Datenschutzrechtliche Herausforderungen bei Hirn-Implantaten

8. Januar 2025

Die Vorstellung, dass Hirn-Implantate wie – jene von Neuralink – es Menschen ermöglichen, direkt mit Maschinen zu kommunizieren oder neurologische Erkrankungen zu behandeln, klingt wie aus einem Science-Fiction-Roman. Doch diese Vision rückt zunehmend in greifbare Nähe. Mit solchen Fortschritten gehen aber auch verschiedene datenschutzrechtliche Fragen einher. Hirn-Implantate verarbeiten Daten von außerordentlicher Sensitivität und neuronale Aktivitäten sowie persönliche Gedanken könnten potenziell ausgelesen oder sogar manipuliert werden. Dieser Beitrag beleuchtet die datenschutzrechtlichen Herausforderungen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die mit dieser Technologie einhergehen.

Funktionsweise und Zielsetzung von Hirn-Implantate

Schon heute sind wir stärker denn je über unsere Mobiltelefone und Computer mittels des Internets mit künstlicher Intelligenz verbunden. Hirn-Implantate wie jene von Neuralink sollen noch einen Schritt weiter gehen. Sie nutzen tausende Elektroden, die direkt eine Schnittstelle zum Gehirn eröffnen, um neuronale Signale auszulesen oder zu stimulieren. Hierbei handelt es sich um sogenannte Brain-Computer-Interfaces (BCI). Die ausgelesenen Signale können dann in digitale Informationen umgewandelt und von Computern verarbeitet werden.

Ziel sind aktuell vor allem medizinische Fortschritte, wie die Steuerung von Prothesen und die Behandlung neurologischer Erkrankungen. In diesem Zusammenhang gab Neuralink an, im Sommer 2024 bereits ein zweites Mal erfolgreich ein Implantat eingesetzt zu haben. Geplant ist aber auch, die direkte Kommunikation mit Geräten zu ermöglichen und entsprechende Verbraucherprodukte für den privaten Nutzen zu vermarkten, wie etwa bei Virtual-Reality-Spielen. Zudem werden immer häufiger Wünsche wie aus Science-Fiction-Filmen nach einer vollen und sogar übernatürlichen Ausschöpfung des menschlichen Potentials geäußert, um sich nicht von KI abhängen zu lassen.

Relevante datenschutzrechtliche Prinzipien

Neben vielen weiteren ethischen und rechtlichen Fragen ergeben sich auch zum Schutz personenbezogener Daten verschiedene Hürden. Gerade die immense Datenmenge, die beim Auslesen generiert wird, birgt Risiken. Die neuronalen Daten können tiefgreifende Rückschlüsse auf Persönlichkeitsmerkmale, Gedanken und sogar Emotionen zulassen. Dies wirft grundlegende Fragen zur Datensicherheit und zum Schutz der Privatsphäre auf.

Gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) unterliegen biometrische Daten und Gesundheitsdaten ohnehin schon strengen Schutzvorschriften nach Art. 9 DSGVO. Hirn-Implantate führen jedoch zu einer neuen Dimension, da hier Daten in einer Art und Weise verarbeitet werden, die es bislang kaum gegeben hat. Insbesondere könnte im Rahmen des Datenminimierungsgrundsatzes nach Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO fraglich sein, wie sichergestellt werden kann, dass nur die Daten erhoben werden, die auch tatsächlich erforderlich sind. Bei einem ungehinderten Gedankenstrom könnten sich hierbei technische Herausforderungen ergeben.

Mögliche Datenschutzrisiken

Auch unabhängig von einer Befolgung der allgemeinen Datenschutzvorgaben ergeben sich besondere datenschutzrechtliche Risiken beim Einsatz von Hirn-Implantaten. Beispielsweise könnten diese etwa gehackt oder manipuliert werden, um neuronale Informationen auszulesen oder im schlimmsten Fall sogar zu verändern. Insofern besteht ein bislang unerforschtes IT-Sicherheitsrisiko, dass sich unmittelbar auf die menschliche Gesundheit auswirken könnte. Zudem könnten sich solche Probleme noch verschärfen, wenn nach Ablauf der gesetzlichen Fristen keine Sicherheitsupdates mehr bereitgestellt werden müssen, die Technologie aber noch mit dem Körper verbunden ist.

Zudem könnten Unternehmen die neuronalen Daten zu Marketingzwecken oder zur Entwicklung von Produkten nutzen, was die Privatsphäre der Betroffenen massiv beeinträchtigen könnte. Der Rechtswissenschaftler Christoph Bublitz hat am 38. Chaos Communications Congress am 30.12.2024 berichtet, dass durch die Ausspielung verschiedener Reize beispielsweise im Gaming-Bereich an einem individuell abgestimmten Neuromarketing geforscht werden könnte. Dies könne zu einer noch erfolgreicheren Analyse von Kaufentscheidungen führen. Daneben könnten die Daten zur Bewertung von Fähigkeiten oder Eigenschaften verwendet werden, was Diskriminierung zur Folge haben könnte.

Ansätze für den Schutz neuronaler Daten

Zunächst sollten Hersteller technische Sicherheitsmechanismen implementieren, um Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Insbesondere könnten gesonderte Vermittlungsdatenbanken die Informationen speichern, um eine Zwischeninstanz zwischen Individuum und Unternehmen zu schaffen. So würden die sensiblen Hirn-Daten nicht direkt in die Firmen-Cloud geladen und ein gesonderter Schutzraum geschaffen. Letztlich könnte auch die Einsetzung einer unabhängigen Ethikkommission dazu beitragen, die ethische und rechtliche Vertretbarkeit solcher Technologien sicherzustellen.

Auch könnten Gesetzgeber neue spezifische Regelungen schaffen, die den Umgang mit neuronalen Daten festlegen und Missbrauch verhindern. Bublitz lehnt allerdings jedenfalls die Schaffung „neuer Menschenrechte“ ab, da dies den „bestehenden Grundrechtsschutz“ aushebeln könnten. Vielmehr bevorzugt er es, den Schutz aus dem Menschenrecht der Gedankenfreiheit abzuleiten. Hierdurch werde neben der Meinungsfreiheit auch das Bewusstsein geschützt. In diesem Zusammenhang arbeitet die UNO bereits an einer internationalen Empfehlung zur Ethik der Neurotechnologie.

Fazit

Hirn-Implantate wie Neuralink markieren einen bedeutenden Fortschritt in der Neurotechnologie, werfen jedoch erhebliche datenschutzrechtliche Fragen auf. Die Verarbeitung neuronaler Daten verlangt höchste Sicherheitsstandards und klare gesetzliche Vorgaben, um Missbrauch zu verhindern und die Privatsphäre der Betroffenen zu schützen. Während die Technologie enorme Chancen bietet, darf sie nicht auf Kosten grundlegender Rechte und Freiheiten entwickelt werden. Ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit diesen Herausforderungen ist unverzichtbar, um das Vertrauen der Gesellschaft in solche Innovationen zu sichern.