EuGH über Meta: Datenminimierung bei Werbung
In der digitalen Ära spielen personenbezogene Daten eine zentrale Rolle, insbesondere im Kontext von sozialen Netzwerken und zielgerichteter Werbung. Der Europäische Gerichtshofs (EuGH) hat kürzlich den Umgang von Online-Plattformen mit sensiblen Daten erneut auf den Prüfstand gestellt. Im Urteil vom 04.10.2024 über Meta erklärt der EuGH, dass der Social-Media-Konzern bei personalisierter Werbung die Pflicht zur Datenminimierung beachten muss. Im Fokus stand die Frage, ob und unter welchen Bedingungen Daten über die sexuelle Orientierung, von einem Plattformbetreiber verarbeitet werden dürfen, wenn diese Informationen öffentlich gemacht wurden.
Hintergrund des Falls
Der beim österreichischen Obersten Gerichtshof liegende Fall dreht sich um den Datenschutzaktivisten Maximilian Schrems, der gegen Facebook wegen unerwünschter Werbung Klage erhoben hatte. 2018 erstellte Meta neue Nutzungsbedingungen für Facebook, zu denen Nutzer des sozialen Netzwerks einwilligen mussten, wenn sie den Dienst verwenden wollten. Dies tat auch Schrems. Infolgedessen habe er wiederholt auf homosexuelle Menschen ausgerichtete Werbung erhalten. Die Nutzung seiner Daten für personalisierte Werbung ohne explizite Einwilligung ist nach seiner Ansicht rechtswidrig.
Meta Platforms nutzte eine Vielzahl von Methoden, darunter Cookies, Social Plugins und Pixel, um Daten über Nutzer zu sammeln. Diese Daten werden dann analysiert und aggregiert, um detaillierte Nutzerprofile zu erstellen und personalisierte Werbung zu schalten. Seine sexuelle Orientierung hatte Schrems nie auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht. Allerdings äußerte er sich hierüber bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion. Wenn Schrems die Information hierdurch offensichtlich öffentlich gemacht hätte, könnte der besondere Schutz nach Art. 9 Abs. 2 lit. e DSGVO entfallen sein.
Fragen an den EuGH
Der Oberste Gerichtshof Österreichs stellte dem EuGH zwei Fragen zur Auslegung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens. Er möchte zum einen Klarheit darüber erhalten, ob soziale Netzwerke personenbezogene Daten zeitlich unbegrenzt für Werbezwecke analysieren dürfen. Außerdem fragt er, ob die öffentliche Erwähnung der sexuellen Orientierung eines Nutzers die Verarbeitung anderer diesbezüglicher Daten für personalisierte Werbung gestattet.
Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts
Im Mai 2024 veröffentlichte der EuGH-Generalanwalt seine Schlussanträge zur Rechtssache C-446/21. Er legt seine Ansicht dar, dass eine uneingeschränkte Verarbeitung persönlicher Daten für Werbezwecke gemäß der DSGVO nicht zulässig sei. Zudem meint der Generalanwalt, dass die öffentliche Äußerung im Rahmen der Podiumsdiskussion über die eigene sexuelle Orientierung diese Information als “offensichtlich öffentlich” markieren könne. Allerdings erlaube dies nicht automatisch die Verarbeitung solcher Daten für personalisierte Werbung. Vielmehr hebe dies nur den besonderen Schutz von sensiblen Daten auf. Damit brauche es weiterhin wie bei allen sonstigen personenbezogenen Daten einer entsprechenden Rechtsgrundlage.
EuGH: Beachtung des Datenminimierungsgrundsatzes
Der EuGH stellte in seinem Urteil über Meta klar, dass stets die Pflicht zur Datenminimierung bei personalisierter Werbung zu beachten ist. Eine Plattform wie Facebook darf laut der Pressemitteilung des EuGH (abrufbar hier) nicht sämtliche personenbezogenen Daten, die sie von Nutzern erhält, „zeitlich unbegrenzt und ohne Unterscheidung nach ihrer Art für Zwecke der zielgerichteten Werbung“ verarbeiten. Das gelte unabhängig davon, wie das Unternehmen an die Informationen gelangt sei.
Der EuGH erklärt weiter, dass Schrems seine sexuelle Orientierung durch seine Äußerung auf der Podiumsdiskussion offensichtlich öffentlich gemacht haben könnte. Allerdings muss dann für die Datenverarbeitung weiter die DSGVO beachtet werden. Außerdem rechtfertigt dies nicht, „andere personenbezogene Daten zu verarbeiten, die sich auf die sexuelle Orientierung dieser Person beziehen“. Das gilt insbesondere für Daten von Drittanbietern, die bei der Ausarbeitung eines detailliertem Nutzerprofils hinsichtlich der sexuellen Orientierung helfen könnten.
Auswirkungen auf die Digitalwirtschaft
Die Anwältin von Schrems, Katharina Raabe-Stuppnig, begrüßte das Urteil in einer Pressemitteilung der Datenschutzorganisation noyb. Die Entscheidung rechtfertige in Zukunft nur noch die Verwendung eines geringen Anteils des Datenpools von Meta. Insgesamt könnte sich das Urteil auf die gesamte Digitalbranche weitrechend auswirken, so der Digitalbranchen-Verband Bitkom. Hieraus könnten sich Konsequenzen für einen Großteil der Unternehmen in der Werbebranche ergeben. Insbesondere bezüglich der Frage, wie lange personenbezogenen Daten für personalisierte Werbung verwendet werden dürfen, könnten nun Unsicherheiten entstehen.
Fazit
Der österreichische Oberste Gerichtshof muss nun unter Zugrundelegung der vom EuGH getroffenen Bewertungen den Fall abschließend entscheiden. Dabei muss es insbesondere bewerten, ob Schrems seine sexuelle Orientierung offensichtlich öffentlich gemacht hat und ob Meta für die Datenverarbeitung eine hinreichende Rechtsgrundlage hatte. Unternehmen müssen weiter sicherstellen, Daten nur mit datenschutzkonformer Rechtsgrundlage und nur in einem verhältnismäßigen Maß zu verarbeiten.