Kategorie: Wettbewerbsrecht

Verbände legen Beschwerde gegen Apple beim Bundeskartellamt ein

28. April 2021

Apples neue Datenschutzfunktionen sorgen für Unruhe unter mehreren Medien- und Werbeverbände. Nun haben sie Wettbewerbsbeschwerde gegen den US-Konzern beim Bundeskartellamt eingelegt.

Künftig sollen Apps auf Apples Endgeräten, konkret dem iPhone und iPad mit Softwareversion iOS 14.5, den Benutzer um Erlaubnis fragen, bevor dessen Verhalten für Werbezwecke verfolgt werden kann. Das neue Verfahren mit dem Namen „App Tracking Transparency“ (ATT) kündigte Apple bereits vergangenen Sommer an, hatte die tatsächliche Einführung allerdings verschoben, um App-Anbietern Zeit für die Umstellung zu geben. Vor allem der Streit mit Facebook in Bezug auf Apples geplanten Änderungen sorgte dabei für große Aufmerksamkeit (wir berichteten). Da nun die Möglichkeit besteht, dass viele Benutzer einem Tracking nicht zustimmen, fürchten viele Anbieter um ihr Werbegeschäft.

Der Grund für die Beschwerde vor dem Bundeskartellamt ist allerdings ein anderer. Während Apps von Drittanbieter eine wirksame Einwilligung einholen müssen, geht Apple selbst einen anderen Weg. Eigene Dienste sind von der Änderung nämlich ausgenommen und können weiterhin die Daten der Nutzer sammeln. Die Beschwerdeführer, unter anderem der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW, die Organisation der Mediaagenturen OMG, der Markenverband, sowie die Verlegerverbände BDZV und VDZ sehen darin einen Versuch, „der Werbewirtschaft den Zugriff auf wettbewerbsrelevante Daten unzulässig zu erschweren“ und die Medienvielfalt zu gefährden. Damit muss nun eine Entscheidung des Bundeskartellamtes abgewartet werden.

Über die weitere Enwicklung werden wir Sie hier auf dem Laufenden halten

Facebook-Klage des Bundeskartellamts vor dem EuGH: von Düsseldorf nach Luxemburg

31. März 2021

Das Bundeskartellamt will das Datensammeln von Facebook einschränken. Dies sollten Richter vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf klären. Nun hat das OLG Düsseldorf im Rechtsstreit zwischen Facebook und dem Bundeskartellamt einige entscheidungserhebliche Fragen zum EU-Datenschutzrecht dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg zur Vorabentscheidung vorgelegt. 

Bisheriger Ablauf des Verfahrens

Das Bundeskartellamt hatte dem US-Internetkonzern im Jahr 2019 Beschränkungen für den Austausch von Daten auferlegt, worüber wir bereits berichteten. Die Behörde argumentierte: das Ausmaß, in dem Facebook Daten ohne Zustimmung der User sammelt und zwischen seinen Diensten teilt, stelle einen Missbrauch seiner Marktmacht dar. 

Die Behörde hatte dem Konzern untersagt, Nutzerdaten der Facebook-Töchter WhatsApp und Instagram sowie Webseiten anderer Anbieter mit den Facebook-Konten der Nutzer zu verknüpfen, sofern der Nutzer in diese Datenerhebung und Datenverwendung nicht zuvor nach den Bestimmungen der DSGVO eingewilligt hat. Und falls die User ihre Erlaubnis nicht geben, dürfe Facebook sie nicht von den Diensten ausschließen. Eine solche Entflechtung der Datenströme hätte weitreichende Folgen für Facebooks Geschäftsmodell.

Der Präsident des Bundeskartellamts hatte damals insbesondere die Zusammenführung der Daten von unterschiedlichen Plattformen (Facebook, WhatsApp und Instagram) kritisiert. Der Düsseldorfer Oberlandesrichter Jürgen Kühnen erklärte seinerseits, dass die Datennutzung durch Facebook nicht zu einem Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung führe. Wie wir bereits berichteten, folgte eine Berufungsklage des Kartellamts vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Der BGH teilte die Meinung der Bundeskartellbehörde.

