Kategorie: Social Media

VG Köln: Keine Meldepflicht ans BKA für Google und Meta

3. März 2022

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hat am 01.03.2022 zwei Eilanträgen der Google Ireland Ltd (Az. 6 L 1277/21) und Meta Platforms Ireland Limited (Az. 6 L 1354/21) teilweise stattgegeben. Google und Meta wandten sich darin gegen Neuregelungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG), insbesondere im Hinblick auf Meldepflichten der sozialen Netzwerke an das Bundeskriminalamt (BKA).

Konkret müssen Google und Meta vorerst §3a NetzDG nicht befolgen. Bei dieser sog. Netz-DG-Beschwerde müssen soziale Netzwerke ihnen gemeldete rechtswidrige Inhalte im Hinblick auf konkrete Hinweise für Straftatbestände prüfen und diese Angaben dann an das BKA melden, falls Anhaltspunkte vorliegen. Dieser Paragraph stellt jedoch einen Verstoß gegen das unionsrechtliche Herkunftslandprinzip aus der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (ECRL) dar. Danach ist für einen Anbieter elektronischer Dienste das Recht seines Sitzstaates maßgebend. In beiden Fällen ist das Irland und nicht Deutschland.

Daneben wurde auch der neue §4a NetzDG angegriffen. Darin wird das Bundesamt für Justiz zur für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des NetzDG bestimmt. Die Behörde ist nach Auffassung des VG jedoch nicht unabhängig genug, da es dem Bundesjustizministerium unterstellt und weisungsgebunden ist.

Die jeweiligen Beschlüsse wirken nur zwischen den Verfahrensbeteiligten (Antragsgegner ist jeweils die Bundesrepublik Deutschland), die zudem die Möglichkeit der Beschwerde haben. Außerdem sind beim VG Köln weitere Eilanträge, u.a. von Twitter und TikTok, zu diesem Themenkomplex anhängig.

Bundesdatenschutzbeauftragter erneuert Kritik an der Nutzung Sozialer Netzwerke durch Bundesbehörden

21. Januar 2022

In einem Interview gegenüber dem Handelsblatt äußerte sich der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber erneut zur Nutzung von Sozialen Netzwerken durch die öffentliche Verwaltung – dabei geht es vor allem um Facebook, Instagram, Tiktok und Clubhouse. Technische Überprüfungen dieser Netzwerke und deren Nutzung auf den Geräten der Bundesbehörden und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Kelber derzeit gemeinsam mit dem BSI durchführe, wiesen auf “datenschutzrechtliche Probleme” hin. Ein finales Ergebnis gäbe es derzeit jedoch noch nicht.

Im Zusammenhang mit den Äußerungen gegenüber dem Handelsblatt kritisierte Kelber darüber hinaus auch den Betrieb sog. Facebook-Fanpages durch die Bundesbehörden. Aufgrund der “unklaren geteilten datenschutzrechtlichen Verantwortung zwischen Facebook und dem Betreiber der Seite” könne die Fanpage “nach wie vor nicht rechtskonform betrieben werden”. Bereits letztes Jahr hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte daher die Bundesregierung und die obersten Bundesbehörden aufgefordert, den Betrieb dieser Fanpages bis Ende 2021 einzustellen – bislang noch ohne Erfolg. Kelber betonte aber auch, dass er durch die Aufforderung nicht “zwingend die Abschaltung von Facebook-Fanseiten” erreichen, sondern lediglich eine “datenschutzkonforme Kommunikation zwischen der Bundesregierung und der Bürgerinnen und Bürgern” ermöglichen wolle. Ziel sei es daher, dass Facebook den Betrieb aller Fanpages an europäische Datenschutzvorgaben anpasse. Laut Kelber haben hierzu erneut Gespräche mit der Bundesregierung und Facebook stattgefunden.

Ransomware-Angriff trifft portugiesischen Medienkonzern

3. Januar 2022

Der größte Medienkonzern Portugals, Impresa, wurde über die Neujahrstage Opfer eines Ransomware-Angriffs. Betroffen sind die Kanäle des landesweit größten Fernsehsenders SIC, sowie Portugals Wochenzeitung Expresso. Konkret handel es sich dabei um die Webseiten und Streaming-Services, das Fernsehprogramm von SIC funktioniert ungestört. Auch einige Accounts auf sozialen Medien sind von dem Angriff nicht betroffen, sodass Impresa momentan über den Facebook-Account von Expresso kommuniziert. Der Twitter-Account von Expresso scheint hingegen ebenfalls betroffen zu sein.

