Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln sorgt für Aufsehen: Das Gericht lehnte am 23. Mai 2025 einen Eilantrag der Verbraucherzentrale NRW ab. Damit wurde Meta vorläufig erlaubt, ab dem 27. Mai 2025 Facebook- und Instagram-Inhalte für KI-Training zu verwenden, sofern Nutzer nicht widersprechen. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider kritisiert das Urteil scharf.

Das Problem mit Metas KI-Trainingsdaten

Im Zentrum des juristischen Streits vor dem OLG Köln steht die Frage, ob Meta personenbezogene Daten aus öffentlich zugänglichen Nutzerprofilen für das Training seiner KI-Modelle nutzen darf, und auf welcher Rechtsgrundlage dies geschehen kann. Meta beruft sich hierbei auf das „berechtigte Interesse“ nach Art. 6 Abs. 1 lit. f der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Verbraucherzentrale NRW und weitere Kritiker argumentieren hingegen, dass für eine derart umfassende Datennutzung eine aktive Zustimmung (Einwilligung) der Verbraucher erforderlich wäre. Nutzerinnen und Nutzer sollten ein souveränes Mitspracherecht haben und nicht nur eine Widerspruchsmöglichkeit erhalten.

Metas KI-Pläne mit turbulenter Vorgeschichte

Meta hatte seine Pläne zur Verwendung personenbezogener Daten zur Entwicklung von KI-Anwendungen angekündigt. Geplant war die Nutzung öffentlicher Inhalte sowie Interaktionen mit Meta AI. Bereits zuvor gab es erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken und Kritik von verschiedenen Seiten. Im Juni 2024 hatte Meta seine Pläne zur Verwendung personenbezogener Daten zur Entwicklung von KI-Technologien in der EU vorübergehend gestoppt. Dies folgte auf eine Beschwerde der Bürgerrechtsorganisation noyb bei elf Datenschutzbehörden. Noyb warf Meta die Missachtung von Datenschutzrecht vor. Die für Meta zuständige irische Datenschutzbehörde (DPC) hatte Metas Pläne zur Einführung von KI-Technologien in der EU zwar zunächst genehmigt, dann jedoch einen Stopp gefordert, was Meta als Innovationshindernis kritisierte.

Trotz dieser Vorgeschichte kündigte Meta im April 2025 neue Pläne an, ab dem 27. Mai 2025 personenbezogene Daten aus öffentlichen Profilen für das KI-Training zu verwenden. Erneut stützte sich Meta auf das berechtigte Interesse und bot eine Opt-out-Lösung an. Die Verbraucherzentrale NRW sah dies kritisch und reichte am 12. Mai 2025 einen Eilantrag beim OLG Köln ein, um die geplante Datenverarbeitung zu verhindern.

Entscheidung des OLG Köln

Das Oberlandesgericht Köln lehnte den Eilantrag (Az. PM 10/2025) der Verbraucherzentrale NRW laut einer Pressemitteilung vom 23. Mai 2025 ab. Das Gericht gelangte im Rahmen seiner vorläufigen und summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass Meta mit der angekündigten Verwendung der Daten für KI-Trainingszwecke grundsätzlich rechtmäßig im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f) DSGVO handelt, auch ohne Einwilligung der Betroffenen. Es begründete seine Entscheidung damit, dass Meta mit dem Training von KI-Systemen einen legitimen Zweck verfolge, der nicht durch gleich wirksame, weniger einschneidende Mittel erreicht werden könne. Es seien unzweifelhaft große Datenmengen für das Training erforderlich, die nicht zuverlässig vollständig anonymisiert werden könnten. Im Rahmen der Abwägung der Interessen von Nutzern und Meta sah das OLG Köln die Interessen an der Datenverarbeitung überwiegen.

Diese Bewertung basiere unter anderem auf einer Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) vom Dezember 2024, der Meta durch verschiedene Maßnahmen Rechnung getragen habe. Das Gericht hob hervor, dass ausschließlich öffentlich gestellte Daten verarbeitet werden sollen, die auch von Suchmaschinen gefunden werden. Der Umstand, dass große Mengen von Daten, auch von Dritten, Minderjährigen und sensible Daten im Sinne des Art. 9 DSGVO, betroffen seien, überwiege bei der Abwägung nicht, da Meta wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen habe, um den Eingriff abzumildern. Die Nutzer seien bereits im Jahr 2024 über die geplante Verarbeitung informiert worden. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, dies durch Umstellung ihrer Daten auf „nicht-öffentlich“ oder durch einen Widerspruch zu verhindern. Die verwendeten Daten enthielten keine eindeutigen Identifikatoren wie Name oder E-Mail-Adresse.

Auch einen Verstoß gegen den Digital Markets Act (DMA) verneinte das OLG Köln in seiner vorläufigen Prüfung, da es an einer „Zusammenführung“ von Daten im Sinne des Art. 5 Abs. 2 DMA fehle. Die Ablehnung ist in einem Eilverfahren ergangen, das auf einer summarischen Prüfung beruht. Gegen die Entscheidung im Eilverfahren gibt es keine Rechtsmittel.

Bewertung von BfDI Specht-Riemenschneider

Die Entscheidung des OLG Köln stößt auf datenschutzrechtliche Kritik. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Professorin Luisa Specht-Riemenschneider, äußerte in der re:publica 25 ihre Ansicht. Sie halte Metas KI-Training für rechtlich fragwürdig und die OLG-Entscheidung für unzutreffend.

Specht-Riemenschneider kritisierte die Heranziehung des berechtigten Interesses für eine derart umfassende Datenverarbeitung in einem grundrechtsrelevanten Bereich. Sie argumentiert, dass stattdessen eine gesetzgeberische Entscheidung oder zumindest die Einholung einer Einwilligung notwendig sei, insbesondere für sogenannte historische Daten. Zudem bemängelte sie die Nutzerfreundlichkeit der Widerspruchsmöglichkeit. Wenn Nutzer bereits eine halbe Stunde benötigen, um die entsprechende Schaltfläche bei Facebook überhaupt zu finden, zeige dies deutlich, wie unzureichend der vorgesehene Mechanismus tatsächlich sei.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Köln im Eilverfahren ist rechtskräftig. Meta darf damit seine umstrittenen Pläne zur Nutzung öffentlich zugänglicher Nutzerdaten für das KI-Training nach vorläufiger summarischer Prüfung umsetzen. Das Gericht folgt Metas Argumentation des berechtigten Interesses unter bestimmten, mildernden Annahmen. Datenschutzexperten kritisieren diese Rechtsgrundlage jedoch weiterhin scharf. Die rechtliche Debatte zur Nutzung von personenbezogenen Daten für KI-Systeme bleibt damit offen, insbesondere hinsichtlich der angemessenen Rechtsgrundlage, Transparenzanforderungen und Widerspruchsmöglichkeiten. Die Verbraucherzentrale NRW erwägt ein Hauptsacheverfahren. Der Hamburgische Beauftragte für
Datenschutz und Informationsfreiheit
(HmbBfDI) will ein europaweit einheitliches Vorgehen der Datenschutzaufsichtsbehörden gewährleisten und sieht ein isoliertes Dringlichkeitsverfahren für Deutschland derzeit als nicht das geeignete Instrument, um die vorhandenen Bewertungsdifferenzen für ganz Europa zu klären.

Nutzer, die nicht möchten, dass ihre Inhalte für KI-Systeme verwendet werden, sollten weiterhin von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen, auch wenn dieser sich nicht mehr auf bereits erfolgte Nutzung rückwirkend erstreckt.