Entscheidung im Hauptsacheverfahren

Nun befasste sich das Düsseldorfer Gericht im Hauptsacheverfahren erneut mit der Akte, um ein endgültiges Urteil zu verkünden. Die zentrale Frage lautet: Dürfen Wettbewerbshüter das Kartellrecht als Werkzeug benutzen, um den Datenschutz durchzusetzen – oder überschreiten sie damit ihre Kompetenz? Dabei kam das Gericht laut Pressemitteilung zu folgendem Ergebnis: „Ob Facebook seine marktbeherrschende Stellung als Anbieter auf dem Markt für soziale Netzwerke deshalb missbräuchlich ausnutzt, weil es die Daten seiner Nutzer unter Verstoß gegen die DSGVO erhebt und verwendet, kann ohne Anrufung des EuGH nicht entschieden werden.“ Das OLG kann somit nicht ohne das EU-Gericht entscheiden, ob der US-Internetkonzern seine marktbeherrschende Stellung ausnutzt, weil er Daten seiner Nutzer unter Verstoß gegen Regeln des Datenschutzes sammelt und verwendet. Denn zur Auslegung des europäischen Rechts sei der EuGH berufen.

Dabei bekräftigte Kühnen die frühere Beurteilung seines Gerichts. Das OLG wird in den kommenden Wochen eine formelle schriftliche Eingabe an den EuGH machen und den Fall offiziell übergeben.

Ausblick

Der EuGH soll entscheiden, ob der US-Internetkonzern eine marktbeherrschende Stellung ausnutzt, indem er Daten seiner Nutzer und Nutzerinnen unter Verstoß gegen Regeln des Datenschutzes sammelt und verwendet. Zu klären ist zudem, ob eine nationale Kartellbehörde DSGVO-Verstöße feststellen und dagegen vorgehen kann. Auch die Definition sensibler Daten soll genauer eingegrenzt werden. Bis zu einer Antwort wird das Verfahren am OLG ausgesetzt.

„Energieversorgerpool“ darf nicht zu gläsernen Verbrauchern führen

22. März 2021

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hat am 15.03.2021 einen Beschluss veröffentlicht, der den von Auskunfteien und Energieversorgern geplanten Energieversorgerpool zum Thema hat.

Der Energieversorgerpool ist eine zentrale Datenbank, in der Daten von Kunden zu Strom- und Gasverträgen gespeichert werden sollen. Hintergrund ist, dass viele Kunden sich von Neukundenangebot zu Neukundenangebot hangeln, um entsprechende Neukundenboni abzugreifen (s.g. Bonushopper). Um diesem, aus Sicht der Energieversorger unliebsamen Verbraucherverhalten entgegenzutreten, sollen solche Bonushopper in einer speziellen Datenbank gespeichert werden.

Die DSK bewertet diese als Energieversorgerpool benannte Datenbank als rechtswidrig. Nach Auffassung der DSK hat jeder Bürger „das Recht, den Wettbewerb zwischen den Energieversorgern zu nutzen und am Markt nach günstigen Angeboten zu suchen.

Es war gerade das Ziel des Gesetzgebers, durch die Liberalisierung des Energiemarktes einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas zu ermöglichen. Der Versuch, preisbewusste und wechselfreudige Verbraucher*innen zu identifizieren und sie ggf. von bestimmten Angeboten auszuschließen, liefe dieser Zielsetzung zuwider.“

Zwar soll die Datenbank, neben den „schwarzen Schafen“ in Form der Schnäppchenjäger, auch langjährige loyale Kunden umfassen – quasi als Positivdaten – jedoch haben alle Kunden gleichermaßen das Recht, dass ihre Daten nicht über den Vertragszweck hinaus verarbeitet werden dürfen.

Die DSK verneint in der Speicherung und Übermittlung der Kundendaten an einen Energieversorgerpool ein berechtigtes Interesse der Energieversorger gem. Art. 6 Absatz 1 Satz 1 lit. f) DS-GVO und sieht darin einen gefährlichen Schritt auf dem Weg zum gläsernen Verbraucher.