Laut The Record steckt hinter dem Angriff eine Gruppe namens “Lapsus$”. Zwischenzeitlich seien von der Gruppe auch Nachrichten und Lösegeldforderungen auf den Seiten von Impresa veröffentlicht worden. Die Gruppe selbst äußerte sich, sie habe kurzzeitig Zugriff auf den AWS-Account von Impresa gehabt. Bei dem Angriff wurde außerdem von der E-Mail-Adresse der Zeitschrift Expresso aus, eine Nachricht an Abonnentinnen und Abonnenten verschickt, in der es u.a. hieß, der Präsident Portugals sei seinem Amt enthoben worden. Diese Nachricht wurde in sozialen Medien bereits als Falschmeldung gekennzeichnet.

Bei diesem Vorfall handelt es sich um einen der größten IT-Sicherheitsvorfälle in der Geschichte Portugals. Um welche Ransomware es sich handelt, ist bisher nicht bekannt.

Die “Lapsus$”-Gruppe hatte erst Mitte Dezember das Gesundheitsministerium Brasiliens angegriffen. Bei diesem Angriff erbeuteten sie nach eigenen Aussagen 50 Terrabyte Daten. Durch den Ausfall der Seiten des Gesundheitsministeriums war für Brasilianer u.a. zeitweise kein Zugriff mehr auf ihre digitalen Impfzertifikate möglich.

Verbraucherschutzverbände sind bei Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten klagebefugt

7. Dezember 2021

Verbraucherschutzverbände sind bei Datenschutzverstößen im Internet dazu berechtigt, Klage zu erheben, sofern das nationale Recht diese Klagebefugnis regelt. Dies geht aus einer Empfehlung des Generalanwalts Richard de la Tour hervor. Nach dessen Ansicht sind Verbraucherschutzverbände auch dann klagebefugt, wenn ein konkreter Auftrag der Betroffenen nicht existiere.

Vorausgegangen war ein Fall vor dem Bundesgerichtshof, in welchem der Bundesverband der Verbraucherzentralen gegen Facebook (jetzt Meta) klagte. Aufgrund der Unsicherheiten der Vereinbarkeit von nationalen Regelungen der Klagebefugnis mit EU-Recht setzte der BGH das Verfahren aus und stellte eine Vorabentscheidungsanfrage an den EuGH. Insbesondere war fraglich, ob Verbraucherschutzverbände ohne Auftrag von betroffenen Personen beziehungsweise unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte Einzelner klagebefugt sind.

In seiner Empfehlung schlägt der Generalanwalt nun vor, die Datenschutz-Grundverordnung so auszulegen, dass diese den nationalen Regelungen nicht entgegensteht, sofern die betreffende Verbandsklage auf die Wahrung der aus der DSGVO erwachsenen Rechte der Betroffenen gerichtet ist. Grundlage der Ansicht des Generalanwalts des EuGH war ein ähnlich gelagertes Urteil des EuGH im Hinblick auf die Richtlinie 95/464/EG, dem Vorgängermodell zur DSGVO. Auch diese stand nationalen Regelungen, welche die Klagebefugnis von Verbänden regelten, nicht entgegen. Laut de la Tour komme die Wahrung der Kollektivinteressen der Verbraucher durch Verbände dem Ziel der Datenschutz-Grundverordnung, ein hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten zu schaffen, besonders entgegen.

Der Facebook-Konzern Meta kündigte an, das Unternehmen würde die Stellungnahme des Generalanwalts analysieren.

noyb zeigt irische Datenschutzkommission an

30. November 2021

Der Verein des österreichischen Juristen und Datenschützers Maximilian Schrems noyb (none of your business) hat die irische Datenschutzkommission (DPC) bei der österreichischen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. Dabei wirft man der Behörde intransparentes Verhalten vor. In dem Verfahren bei der irischen Behörde geht es um die Einhaltung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) durch Facebook.

