Datenschutzrecht und Sorgerecht – wer entscheidet?

19. August 2021

Egal ob Kindergeburtstag, Einschulung oder der Ausflug ins Freibad – Familienfotos, Videos und Schnappschüsse von den Kleinen bleiben längst nicht mehr im Fotoalbum oder auf Großmutters Kaminsims. Hier greift die sogenannte „Haushaltsausnahme“ (Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO) für private Nutzung und die DSGVO ist nicht anwendbar. Eltern veröffentlichen und teilen ihre Erinnerungsstücke aber längst begeistert in den sozialen Netzwerken, damit ihre Liebsten die ganze Welt sehen kann. Nicht nur im Hinblick auf die Gefahren die dabei lauern und auf die Privatsphäre der Kinder ist das problematisch. Richtig problematisch wird es erst recht dann, wenn die Eltern sich uneinig sind, ob und zu welchen Zwecken Fotos ihres Kindes veröffentlicht werden dürfen. Dass die Einwilligung eines einzelnen von zwei sorgeberechtigten Eltern nicht ausreicht, zeigt ein aktueller Beschluss des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 20.07.2021 – 1 UF 74/21).

Der Sachverhalt

In dem dem OLG Düsseldorf vorgelegten Fall lebten die Eltern getrennt, waren aber gemeinsam sorgeberechtigt. Die neue Partnerin des Vaters machte Fotos der gemeinsamen Kinder, welche sie später auf Facebook und Instagram zu Werbezwecken für ihren Friseursalon verbreitete. Während der Vater einer solchen Verwendung der Fotos zugestimmt hatte, sprach sich die Mutter gegen die Veröffentlichung aus und forderte die Partnerin auf, die veröffentlichten Fotos zu löschen und weitere Uploads zu unterlassen. Die Partnerin kam der Aufforderung nicht nur nicht nach, sondern stellte darüber hinaus neue Fotos in die sozialen Netzwerke.

Die rechtliche Bewertung

Die Veröffentlichung der Fotos in den sozialen Netzwerken bedarf mangels anderweitiger Rechtsgrundlagen einer Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO. Die Einwilligung ist in diesem Fall die Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern als Träger der elterlichen Verantwortung gemäß Art. 8 Abs. 1 S. 2 DSGVO, wobei das deutsche Sorgerecht den Begriff “Träger der elterlichen Verantwortung” ausfüllt. Darüber hinaus verlangt auch § 22 KUG die Einwilligung.

Bei Eltern die dauerhaft getrennt leben, aber das gemeinsame Sorgerecht haben, ist für die Einwilligung entscheidend, ob es sich bei der Angelegenheit um eine solche handelt, die für das Kind von erheblicher Bedeutung ist. Denn dann ist nach § 1687 Abs. 1 S. 1 BGB das gegenseitige Einvernehmen der Sorgeberechtigten erforderlich.

Das Gericht betrachtet die Veröffentlichung von Kinderfotos in den sozialen Netzwerken ohne jeden Zweifel als eine Angelegenheit, die für das Kind von erheblicher Bedeutung ist: Die Veröffentlichung habe schwer abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes. Der mögliche Adressatenkreis sei unbegrenzt und schwer kontrollierbar. Die einmalige Entscheidung, ein Foto hochzuladen sei quasi irreversibel aufgrund mangelnder verlässlicher Löschmöglichkeiten- das Internet vergisst nicht. Somit bestehe über eine gesamte Lebensdauer hinweg potenziell das Risiko, durch eine unbegrenzte Anzahl an Menschen mit schönen wie peinlichen, ggf. aber auch individuell als entwürdigend wahrgenommenen Abbildungen aus der Kindheit konfrontiert zu werden. Das tangiere spürbar Persönlichkeit und Privatsphäre des Kindes.

Dies macht deutlich, dass es sich bei der vermeintlich harmlosen Entscheidung über die Veröffentlichung eines Kinderfotos bei näherer Betrachtung um eine Entscheidung von erheblicher Bedeutung handelt. Damit wäre im konkreten Fall auch eine Einwilligung der Mutter einzuholen gewesen. Mangels dieser war die Veröffentlichung unzulässig und die Fotos sind unverzüglich zu löschen.

Fazit

Nicht erst seit diesem Beschluss des OLG Düsseldorf steht fest: Wirklich alle, nicht ausschließlich getrennt lebende Eltern, die gemeinsam das Sorgerecht ausüben, sollten sich verantwortungsvoll und ernsthaft darüber einigen, ob und in welchem Umfang sie Bilder von ihren Kindern ins Netz stellen wollen. Es ist wichtig, diese Entscheidung in dem Bewusstsein über die Risiken und über die Auswirkungen auf die zukünftige Persönlichkeitsentwicklung des Kindes zu treffen.

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