OVG Saarlouis: Daten aus E-Mail-Angaben dürfen Unternehmen nicht für Telefonwerbung verwenden

19. März 2021

Personenbezogene Daten, die Verbraucher in E-Mails angeben, dürfen von Unternehmen nicht für andere Werbezwecke genutzt werden. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Saarlouis durch Beschluss vom 16.02.2021 (Az. 2 A 355/19) und bestätigte damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts Saarlouis vom 29.10.2019 (Az. 1 K 732/19). Durch die Angabe einer Telefonnummer in einer E-Mail, willigt der Verbraucher nicht automatisch in Werbeanrufe ein. Nutzen Unternehmen die Telefonnummer für Werbeanrufe, liegt darin ein Verstoß gegen die DSGVO.

Hintergrund der Entscheidung:

Die Klägerin, ein Unternehmen, ist im Bereich der Versicherungsvermittlung, der Vermögensanlage sowie der Finanzierung tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit betrieb sie auch telefonische Werbetelefonate. Zwei Betroffene, die ebenfalls zu Werbezwecken von der Klägerin kontaktiert worden waren, beschwerten sich bei der zuständigen Datenschutzbehörde (Beklagten) darüber und gaben an, niemals eine Einwilligung in eine solche Werbeansprache erteilt zu haben. Die Datenschutzbehörde erließ nach Anhördung der Klägerin daraufhin eine Anordnung, in der sie die Klägerin zur Einstellung der Verarbeitung personenbezogener Daten für Werbezwecke nach Art. 58 Abs. 2 lit. f DSGVO sowie zur Löschung der Daten der betroffenen Personen nach Art. 58 Abs. 2 lit. g DSGVO aufforderte. Zur Begründung führte sie an, vorliegend seien Name, Adresse und Telefonnummer der Betroffenen als personenbezogene Daten gem. Art. 4 Nr. 1 DSGVO erhoben und letztere zu Zwecken des telefonischen Direktmarketings ohne Einwilligung der Betroffenen durch das Unternehmen verwendet worden.

Dagegen erhob das Unternehmen Klage und gab an, eine wirksame Einwilligung sei durch ein vollständig durchlaufendes Double-Opt-In-Verfahren eingeholt worden.

Double-Opt-In

Bei diesem Verfahren erklärt der Nutzer in einem ersten Schritt seine Zustimmung zur Aufnahme in eine Verteilerliste durch die einmalige Eingabe seiner E-Mail-Adresse (sog. Single/Einfaches-Opt-In). In einem zweiten Schritt erhält er eine sich anschließende Bestätigungs-E-Mail mit der Möglichkeit, die Anmeldung zu bestätigen. Erst mit dieser Bestätigung wird die Registrierung wirksam und das Double-Opt-In abgeschlossen.

Im konkreten Fall hätten die Betroffenen sich für ein Gewinnspiel eingetragen, woraufhin sie eine Bestätigungs-E-Mail erhielten, die diese auch bestätigten, so die Klägerin. Zum Beweis dafür wies sie eine entsprechende Online-Registrierung aus, in der eine E-Mail-Adresse und der Eingang einer Bestätigungsmail vermekt waren.

Die Betroffenen verneinten die Eintragung in einen solchen Verteiler und eine entsprechende Bestätigung.

Die Entscheidung der Gerichte

Das Verwaltungsgericht wies die Klage des Unternehmens ab, mit der Begründung, dass über das Double-Opt-In-Verfahren nur eine Einwilligung per E-Mail-Werbung generierbar sei, nicht aber auch für Telefonwerbung. Dies bestätigte das Oberverwaltungsgericht nun. Das Double-Opt-In Verfahren per E-Mail sei nicht zum Nachweis der Einwilligung in Telefonwerbung geeignet. Die Anforderungen an eine rechtmäßige Verarbeitung gem. Art. 6 Abs. 1 DSGVO erfüllte die Klägerin nicht. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO ist eine Verarbeitung nur dann rechtmäßig, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat. Beruht die Verarbeitung auf einer Einwilligung, muss der Verantwortliche gem. Art. 7 Abs. 1 DSGVO nachweisen können, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat. Diese konkreten Nachweise konnte die Klägerin im vorliegenden Fall nicht erbringen. Auch ein Rückgriff auf das in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO bezeichnete “berechtigte Interesse”, sei der Klägerin, so das OVG, verwehrt. Dies begründete es damit, dass die Bewertungsmaßstäbe des § 7 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), auch im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO berücksichtigt werden müssen. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber dem Verbraucher, ohne dessen vorherige ausdrückliche Enwilligung. Eine Berücksichtigung etwaiger “berechtigter Interessen” des Werbenden sei in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG aber nicht vorgesehen.

