Was mein Auto über mich weiß – Datenschutz im Automobil

7. Januar 2014

Moderne Autos sind bis unters Dach voll mit Elektronik. Damit sind nicht etwa elektronisch verstellbare Sitze oder Regen- und Lichtsensoren gemeint. Vielmehr geht es um eigenständige kleine Rechner mit großer Leistung, die in sämtlichen in das Fahrzeug integrierten Systemen vorhanden sind. GPS, ECall, Car2Car, mobile Internetverbindungen, Connected-Drive- und Multimedia-Infotainment-Systeme – um nur einige zu nennen – sind Systeme, die darauf ausgerichtet sind, erstens im Notfall Leben zu retten und zweitens, dem Fahrer ein Angebot maximalen Komforts zur Verfügung zu stellen.

All die kleinen Helferlein, die der Kunde auch schon in Kleinwagen zumindest optional hinzukonfigurieren kann, sind durchaus sinnvoll. Viele elektronische Hilfen arbeiten dabei völlig im Verborgenen. Allein Steuergeräte moderner Airbag-Systeme sammeln und verarbeiten diverse Informationen, wie Geschwindigkeit, Beschleunigung, wie viele Personen an Bord sind und ob diese angeschnallt sind. Dadurch kann in Bruchteilen einer Sekunde Leben gerettet werden.

Das ab 2015 in allen Neuwagen verpflichtet integrierte eCall baut genau darauf auf: Mithilfe exakter Informationen direkt aus dem Fahrzeuginneren, die im Notfall automatisch an eine zentrale Notrufstation gesendet werden, sollen Rettungskräfte schneller und exakter in der Lage sein, Verunglückte zu retten.

Derzeit arbeiten die Automobilhersteller eifrig an sogenannten Car2Car-Systemen, wie Zeit Online schreibt. Dabei steht das autonome Autofahren im Vordergrund, das dadurch erreicht werden soll, dass die Fahrzeuge untereinander kommunizieren und Verkehrsinformationen sowie Warnungen austauschen. Individuelle Fahrfehler sollen hierdurch verringert werden.

In einem modernen Automobil fallen also eine Menge Daten an. Einige von ihnen werden im Fahrzeug selbst gespeichert und verbleiben dort. Sie können nach Bedarf von Werkstätten ausgelesen werden, um Verschleiß, Wartung und Fehler zu diagnostizieren. Andere Daten verlassen das Fahrzeug, werden also übermittelt. Dabei handelt es sich zunehmend auch um Daten personenbezogener Art, weiß die Frankfurter Neue Presse . Bei BMW beispielsweise werden über eine Telefonkarte in manchen Modellen im Hintergrund Daten über den Fahrzeugzustand an BMW verschickt. Dadurch können individuelle Servicetermine an den Kunden verschickt oder Pannenhilfen ausgelöst werden. Hierzu willigt der Kunde beim Kauf seines Fahrzeugs ein.

Betrachtet man die Fülle an Daten, gleich welcher Art, die in einem Automobil anfallen, verarbeitet werden und – zumindest theoretisch – verschickt oder wenigstens ausgelesen werden können, ergeben sich aussagekräftige Fahrerprofilbilder.

Genau diese Profilbilder von Fahrer, Fahrzeug und Fahrverhalten sind besonders wertvoll und gerade deshalb aus datenschutzrechtlicher, aber auch aus Sicht von Persönlichkeitsrechten besonders kritisch zu betrachten. Kritiker sehen hier die Gefahr der Totalüberwachung.

Wertvoll sind die Daten vor allem für Versicherungen. Die Sparkassen DirektVersicherung will Anfang dieses Jahres einen Telematik-Sicherheits-Service, bei dem das Fahrzeug des Versicherungsnehmers mit einem Überwachungsmodul ausgerüstet wird, um Fahrinformationen an die Versicherung zu übermitteln. Mithilfe dieser Daten wird die Fahrweise des Kunden bewertet und sein Beitragssatz im Rahmen von Rabatten korrigiert, schreibt Zeit Online.

Wertvoll sind die Profile aber auch aus kommerzieller Sicht. Wenn ein Verbraucher mit seinem Pkw regelmäßig in der Mittagspause dasselbe Restaurant anfährt oder eine Tankstelle einer bestimmten Kette bevorzugt, kann Werbung individuell auf ihn zugeschnitten werden.

Darüber hinaus können die Datensätze große prozessrechtliche Probleme aufwerfen, erklärt Daniela Mielchen, Hamburger Verkehrsanwältin, gegenüber Zeit Online. Wie steht es mit dem Aussageverweigerungsrecht zu der Frage, ob man beispielsweise zu schnell gefahren ist, wenn die Daten bereits aus dem Pkw ausgelesen werden können? Wie kann man an „seine“ Daten kommen, um sich im Streitfall zu entlasten? Welche der Datensätze sind anonymisiert oder pseudonymisiert und wie können diese als Beweis wieder personenbezogen entschlüsselt werden?

Die Vorteile technisch und elektronisch hochentwickelter Fahrzeugbestandteile liegen auf der Hand. Gleichzeitig sehen viele hierin eine nicht unbedenkliche Missbrauchsgefahr und Verletzung von Persönlichkeits- und Datenschutzrechten. Deshalb hat das Bayerische Landesamt für Datenschutz gemeinsam mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) eine Muster-Information erstellt, die in Zukunft Bestandteil aller Fahrzeug-Betriebsanleitungen werden soll, wie FNP schreibt. Auch der Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein Weichert warnt vor dem neuen Kfz-Versicherungsangebot der Sparkasse (S-Direkt), bei dem das Fahrverhalten durch eine im Auto installierte GPS-Blackbox überwacht und bewertet wird

Wer sich ein neues Automobil zulegt, wird sich also mehr als zuvor darüber informieren müssen, welche Fahrzeugsysteme welche Daten sammeln, wozu diese dienen und was mit ihnen geschieht. Im Falle eines Neuwagenkaufs sollte der Verkäufer diesbezüglich ausgiebig Auskunft geben können. Dennoch ist es ratsam, auch hier sämtliche Vertragspassagen ausführlich durchzulesen. Denn mit der Unterschrift unter dem Kaufvertrag kann unter Umständen auch in die Verarbeitung bestimmter Daten, die erst über das Fahrzeug entstehen, eingewilligt werden.

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