EuGH und BGH zum Recht auf Vergessenwerden
Im digitalen Zeitalter kann es zu einer unangenehmen Überraschung werden, wenn der eigene Name in einer Suchmaschine auftaucht und unerwünschte Informationen oder Fotos sichtbar werden. Der Löschungsanspruch ermöglicht es jedoch, solche Inhalte entfernen zu lassen. Über dieses sogenannte Recht auf Vergessenwerden haben im Juni 2024 der Bundesgerichtshof (BGH) und im Oktober 2024 der Europäische Gerichtshof (EuGH) jeweils Entscheidungen erlassen, die der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) in einer aktuellen Pressemitteilung vom 08.10.2024 zusammenfasst und Hilfestellungen hierzu gibt.
Anspruch auf Löschung
Art. 17 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) regelt das Recht auf Löschung, nachdem Betroffene verlangen können, dass Verantwortliche sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich löschen. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und Information und Pressefreiheit das Interesse an Privatsphäre überwiegt.
Aktuelle Entscheidungen zum Recht auf Vergessenwerden
Der BGH und der EuGH haben nun dieses Jahr in zwei Urteilen das Recht auf Vergessenwerden konkretisiert.
Im Fall vor dem EuGH vom 04.10.2024 (C-200/23) ging es um die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten im online Handelsregister. Diesbezüglich entschied der EuGH, dass personenbezogene Daten, die nach handelsrechtlichen Vorschriften nicht zu veröffentlichen sind, entfernt oder geschwärzt werden dürfen.
Auch der BGH entschied mit Urteil vom 04.06.2024 (II ZB 10/23), dass die Daten eines ehemaligen Vereinsvorstands 20 Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Amt im Vereinsregister nicht mehr online öffentlich einsehbar sein müssen. Das öffentliche Informationsinteresse trete dann in den Hintergrund. Bei einem berechtigten Interesse reiche eine Bereitstellung an den jeweiligen Dritten aus.
Löschung von Suchmaschineneinträge
Grundsätzlich besteht der Löschungsanspruch gegen den jeweiligen Webseitenbetreiber auf dessen Seite die personenbezogenen Informationen auffindbar sind. Da ein entsprechendes Ersuchen aber teilweise fruchtlos bleibt, besteht laut der Pressemitteilung des HmbBfDI auch „regelmäßig ein Auslistungsanspruch gegen die Suchmaschinenbetreiber […], damit die Inhalte bei namensbezogener Suche nicht mehr auffindbar sind“. Neben den zuvor aufgelisteten Interessen muss dann auch noch die unternehmerische Freiheit der Suchmaschinenbetreiber beachtet werden. Insbesondere sei laut HmbBfDI auch zu beachten, dass gerade bei online Veröffentlichung eine Schwärzung von Dokumenten ein milderes Mittel sein kann.
Datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch geltend machen
Laut eines Urteils des BGH von 2018 (VI ZR 489/16) muss ein Sachmaschinenbetreiber erst nach Hinweis auf eine offensichtliche Persönlichkeitsverletzung tätig werden. Im Anschluss bedarf es laut eines BGH-Urteils von 2020 (VI ZR 405/18) einer umfassenden Grundrechtsabwägung. Der EuGH hat dann 2022 festgelegt (C-460/20), dass Betroffene nachweisen müssen, dass die in den Suchergebnissen enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind. Dieser Nachweis kann laut HmbBfDI durch gerichtliche Entscheidungen oder andere geeignete Belege erfolgen. Für Google ist eine Geltendmachung beispielsweise über ein spezielles Antragsformular möglich.
Fazit
Die beiden aktuellen Rechtsprechungen von EuGH und BGH zum Recht auf Vergessenwerden bauen dieses Betroffenenrecht weiter aus und konkretisieren es. Sowohl der BGH als auch der EuGH betonen, dass die Entfernung personenbezogener Informationen aus dem Internet immer im Kontext einer umfassenden Grundrechtsabwägung betrachtet werden muss. Auch Unternehmen sollten die verschiedenen Betroffenenrechte kennen und sich bewusst sein, dass eine klare Beweisführung und fundierte Nachweise notwendig sind, um den Löschungsanspruch erfolgreich geltend zu machen.