Fazit

Unternehmen dürfen Telefonnummern, die sie durch das Double-Opt-In-Verfahren per E-Mail erlangt haben, nicht für Werbeanrufe nutzen. Bei einem Verstoß gegen das UWG und der DSGVO drohen hohe Bußgelder.

BVerfG: Vorlage an EuGH wegen Schadensersatz für Datenschutzverstöße

23. Februar 2021

Ein Unternehmen begeht einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, der betroffenen Person entstehen durch den Datenschutzverstoß aber keine materiellen Schäden. Sind nun immaterielle Schäden zu ersetzen? Wie ist dieser zu bemessen? Oder muss der Schaden eine gewisse Erheblichkeit aufweisen? Letztere Frage sieht das BVerfG als nicht geklärt an, sodass mit Beschluss vom 14.01.2021 (Az. 1 BvR 2853/19) ein Urteil des Amtsgericht Goslar aufgehoben wurde. Die Frage soll dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens vorgelegt werden. Dieser soll entscheiden, wie die Regelung des Art. 82 Abs. 1 DS-GVO zum Schadensersatz auszulegen ist.

Hintergrund

Das BVerfG hatte über eine Verfassungsbeschwerde wegen der Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) zu entscheiden. Anstoß für die Verfassungsbeschwerde war ein Urteil des AG Goslar vom 27. September 2019 (Az. 28 C 7/19). Das Amtsgericht hatte u.a. entschieden, dass dem Kläger kein Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO wegen einer widerrechtlich verschickten Werbe-E-Mail zustehe, weil mangels Erheblichkeit des Vorgangs kein Schaden vorliege. Diese Frage hätte – so das BVerfG – jedoch nach Art. 267 Abs. 3 AEUV dem EuGH vorgelegt werden müssen, da es sich um eine ungeklärte Frage des europäischen Rechts handelt. Indem das Amtsgericht auf diese Vorlage verzichtet hat, habe es die Grundrechte des Klägers verletzt. Somit sei das Urteil aufzuheben. Es wird nun dem AG Goslar obliegen, die offene Frage der Auslegung des Art. 82 Abs. 1 DS-GVO dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen.

Bedeutung der Entscheidung

Die Relevanz der Vorlage an den EuGH ist aus praktischer Sicht immens. Art. 82 Abs. 1 DS-GVO gewährt von Datenschutzverstößen betroffenen Personen einen Schadensersatzanspruch, wenn diesen ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist. Materielle Schäden sind vergleichsweise leicht zu beziffern, bleiben in der Praxis jedoch die Ausnahme. Immaterielle Schäden – also kein Vermögensschaden, sondern z.B. bei Verletzung der Ehre oder der Freiheit – sind wegen des Datenschutzverstoßes gewissermaßen immanent: Jeder Verstoß gegen das Datenschutzrecht verletzt die Freiheit des Betroffenen, darüber entscheiden zu können, wie mit den eigenen Daten verfahren wird. Wie jedoch der dadurch entstandene immaterielle Schaden zu bemessen ist, bleibt Gegenstand zahlreicher Entscheidungen und Diskussionen, sodass hier noch keine Gewissheit besteht. Das AG Goslar schien diese Frage offenbar umgehen zu wollen, indem durch die Bezugnahme auf ein Erheblichkeitskriterium bereits das Bestehen eines Schadens verneint wird.

Ausblick

Eine Erheblichkeitsschwelle ist jedoch weder in der DS-GVO selbst noch in ihren Erwägungsgründen vorgesehen. Im Falle eines Vorabentscheidungsverfahrens wird der EuGH dazu Stellung nehmen müssen, ob ein solches Kriterium herangezogen werden kann und diese Frage vermutlich verneinen. Spannend wird jedoch sein, ob sich der Gerichtshof darüber hinaus zur Auslegung des Art. 82 Abs. 1 DS-GVO äußert und somit die Bemessung des immateriellen Schadensersatzes erleichtert. Auszuschließen ist dies nicht, allzu große Hoffnungen auf eine Klärung dieser Frage sollte sich sowohl die Praxis als auch die Rechtswissenschaft aber wohl nicht machen.