Non-Disclosure-Agreement vorgelegt

Zuvor hatte die Behörde noyb aufgefordert, innerhalb eines Arbeitstages eine Verschwiegenheitsvereinbarung (Non-Disclosure-Agreement, NDA) zu unterzeichnen. Ohne eine solche Geheimhaltungsvereinbarung zugunsten der DPC und Facebook würde die DPC die Rechte der Beschwerdeführerin noyb in einem laufenden Verfahren aussetzen.

Hintergrund

Maximilian Schrems führte in der Vergangenheit schon einige erfolgreiche Verfahren gegen den Social-Media Konzern. In dem eigentlichen Rechtsstreit (wir berichteten) geht es unter anderem um die Frage, ob Nutzer:innen tatsächlich eine Einwilligung oder einen Vertrag mit Facebook schließen, da Facebook als angebliche „Leistung“ Werbung anbiete. Laut Schrems wären damit die Vorschriften, die vorgeben, wie eine eindeutige Zustimmung aussehen müsse (und auch jederzeit widerrufen werden könne), hinfällig. Dies sei eine rechtswidrige Umgehung der DSGVO.

Fehlende Rechtsgrundlage und Verzögerungen

Die DPC lässt sich mit diesem und anderen Verfahren gegen Techkonzerne nach Einschätzung von Schrems zu viel Zeit. Auch der deutsche Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hatte seiner irischen Kollegin Helen Dixon vorgeworfen, die Verfahren zu verschleppen und ihr Zögern mit „falschen Aussagen“ zu verschleiern.

Aufgrund Facebooks Hauptsitz in Irland wurde die Beschwerde an die irische Datenschutzkommission weitergeleitet. Nach über drei Jahren erließ sie schließlich einen Entscheidungsentwurf. Nachdem noyb diese Entscheidung veröffentlicht hatte, forderte die DPC noyb auf, die Entscheidung der Datenschutzbehörde sowie noyb’s eigene Stellungnahmen zu löschen. Dies geschah ohne die Nennung einer Rechtsgrundlage, so der Datenschutzverein. Darüber hinaus sei die DPC außerhalb Irlands nicht zuständig. Aufgrund des Kooperationsmechanismus der DSGVO müssten die Dokumente über die österreichische Datenschutzbehörde zugestellt werden und unterlägen somit dem geltenden österreichischen Recht (§ 17 AVG). Wie die österreichische Datenschutzbehörde bestätigte, unterliegen derartige Verfahrensdokumente nicht der Geheimhaltung. Zum anderen gebe es auch nach irischem Recht keine gesetzliche Verpflichtung für die Parteien, Dokumente vertraulich zu behandeln, so noyb.

Maximilian Schrems: “Die irische Behörde hat die Verpflichtung uns zu hören, aber sie hat uns nun praktisch erpresst: Prozessrechte wurden davon abhängig gemacht, dass wir eine Verschwiegenheitsvereinbarung zu Gunsten der Behörde und Facebook unterzeichnen.”

Zeichen stehen auf Konfrontation

Für die Adventszeit hatte Schrems öffentliche Lesungen aus Dokumenten von Facebook und der irischen Datenschutzbehörde angekündigt. Inzwischen meldete sich auch der Datenschützer Johnny Ryan vom Irish Council for Civil Liberties zu Wort. Auch er habe in seiner Beschwerde gegen Google eine Verschwiegenheitserklärung von der irischen Behörde vorgelegt bekommen.

Die irische Behörde reagierte bisher nicht öffentlich auf die Vorwürfe.

Facebook schafft automatische Gesichtserkennung ab

3. November 2021

Der kürzlich in Meta umbenannte Internetkonzern Facebook stellt nach über zehn Jahren die Automatische Gesichtserkennung auf dem sozialen Medium ein.

In einem Blogeintrag auf der Website von Meta verkündete Jerome Pesenti, Vize-Chef der Abteilung für Künstliche Intelligenz, die Beendigung des Projekts der automatischen Gesichtserkennung. Seit 2010 identifiziert diese automatisch die auf den Fotos der Usern abgebildeten Personen. Dadurch wird eine Verknüpfung von Gesicht und Konto möglich gemacht. Laut Pesenti ergebe die Einstellung des Tools Nachteile, wie zum Beispiel Einschränkungen der Nutzbarkeit durch blinde User. Starke gesellschaftliche Kritik sowie eine unklare Gesetzeslage über den Einsatz der Technologie hätten jedoch zu der Abschaffung der automatischen Gesichtserkennung geführt.

