LG Ravensburg legt Frage zum Schadensbegriff in Art. 82 DSGVO dem EuGH vor

29. Juli 2022

Das Landgericht Ravensburg hat mit Beschluss vom 30.06.2022 dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorgelegt, ob für einen Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO ein spürbarer Nachteil und eine objektiv nachvollziehbare Beeinträchtigung erforderlich ist. 

Der Sachverhalt 

Die Beklagte hatte auf ihrer Website ohne das Einverständnis der Kläger eine Tagesordnung für eine Gemeinderatssitzung veröffentlicht, in der mehrfach die Namen der Kläger genannt wurden. Ebenfalls auf ihrer Webseite veröffentlichte sie ein verwaltungsgerichtliches Urteil, in dem die Kläger ungeschwärzt mit Vor- und Nachnamen sowie Anschrift aufgeführt waren. Die Kläger sehen darin ihre Rechte aus der DSGVO verletzt und begehren Schadensersatz von der Beklagten. 

Die Frage 

Das LG Ravensburg hatte bereits zuvor die Auffassung vertreten, nicht jeder Verstoß gegen die DSGVO, insbesondere nicht jede unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten, führe automatisch zu einem Anspruch auf immateriellen Schadensersatz. Insbesondere bei Bagatellverstößen ohne ernsthafte Beeinträchtigung bzw. lediglich individuell empfundene Unannehmlichkeiten käme ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht. Für das Zusprechen von Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO setzt das LG Ravensburg einen spürbaren Nachteil und eine objektiv nachvollziehbare Beeinträchtigung persönlichkeitsbezogener Belange bei den betroffenen Personen voraus. 

Dies sieht das Gericht im vorliegenden Sachverhalt als nicht gegeben an, es läge nur ein Verlust der Datenhoheit vor. Danach wäre die Klage abzuweisen. Die Auslegung des Schadensbegriffes steht aber letztlich nur dem EuGH zu. Diesem liegt nun folgende Frage vor: „Ist der Begriff des immateriellen Schadens in Artikel 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen, dass die Annahme eines immateriellen Schadens einen spürbaren Nachteil und eine objektiv nachvollziehbare Beeinträchtigung persönlichkeitsbezogener Belange erfordert oder genügt hierfür der bloße kurzfristige Verlust des Betroffenen über die Hoheit seiner Daten wegen der Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet für einen Zeitraum von wenigen Tagen, der ohne jedwede spürbare bzw. nachteilige Konsequenzen für den Betroffenen blieb?“ 

Das Verfahren wird erst nach einer Entscheidung des EuGH fortgesetzt.