziert parlamentarische Reaktionen auf neue politische Vorschläge. Hierfür werden historische Debatten analysiert und damit die Meinungen von Abgeordneten zu bestimmten Themen vorhersagt.
KI-Tools vor KI-Datenschutz?
Auffällig ist, dass die KI-Tools eingeführt wurden, bevor entsprechende Regularien verabschiedet wurden. Zwar plant die Regierung eine KI-Regulierung, doch die Entwicklung und Nutzung der Tools laufen derzeitig ohne umfassende Sicherheitsinfrastruktur. Die Innovationen schnell voranzutreiben und die Regierungsarbeit effizienter zu gestalten stehen im Fokus. Der Einsatz von KI in der Politik, wie die Vorhersage parlamentarischer Reaktionen mit Parlex, wirft aber auch ethische Fragen auf. Transparenz, Fairness und mögliche Manipulation stehen dabei im Fokus. Die EU adressiert solche Risiken neben der DSGVO mit der KI-Verordnung. Doch Großbritannien bleibt trotz Brexit nicht ohne Datenschutzstandards. Die DSGVO gilt dort zwar nicht mehr, wurde jedoch durch die nahezu identische UK-GDPR (United Kingdom General Data Protection Regulation) ersetzt.
KI im deutschen Bundestag
Auch in Deutschland gibt es Bestrebungen, KI-Technologien in der Politik einzusetzen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas erklärte bei der G7-PPK, dass der Bundestag bereits KI-basierte Systeme ganz konkret anwendet. „Unsere Pressedokumentation verschlagwortet pro Tag bis zu 800 Artikel. Früher: händisch. Demnächst: mit KI.“ Zudem werde „Whisper“ getestet. Diese Open-Source-KI wandelt Tonaufnahmen in Text um und wird vor allem in Untersuchungsausschüssen eingesetzt. Doch Bas äußert sich auch deutlich zu den Risiken, Gefahren und Fehlern von KI-Systemen: „Als Parlamentspräsidentin sage ich klar: KI mit Bezug zu Wahlentscheidungen sind Hochrisiko-KI.“
PLAIN: KI-Plattform für die Bundesverwaltung
Zudem kommt mit der Plattform „Platform Analysis and Information Systems“ (PLAIN) eine datengetriebene KI-Lösung für die Bundesverwaltung zum Einsatz. Dies ist eine Maßnahme die im Rahmen der nationalen KI-Strategie verfolgt wurde, um mithilfe von KI die Informationsgrundlage für politische Entscheidungen zu verbessern. Mit PLAIN soll die ressortübergreifende Nutzung von Daten und KI für politische Entscheidungen, unter Gewährleistung von Datenschutz, IT-Sicherheit und digitaler Souveränität ermöglicht werden. Wie aus einer Pressemitteilung der Bundesdruckerei hervorgeht, nutzen Bundesministerien und nachgelagerte Behörden PLAIN bereits aktiv als Datenanalyseplattform.
KI-Tools bedürfen KI-Kompetenz
Der Umgang mit künstlicher Intelligenz muss auch gelernt sein. Dies unterstreicht auch die Pflicht zur KI-Kompetenz nach Artikel 4 der KI-VO. Demnach müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihr Personal, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen. Dies ist auch Alexandra Haberstroh, Leiterin des PLAIN-Hub bei der Bundesdruckerei GmbH, bewusst. “Wir fördern die PLAIN-Community bewusst durch Sprechstunden-Formate wie den XPLORE-Tag und der XPLAIN-Workshopreihe sowie die gemeinsame Bearbeitung konkreter Fragestellungen. In gemeinsamen Tech und Innovation Workshops des PLAIN-Programms können alle Ressorts ihre Wünsche und Anforderungen an den weiteren Ausbau von PLAIN einbringen.“, so die Leiterin in der Pressemitteilung.
Fazit
Die britischen und deutschen Ansätze zeigen, wie KI die Effizienz und Entscheidungsfindung in der Regierung und Parlamentsarbeit verbessern kann. Während Großbritannien auf spezifische Anwendungen für den parlamentarischen Bereich setzt, verfolgt Deutschland mit PLAIN einen breiter angelegten Ansatz. Wichtig bleibt, dass Datenschutz und ethische Standards – sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland – konsequent eingehalten werden. Doch unabhängig davon wer die KI-Tools am Ende nutzt, ob Minister, Beamte oder Bürgerinnen und Bürger, die Datenschutzgrundsätze der DSGVO und der KI-VO sind zu wahren. Nach eigenen Angaben der Bundesdruckerei ist PLAIN datenschutzkonform. Es besitzt ein IT-Sicherheitskonzept gemäß Verschlusssachenanweisung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) sowie den IT-Grundschutz des BSI. Welche Strategie Großbritannien bei Sicherheit und Datenschutz in ihrem KI-Aktionsplan verfolgen wird, bleib zunächst abzuwarten. Erste Entwürfe sind im Frühling zu erwarten.