Zudem kündigte Pesenti an, die zur automatischen Gesichtserkennung erhobenen Daten der User zu löschen. Dies betrifft rund eine Milliarde Nutzerdaten.

Bereits im Februar dieses Jahres unterlag Facebook einer Sammelklage, in welcher es um die Funktion der automatischen Gesichtserkennung ging, und wurde zu einer Zahlung von 650 Millionen US-Dollar verurteilt.

Wann die Software abgeschaltet wird und die erhobenen Daten gelöscht werden, ist jedoch noch unklar.

Daten von 400.000 Schülerinnen und Schülern im Netz abrufbar

28. Oktober 2021

Die Schul-App Scoolio hat die personenbezogenen Daten ihrer Nutzerinnen und Nutzer, also minderjähriger Schüler, nicht ausreichend geschützt. Das hat die IT-Sicherheitsaktivistin Lillith Wittmann mit ihren Kollegen des IT-Sicherheitskollektiv “Zerforschung” herausgefunden. Laut dem App-Anbieter wurden die Sicherheitslücken inzwischen geschlossen.

Die Sicherheitsforscher konnten über einen sogenannten Person-in-the-Middle-Proxy nachvollziehen, dass die Schnittstellen in der Kommunikation zwischen der App und den Nutzern nicht ausreichend gesichert waren. Dadurch konnten sie auf alle Daten von allen Nutzern zugreifen, also Nicknames, Geburtsdaten, E-Mail-Adresse und auch den Standort.

Die Missbrauchs-Potentiale sind groß, in der App können Chaträume wie “Christen” oder “LGBTQ” erstellt werden, sodass über die Mitgliedschaften auch Informationen über besondere Kategorien personenbezogener Daten erlangt werden können. Außerdem kann die App für Cybergrooming von Erwachsenen missbraucht werden. Es sei möglich gewesen, ein Profil für eine 33 Jahre alte Person anzulegen und damit Zutritt zur Chatgruppe “Suche Freund zwischen 12 und 13” zu bekommen.

Die in Dresden ansässige Scoolio GmbH hat die Sicherheitslücken nach mehr als 30 Tagen geschlossen, wichtige Schutzmaßnahmen aber kurzfristig umgesetzt. Aus diesem Grund hat der Datenschutzbeauftragte Sachsens keine weiteren Maßnahmen oder Bescheid erlassen. Der Verantwortliche habe sich kooperativ gezeigt und dankte auch den Sicherheitsforschern. Zusätzlich interessant ist, dass der Technologiegründerfonds Sachsen mit öffentlichem Geld aus Sachsen und der EU in Scoolio investiert hat.

Die irische Datenschutzbehörde befürwortet das Umgehen der DSGVO seitens Facebook

22. Oktober 2021

Hintergrund

Mit Einführung der DSGVO am 25.Mai 2018 erhielten Verbraucher besondere Rechte. Unter anderem sollte sichergestellt werden, dass große Konzerne die (sensiblen) personenbezogenen Daten ihrer Nutzer nicht gegen deren Willen sammeln und verarbeiten.

Von der Verarbeitung personenbezogener Daten lebt jedoch das Geschäftsmodell von Social Media Anbietern wie Facebook, denn durch die Auswertung des Nutzerverhaltens kann Werbung auf die jeweiligen Nutzer- Interessen genau zugeschnitten werden.