Verbraucherschutzverbände rügen Datenschutzverstöße: BGH mit Vorlage an den EuGH

2. Juni 2020

Mit Beschluss vom 28.05.2020 (Az.: I ZR 186/17) hat der BGH entschieden, dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob unter Anderem Verbraucherschutzverbände berechtigt sind, Datenschutzverstöße gerichtlich geltend machen zu können. Konkret geht es um die Frage, “ob die in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutzgrundverordnung) getroffenen Bestimmungen nationalen Regelungen entgegenstehen, die – neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen – einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen.”

Der Sachverhalt

In dem Verfahren, das durch den BGH nun bis zur Entscheidung des EuGHs über die Vorlagefrage ausgesetzt wurde, geht es um eine Auseinandersetzung zwischen Facebook Ireland Limited und dem Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer. Facebook hatte in seinem Netzwerk im Jahr 2012 ein sog. “App-Zentrum” installiert, über welches Nutzer Online-Spiele anderer Anbieter spielen konnten. In diesem Rahmen wurde auch auf die erfolgende Datenverarbeitung hingewiesen und eine Einwilligung der Nutzer eingeholt. Diese Einwilligung beurteilte der Verbraucherschutzverband als nicht datenschutzkonform und machte wegen des Rechtsbruchs wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG geltend.

Zur Vorlagefrage

Der BGH möchte nun überprüfen lassen, ob Mitbewerber, Verbände u.ä. Verstöße gegen das Datenschutzrecht gerichtlich geltend machen können, obwohl sie nicht in ihren eigenen Rechten verletzt und auch nicht durch die verletzten Betroffenen mit der Geltendmachung ihrer Recht betraut worden sind. Diese Frage werde, so der BGH, in Rechtsprechung und Fachliteratur unterschiedlich beantwortet. Teilweise werde die Auffassung vertreten, Art. 80 DS-GVO enthalte eine abschließende Regelung zur Durchsetzung der in der Verordnung getroffenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Nationale Regelungen, die dieser Regelung widersprechen, wären damit unionsrechtswidrig. Andere hielten die in der Datenschutzgrundverordnung zur Rechtsdurchsetzung getroffenen Regelungen nicht für abschließend; somit wären nationale Regelungen, welche die Möglichkeit vorsehen, dass z.B. Verbraucherschutzverbände Datenschutzverstöße als Wettbewerbsverstöße geltend machen können, grundsätzlich möglich.

Der BGH weist auch darauf hin, dass sich der EuGH mit dieser Frage bereits einmal befasst hat. Mit Urteil vom 29.07.2019 (Az.: C-40/17) hatte der EuGH entschieden, dass die gesetzlichen Regelungen einer Klagebefugnis von Verbänden nicht entgegenstehen. Allerdings erging dieses Urteil noch zur Datenschutz-Richtlinie, sodass nicht klar sei, ob diese Frage unter Geltung der Datenschutz-Grundverordnung gleich zu beantworten ist.

OLG Stuttgart: Verletzung von Informationspflichten (Art. 13 DSGVO) als Wettbewerbsverstoß nach UWG

4. März 2020

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit seinem Urteil vom 27.02.2020 (2 U 257/19) dazu Stellung genommen, ob der Verstoß gegen die Informationspflichten aus Art. 13 DSGVO einen Wettbewerbsverstoß im Sinne des UWG darstellen und somit einen Unterlassungsanspruch nach § § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 3a UWG begründen kann. Dies wurde durch das Gericht bejaht.

Voraussetzung für diesen Unterlassungsanspruch ist eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 UWG. Eine solche begeht, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und wenn der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Erforderlich ist also ein Marktbezug der Vorschrift, gegen welche verstoßen wurde. Dies wurde durch das Gericht mit Blick auf Art. 13 DSGVO, insbesondere deswegen bejaht, weil den Informationen über den Verantwortlichen eine verbraucherschützende Funktion zukomme. Aber auch die Angaben etwa über Zwecke und Dauer der Verarbeitung schützten Informationsinteresse sowie Entscheidungs-und Verhaltensfreiheit der Verbraucher in Bezug auf die Marktteilnahme und begründeten daher einen Marktbezug der Norm.

