Schlagwort: MiLoG

Mindestlohnkontrolle versus Datenschutz – Erfahrungen aus der Beratungspraxis

16. Juli 2015

Das im August 2014 in Kraft getretene Mindestlohngesetz (MiLoG) verpflichtet seit 1.1.2015 Arbeitgeber in Deutschland, einen flächendeckenden, branchenunabhängigen gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Diese kontrovers diskutierte Neuerung hat sich auch in der täglichen Beratung zum Datenschutz bemerkbar gemacht. Durch § 13 MiLoG i.V.m. § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) ergibt sich nun nämlich eine Pflicht des Auftraggebers, die Einhaltung des Mindestlohns auch bei seinen Dienstleistern und deren Subunternehmern zu überwachen und für deren Einhaltung letztlich auch im Rahmen der Generalunternehmerhaftung zu haften. In der Praxis geschieht dies z.T. dadurch, dass Auftraggeber ihre Auftragnehmer auffordern, ihre komplette Lohnbuchhaltung offenzulegen.

Diese Praxis dürfte über das Ziel von § 13 MiLog, § 14 AEntG hinausschießen und aus datenschutzrechtlicher Sicht jedenfalls zu beanstanden sein. Aus dem Gesetz ergibt sich nämlich weder die Pflicht des Auftragegbers in die Lohnbuchhaltung Einsicht zu nehmen noch die Pflicht des Auftraggebers, diese offen zu legen. Ein Auftragnehmer, der einer enstprechenden Aufforderung folgt, setzt sich hier dem Risiko eines Datenschutzverstoßes aus. Diese Problematik ist mittlerweile auch durch die Landesdatenschutzbeauftragten erkannt worden, welche auf ihrer 89. Jahrestagung in Wiesbaden bereits den Bundesgesetzgeber aufgefordert haben, die datenschutzrechtlichen Belange bei der Überwachung des Mindestlohnes stärker als bisher zu beachten. Auch das unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein warnt davor, Informationen zu Familienstand, Steuerklasse, Geburtsdatum, Privatanschrift von Beschäftigten oder gar deren Konfessionzugehörigkeit zu offenbaren (bei letzterer handelt es sich sogar um ein sog. besonderes personenbezogenes Datum i.S.v. § 3 Abs. 9 BDSG).

Unternehmen die sich derartigen Forderungen ihrer Auftraggeber ausgesetzt sehen, tun gut daran, nicht auf diese einzugehen. Das Gesetz fordert bei genauer Betrachtung derartige Offenbarungen auch nicht. Vielmehr dürfte ein Unternehmer seiner Überwachungspflicht in der Regel dadurch gerecht werden, dass er sich von seinem Auftragnehmer vertraglich unter Aufnahme einer Vertragsstrafenregelung zusichern lässt, dass der Mindestlohn gezahlt wird. Hinsichtlich etwaiger Subunternehmer ist laut einem Urteil des BAG auch eine Haftungsfreistellung möglich.

Sollten doch Teile der Lohnbuchhaltung offenbart werden, so sollten jedenfalls nur anonymisierte Daten herausgegeben werden, die nicht mehr einem einzelnen Arbeitnehmer zugeordnet werden können. Den Grundsätzen der Datensparsmkeit sowie der Zweckbindung folgend, sollten nur insoweit Daten offenbart werden, als dies zur Erfüllung des Zwecks (Überwachung der Einhaltung des MiLoG) unbedingt erforderlich ist. Unternehmer die an dieser Stelle zu freigiebig Daten herausgeben setzen sich ansonsten nicht nur Haftungsansprüchen ihrer Mitarbeiter aus, sondern auch möglichen Sanktionen von Aufsichtsbehörden. Darüber hinaus sollte auch das Risiko eines publikumswirksamen “Datenlecks” zu Vorsicht im Umgang mit Beschäftigtendaten mahnen.