Facebook wendet bislang folgenden Trick an, um die personenbezogenen Nutzerdaten zu eigenen Zwecken verarbeiten zu können und damit die Voraussetzungen der DSGVO zu umgehen: Die Einwilligung wurde vollständig in die AGB verschoben, denen potenzielle Nutzer zustimmen müssen, um Facebook überhaupt benutzen zu können. Auf eine separate Einwilligung verzichtete Facebook. So werden strenge Anforderungen der DSGVO, wie die freiwillige Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten und das jederzeitige Widerspruchsrecht hinsichtlich dessen, umgangen. Die Betroffenenrechte der DSGVO sind so praktisch ausgehebelt. Facebooks rechtliche Argumentation ist simpel: Wird die Vereinbarung als “Vertrag” gemäß Art. 6 Abs.1 lit.b DSGVO statt als “Einwilligung” gemäß Art.6 Abs.1 lit.a DSGVO ausgelegt, sollen die strengen Vorschriften der DSGVO für den Konzern nicht mehr gelten.

Dem österreichischen Juristen und Datenschutz-Aktivisten Max Schrems entgingen Facebooks Änderungen nicht. Er reichte damals Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde in Irland ein. Die hat nun, mehr als drei Jahre später, eine vorläufige Entscheidung getroffen. Es ist ein Bußgeld in Höhe von 28 bis 36 Millionen Euro für Facebook vorgesehen. Allerdings soll Facebook weiterhin an seiner Art und Weise der Zustimmungspraxis festhalten dürfen. Kritisch wurde lediglich die Herangehensweise von Facebook angemerkt. So habe Facebook auf die Verschiebung der Einwilligung zur Datennutzung in die AGB nicht transparent hingewiesen. Dies ist sodann auch der Grund für das Bußgeld in Höhe von 28 bis 36 Millionen.

Aktuell

Letzte Woche schickte die irische Datenschutzbehörde ein Schreiben an NOYB, dessen Vorsitzender Max Schrems ist.  In diesem Schreiben wird NOYB dazu aufgefordert, einen Entscheidungsentwurf unverzüglich von ihrer Website zu entfernen und von jeder weiteren oder sonstigen Veröffentlichung oder Weitergabe desselben abzusehen. Zuvor legte die irische Datenschutzbehörde den anderen europäischen Datenschutzbehörden einen “Entscheidungsentwurf“ bezüglich des juristischen Tricks, mit dem Facebook die DSGVO umgeht, vor. Diesen Entscheidungsentwurf hat NOYB sodann veröffentlicht. NOYB weist jede Aufforderung seitens der irischen Datenschutzbehörde ab, den Entwurf zu entfernen; gemäß Art. 80 DSGVO sieht sich NOYB in der Pflicht, mit den Behörden zusammenzuarbeiten und die Entwicklung der DSGVO zu verfolgen. Hierunter fallen auch Veröffentlichungen von Entscheidungen, die für die Öffentlichkeit von Bedeutung sind.

225 Millionen Euro Strafe gegen WhatsApp

3. September 2021

WhatsApp wurde von der irischen Datenschutzbehörde zu einer Rekordstrafe von 225 Millionen Euro verurteilt. Da WhatsApp zu Facebook gehört und der EU-Hauptsitz der Social-Media-Plattform in Irland liegt, ist die irische Aufsichtsbehörde für WhatsApp zuständig.

Die Strafe ist die Folge einer seit drei Jahren laufenden Untersuchung. Zu dem Zeitpunkt wurde in der EU eine neue DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) aktiv, bei der es um personenbezogenen Datenaustausch zwischen Firmen und Nutzern geht. Gerügt wurde, dass das Unternehmen gegen die Transparenz bei der Weitergabe von Personendaten an andere Facebook-Unternehmen verstoßen habe. Auch habe es die Nutzer nicht ausreichend über die Verarbeitung ihrer Daten informiert. WhatsApp hat bereits angekündigt Berufung einzulegen.  


Die irische Datenschutzbehörde teilte mit, dass sie ihre Entscheidung, wie in der DSGVO vorgeschrieben, “nach einer langwierigen und umfassenden Untersuchung” anderen nationalen Datenschutzbehörden vorgelegen und Einwände aus acht Ländern, darunter Deutschland, Frankreich und Italien, erhalten habe. Dabei stimmten einige Länder in gewissen Punkten nicht mit der irischen Aufsichtsbehörde überein; u.a. was die Höhe der Geldstrafe angehe oder auch gegen welche spezifischen Artikel der DSGVO vorliegend verstoßen werde.  Ende Juli forderte der Europäische Datenschutzausschuss die irische Datenschutzbehörde dann dazu auf, ihre Feststellungen zu überarbeiten und die vorgeschlagene Geldbuße neu zu bewerten.
Eine höhere Strafe gab es bisher nur bei Amazon, die im Juli von der luxemburgischen Datenschutzbehörde eine Strafe in Höhe von 886,6 Millionen Euro auferlegt bekommen haben.