Des Weiteren befasste sich das Gericht ausführlich mit der Frage, ob den Ansprüchen und Sanktionsmechanismen der DSGVO ein abschließender Charakter zukommt, sodass der Unterlassungsanspruch des UWG von diesen verdrängt wird. Dies verneinte das Gericht und verwies darauf, dass der erforderliche abschließende Charakter insoweit weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte der Verordnung zu schließen sei. Die Rechtsdurchsetzung bei Verstößen gegen die DSGVO sei demnach auch mittels des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch möglich.

Mit dieser Entscheidung bewegt sich das OLG Stuttgart im Fahrwasser der bisher überwiegenden Rechtsprechung (etwa OLG Hamburg, Urt. v. 25.10.2018 – 3 U 66/17, LG Würzburg, Beschluss vom 13.9.2018 – 11 O 1741/18 UWG, OLG Naumburg, Urt. v. 7.11.2019 – 9 U 39/18 zur unwirksamen Einwilligung). Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage wurde die Revision zugelassen. Insofern ist die weitere Entwicklung aufmerksam zu verfolgen, ist die Streitfrage doch von enormer Relevanz in der unternehmerischen Praxis.

OLG München: Urteil zur Sperrwirkung der DSGVO

27. Mai 2019

In seinem Urteil vom 07.02.2019 (Az.: 6 U 2404/18) hat sich das OLG München mit dem Verhältnis des Wettbewerbsrechts (insbesondere UWG) zum europäischen Datenschutzrecht auseinandergesetzt. Die Parteien des Rechtsstreits stritten über die Zulässigkeit von Telefonanrufen zu Werbezwecken.

Das Gericht bestätigt die Feststellung des erstinstanzlichen Gerichts, dass die Beklagte mit einem Telefonanruf ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des angerufenen Marktteilnehmers gegen das in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG geregelte Verbot verstoßen habe.

Nach Urteil des BGH „double-opt-in-Verfahren“ (GRUR 2011, 936) stehe § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG mit dem Unionsrecht im Einklang.
Art. 13 Abs. 3 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (Richtlinie 2002/58/EG) erlaube ausdrücklich mitgliedstaatliche Regelungen, nach denen Telefonwerbung ohne Einwilligung des Betroffenen nicht gestattet ist (sog. „opt-in“).
Ansprüche nach dem UWG werden nicht durch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen der DSGVO und auch der – derzeit sich noch im europäischen Gesetzgebungsverfahren befindlichen – ePrivacy Verordnung gesperrt. Vielmehr kommen beide Vorschriften im Rahmen ihres Regelungsgehalts nebeneinander zur Anwendung.

Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass das wettbewerbsrechtliche Belästigungsverbot nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, auch angesichts des Unionsrechts, insbesondere auch im Hinblick auf die DSGVO, nach diesem Urteil anwendbar bleibt.

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Niedersachsen schlägt Änderung datenschutzrechtlicher Bestimmungen im Bundesrat vor

9. April 2019

Die niedersächsische Landesregierung hat am 03.04.2019 den Entwurf eines Entschließungsantrages in den Bundesrat eingebracht (BR Drs 144/19). Hintergrund des Antrages ist, dass das Ziel der DSGVO, den Schutz personenbezogener Daten sicherzustellen, nicht erreicht werden kann, wenn Unternehmen, Behörden und weitere Einrichtungen, die personenbezogene Daten verarbeiten, die neuen Regelungen nicht anwenden (können). Niedersachsen gibt in seinem Antrag an, dass laut einer Studie des Verbands Bitkom nur etwa ein Viertel der deutschen Unternehmen angeben, die DSGVO vollständig umgesetzt zu haben. Eine der größten Hürden sei die hohe Rechtsunsicherheit, welche sich durch die Flut von Anfragen bei den Datenschutzbehörden abzeichne.

Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowie ehrenamtliche Einrichtungen seien in ihrem Arbeitsalltag stärker durch die Anforderungen der DSGVO eingeschränkt und müssen entlastet werden. Das Land Niedersachsen schlägt deshalb vor, § 38 BDSG, also die Anforderungsschwelle zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten, anzupassen. Der Bundesrat soll die Bundesregierung auffordern, „hier nachzubessern und die in § 38 Abs. 1 S. 1 BDSG genannte Mindestanzahl von zehn Personen deutlich anzuheben“. Ein Vorschlag für eine neue Schwelle wird nicht gemacht. Diese Forderung könnte jedoch dem Missverständnis zu Grunde liegen, dass viele kleinere Unternehmen oder Verbände denken, dass eine Pflicht zur Benennung gleichbedeutend mit der Pflicht zur Einhaltung des Datenschutzrechts an sich ist. Sollte die Schwelle angehoben werden, besteht eventuell die Gefahr, dass kleinere Einheiten davon ausgehen, dass, wenn sie keinen Datenschutzbeauftragten benennen müssen, auch die übrigen Anforderungen der DSGVO für sie nicht verpflichtend sind.

Zudem schlägt die Landesregierung vor, die Meldefrist für Datenpannen nach Art. 33 Abs. 1 DSGVO auf ihre Angemessenheit zu prüfen. „Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, zu evaluieren, ob diese Frist tatsächlich angemessen ist. Sofern die Frist sich in der Praxis als unangemessen kurz erweisen sollte, bittet der Bundesrat die Bundesregierung auf eine Verlängerung der Frist hinzuwirken“.

Außerdem verlangt die niedersächsische Landesregierung, insbesondere für KMUs gesetzlich auszuschließen, dass Datenschutzverstöße wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden können. Die Geltendmachung von Datenschutzverstößen durch zugelassene Verbraucherschutzvereinigungen nach dem Unterlassungsklagegesetz soll laut des Antrags jedoch davon unberührt bleiben.

Schließlich möchte Niedersachsen eine Ausnahmeregelung bzw. Erleichterung für die vorübergehende Datennutzung zu Erprobungs- und Testzwecken erwirken. „Der Bundesrat bittet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund zu prüfen, ob und wie Ausnahmen bzw. Erleichterungen für die Verarbeitung personenbezogener Daten für Erprobungs- und Testzwecke in die datenschutzrechtlichen Bestimmungen implementiert werden können und dies entsprechend umzusetzen.“

Zusammenführung der Messenger von Facebook, WhatsApp und Instagram

31. Januar 2019

Auf dem Markt befinden sich derzeit mehrere unterschiedliche Messenger. Die bekanntesten davon sind Facebook, Instagram und WhatsApp. Um mit dem gesamten Bekanntenkreis in Kontakt zu bleiben, ist oft erforderlich, gleich zahlreiche Accounts zu verwenden, da die Kommunikation zwischen den Diensten nicht möglich ist. Dies soll sich jedoch in absehbarer Zeit ändern. Mark Zuckerberg hat nun angeordnet, die Chat-Technik der drei Dienste zu verschmelzen, wie die New York Times zuerst berichtete.

Die geplante Zusammenführung der Messenger würde ein Kommunikationsmonopol errichten und gleichzeitig große Sicherheitsfragen aufwerfen. Insgesamt würden die drei Dienste auf gut 2,6 Milliarden Nutzer kommen. Die Zusammenführung steht zunächst vor der Hürde, eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für alle Dienste zu implementieren. Dies ist technologisch einfacher gesagt als getan. Selbst wenn die Verschlüsselung zum Standard wird, dürften die User sich der Frage stellen, welche Daten sie nun eigentlich mit welcher Plattform teilen.

Es gibt zwar noch keine Einzelheiten dazu, ob die Nutzerdaten über alle Dienste hinweg geteilt werden. Aus Marketingsicht wäre dieser Schritt jedoch nur logisch. Für Nutzer, die ihre Daten auf einen Dienst beschränken wollen, wäre dies jedoch ein Problem. Bundesjustizministerin Katarina Barley kritisiert das Vorhaben des Internetkonzerns Facebook, seine sozialen Netzwerke und Sofortnachrichten zu verknüpfen. “Die EU hat ein scharfes Wettbewerbsrecht und seit einem halben Jahr auch ein starkes Datenschutzrecht.” Beide sähen Sanktionen vor. “Dieses Recht werden wir gegenüber Datenmonopolisten konsequent durchsetzen”, sagte Barley gegenüber der WirtschaftsWoche.