Schlagwort: Betriebsvereinbarung

Digitalisierungsprozess in Zeiten von Corona – Einsatz datenschutzrechtlicher Betriebsvereinbarungen

24. April 2020

Der aktuelle, durch die Infektionen einer Vielzahl von Menschen mit dem neuartigen Virus SARS Covid-19 verursachte, Ausnahmezustand hat die Digitalisierung der Arbeitswelt bei erster, unbefangener Betrachtung erheblich beschleunigt. Eine Vielzahl von Arbeitnehmern arbeitet im Home-Office, Meetings finden virtuell statt und die Kundenkontakte werden gänzlich online abgewickelt. Nachdem die hektischste Phase scheinbar abgeklungen ist, implementieren einige Unternehmen Regelungen und Handlungsanweisungen für die digitale Arbeit, die auch über die Zeit der Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen hinaus gelten sollen.

Die Möglichkeit einer Implementierung derartiger Regelungen mittels arbeitgeberseitigem Weisungsrecht außer Acht gelassen, soll das Instrument der datenschutzrechtlichen Betriebsvereinbarung über die Zeit der aktuellen Corona-Pandemie hinaus, als proaktives Instrument zur Gestaltung des Digitalisierungsprozesses genutzt werden.

Gegenwärtige Friktionen werden aufgelöst 

Zunächst sind Betriebsvereinbarungen eine praxistaugliche Rechtsgrundlage. Deutschland hat von der in Art. 88 DSGVO normierten – fakultativen – Öffnungsklausel in Form von § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG Gebrauch gemacht. Betriebsvereinbarungen können überdies Grundlage von Datenverarbeitungen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses sein (§ 26 Abs. 4 BDSG).

Darüber hinaus bedarf es im Falle des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung keiner Einwilligung des Arbeitnehmers. Diese ist – trotz § 26 Abs. 2 BDSG  – im Einzelfall problematisch, da aufgrund des bestehenden Über- und Unterordnungsverhältnisses per se die Gefahr einer “unfreiwilligen” Einwilligung besteht.

Die Beteiligungsrechte in datenschutzrechtlichen Konstellationen können zeitgleich erfüllt werden

Überdies kann der Arbeitgeber zugleich ohnehin obligatorische Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer erfüllen. So steht es dem Arbeitgeber auch im Rahmen der Corona – Pandemie nicht frei, die Home-Office Verfügbarkeit der Arbeitnehmer mit eilig eingeführten Tools zu realisieren.

Insbesondere normiert § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung von technischen Vorrichtungen, die dazu objektiv und unmittelbar geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob der Arbeitgeber dieses Ziel verfolgt und die durch die Überwachung gewonnenen Daten auch auswertet. Hierzu gehören insbesondere die auch gängigen elektronischen Datenverarbeitungssysteme (EDV) und IT-Anwendungen.

Inhalt von Betriebsvereinbarungen in der Praxis

Inhaltlich müssen die Betriebsvertragsparteien insbesondere auch die Grundsätze des Art. 5 Abs. 1 lit. a) – f) DSGVO beachten (§ 26 Abs. 5 BDSG). Mithin sollten die Parteien das Niveau der Grundsätze der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung, Zweckbindung, Datenminimierung, Richtigkeit und  Speicherbegrenzung sowie Integrität und Vertraulichkeit einhalten.

Ferner empfiehlt es sich, die Rechte der betroffenen Personen gemäß Art. 12 ff. DSGVO in die Betriebsvereinbarung einzubeziehen. Schließlich sollte in Betriebsvereinbarungen ausdrücklich festgelegt werden, ob sie als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten verwendet wird.

Notwendigkeit einer Betriebsvereinbarung für die Einführung von Microsoft Office 365

28. Juli 2017

Microsoft Office 365 kann auch in der Cloud betrieben werden. Und genau dies macht die Einführung dieses Systems im Unternehmen spannend wie auch datenschutzrechtlich kompliziert. Dies geht zurück auf aktuelle Praxisprobleme rund um die Cloud, insbesondere aus datenschutzrechtlicher Sicht. Hier ist noch eine Menge in Bewegung. Vor allem ist bereits jetzt abzuschätzen, dass die Rechtslage durch die DSGVO noch weiter an Komplexität zunehmen wird. Mit Microsoft Office 365 ist es jedenfalls möglich nicht nur alle Dokumente, sondern auch Telefonverbindungen, Termine, Emails usw. in die Cloud zu übertragen.

Dadurch wird möglich, dass alle Mitarbeiter auf alle Daten zugreifen und von überall auch bearbeiten können. So schön das auch klingt, ist der Datenschutz dabei nicht zu vernachlässigen. Denn möglich ist eben auch eine fast vollständige Überwachung der Mitarbeiter, so dass dem Begriff der Leistungskontrolle dadurch eine völlig neue Tragweite zukommt. Der Arbeitgeber kann nämlich beispielsweise nachvollziehen, wer wie lange an einem Dokument gearbeitet hat oder wer, wem, wie lange eine Email geschrieben hat. Ausgeschlossen ist überdies nicht, dass Daten miteinander verknüpft werden können. Auf diese Weise können aussagekräftige Bewegungsprofile des Mitarbeiters erstellt werden.

Aus Sicht der Unternehmen geht es freilich um wertvolle Informationen, wollen sie herausfinden wie viel ein Mitarbeiter leisten kann, um daraus wiederum Leistungsvorgaben definieren zu können. Gerade diese Vor- und Nachteile je nach einzunehmender Sichtweise, macht es erforderlich, dass der Betriebsrat die Einführung von Microsoft Office 365 bestätigt. Insofern hat der Betriebsrat hier ein Mitbestimmungsrecht.

  • 87 Betriebsverfassungsgesetz

 

(„1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen (…)

6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (…)“

 

Dieses Recht sichert letztlich das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter und ist somit eng verbunden mit dem Datenschutzrecht, da das Persönlichkeitsrecht hier wegen der unfreiwilligen Preisgabe personenbezogener Daten der Mitarbeiter verletzt werden kann.

Im Rahmen der Betriebsvereinbarung kommt es maßgeblich darauf an, darauf zu achten, dass insbesondere die IT-Sicherheit gewährleistet ist. Daneben müssen Mitarbeiter darüber informiert werden, welche Daten von ihnen erhoben, verarbeitet und genutzt werden.