Ein Firmensprecher erklärte, WhatsApp sei bestrebt, einen sicheren und privaten Dienst anzubieten. „Wir haben uns dafür eingesetzt, dass die von uns bereitgestellten Informationen transparent und umfassend sind, und werden dies auch weiterhin tun.“ WhatsApp sei mit der aktuellen Entscheidung der irischen Datenschutzkommission in Bezug auf die Transparenz, die man den Menschen im Jahr 2018 geboten haben, nicht einverstanden. Die Strafe sei völlig unverhältnismäßig. „Wir werden gegen diese Entscheidung Rechtsmittel einlegen“, erklärte der WhatsApp-Sprecher.

Schrems vs. Facebook: Vorlagefragen des OGH an den EuGH

27. August 2021

Der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) hat im Rechtsstreit von Max Schrems gegen Facebook den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, um einzelne Fragen überprüfen zu lassen. Die Fragen beziehen sich auf die Rechtmäßigkeit der Datennutzung durch Facebook bei allen Nutzer:innen innerhalb der EU. 

Das zuständige Landesgericht urteilte im Sommer, dass die Datenverarbeitung vertrags- und rechtskonform sei. Diese Ansicht teilte auch das Oberlandesgericht Wien. Im März wandte sich Schrems dann an den OGH.

Einwilligung oder Vertrag zur Datennutzung

In dem Rechtsstreit geht es unter anderem um die Frage, ob Nutzer:innen tatsächlich eine Einwilligung oder einen Vertrag mit Facebook schließen, da Facebook als angebliche “Leistung” Werbung anbiete. Da diese beiden Rechtsgrundlagen in der DSGVO verschieden geregelt seien, argumentiert Facebook, dass die Regeln der DSGVO zur Einwilligung nicht mehr anwendbar wären. Laut Schrems wären damit die Vorschriften, die vorgeben, wie eine eindeutige Zustimmung aussehen müsse (und auch jederzeit widerrufen werden könne), hinfällig. Dies sei eine rechtswidrige Umgehung der DSGVO.

Werbe-Targeting und Verarbeitung sensibler Daten

Entscheiden soll der EuGH nun auch konkrete Fragen rund ums Werbe-Targeting. Dazu gehört auch die Fragestellung, ob die Verwendung aller personenbezogener Daten der Nutzer:innen auf Facebook sowie aus vielen anderen Quellen, wie etwa Websites, die Facebook “Like”-Buttons oder Werbung verwenden, mit der DSGVO und dem Grundsatz der “Datenminimierung” vereinbar ist.

Des Weiteren beziehen sich die Fragen auch auf die Problematik der Filterung und Verwendung sensibler Daten, wie beispielsweise politische Ansichten oder sexuelle Orientierung für personalisierte Werbung. “Diese weiteren Fragen sind extrem wichtig, da Facebook dann selbst bei einer gültigen Einwilligung möglicherweise nicht mehr alle Daten für Werbung nutzen darf”, so Schrems dazu. Zusätzlich müsste der Konzern dann möglicherweise sensible Daten wie politische Ansichten oder Daten zur sexuellen Orientierung herausfiltern.

Anspruch auf Schadensersatz möglich

Vor dem OGH konnte Schrems bereits einen Teilerfolg verbuchen. Das Gerichts sprach ihm 500 Euro Schadensersatz zu, da Facebook ihm keinen vollen Zugang zu den über ihn gespeicherten Daten gewährt hatte. Der Konzern habe Schrems damit „massiv genervt“, daraus begründe sich ein berechtigter Anspruch auf Schadensersatz.

“Verliert Facebook vor dem EuGH, müssten sie nicht nur damit aufhören Daten zu missbrauchen und illegal gesammelte Daten löschen, sondern auch Millionen von Nutzer:innen Schadenersatz zahlen. Wir sind über die Vorlage daher sehr glücklich”, so Max Schrems.

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