Schlagwort: Art. 82 Abs. 1 DSGVO

Verspätete Auskunft rechtfertigt Anspruch auf Schadensersatz

24. März 2023

Das Arbeitsgericht Oldenburg hat kürzlich ein Unternehmen dazu verurteilt, einem ehemaligen Mitarbeiter immateriellen Schadensersatz in Höhe von 10.000 Euro zu zahlen, weil es einem Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht nachgekommen sei (Urteil vom 09.02.2023, Az. 3 Ca 150/21). Der Fall zeigt, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auch im Bereich der Arbeitsverhältnisse ein wichtiger Faktor ist.

Sachverhalt

In einem Arbeitsrechtsstreit forderte ein ehemaliger Geschäftsführer und Vertriebsleiter einer Firma für Feuerwerkskörper von seiner ehemaligen Arbeitgeberin Auskunft über seine personenbezogenen Daten. Die Arbeitgeberin verweigerte jedoch die Auskunftserteilung und legte erst im Prozess einzelne Unterlagen vor. Der Kläger machte neben dem Auskunftsersuchen auch einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz geltend.

Reichweite des Auskunftsanspruchs gem. Art. 15 DSGVO

Bis heute ist die Reichweite des Auskunftsanspruchs gem. Art. 15 DSGVO umstritten. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, wie präzise die erteilten Auskünfte sein müssen.

Artikel 15 DSGVO gewährt betroffenen Personen das Recht, von einem Unternehmen oder einer Organisation Auskunft darüber zu erhalten, ob personenbezogene Daten von ihnen verarbeitet werden und wenn ja, welche Daten dies sind. Der Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DSGVO ist ein wichtiges Instrument, das es den Betroffenen ermöglicht, mehr Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten zu erlangen und sicherzustellen, dass diese ordnungsgemäß verarbeitet werden. Die Reichweite des Auskunftsanspruchs gemäß Art. 15 DSGVO ist weitreichend und umfasst sowohl die Daten, die von dem Unternehmen oder der Organisation verarbeitet werden, als auch eine Reihe von anderen Informationen. Insbesondere hat die betroffene Person das Recht, Informationen über die Zwecke der Verarbeitung, die Kategorien der verarbeiteten personenbezogenen Daten, die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, denen die personenbezogenen Daten offengelegt wurden oder werden, sowie die voraussichtliche Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, zu erhalten.

Darüber hinaus hat die betroffene Person das Recht, eine Kopie der personenbezogenen Daten, die verarbeitet werden, zu erhalten. Diese Kopie muss in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format bereitgestellt werden. Wenn die betroffene Person dies wünscht, kann sie auch verlangen, dass die personenbezogenen Daten direkt an einen anderen Verantwortlichen übermittelt werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass das Recht auf Auskunft nicht uneingeschränkt ist. In bestimmten Situationen kann es gerechtfertigt sein, den Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DSGVO einzuschränken oder auszusetzen. Beispielsweise kann dies der Fall sein, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten die öffentliche Sicherheit gefährdet oder das Recht auf Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit anderer Personen beeinträchtigt.

Die Beklagte hat das Auskunftsersuchen des Klägers zurückgewiesen, da sie der Meinung war, dass der Anspruch nicht bestehe. Das Arbeitsgericht Oldenburg entschied jedoch, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, das Auskunftsbegehren zu erfüllen. Der Kläger hätte das Recht auf Auskunft über sämtliche seiner bei der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten sowie zu den sich aus Artikel 15 Abs. 1 Hs. 2, Abs. 2 DSGVO ergebenden Informationen. Das Gericht ging jedoch nicht auf die Frage ein, ob der Verantwortliche auch Auskunft über Informationen erteilen müsse, die dem Betroffenen bereits bekannt sind.

Art. 82 Abs. 1 DSGVO mit präventivem Charakter

Artikel 82 DSGVO regelt das Recht auf Schadensersatz bei Verstößen gegen die DSGVO. Dieser Artikel stellt sicher, dass Betroffene bei Verletzung ihrer Datenschutzrechte einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich haben.

Wenn ein Verantwortlicher oder ein Auftragsverarbeiter gegen die DSGVO verstößt, kann dies zu einem Schaden für den Betroffenen führen. In diesem Fall kann der Betroffene gemäß Artikel 82 DSGVO eine angemessene Entschädigung verlangen, die den erlittenen materiellen oder immateriellen Schaden ausgleicht. Dabei müssen die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, einschließlich der Art, Schwere und Dauer des Verstoßes sowie des Umfangs des erlittenen Schadens.

Das Arbeitsgericht stellte fest, dass die Beklagte gegen ihre Auskunftspflicht gemäß Art. 12 Abs. 3 DSGVO verstoßen habe, indem sie das Auskunftsbegehren des Klägers nicht innerhalb eines Monats erfüllte. Die Nichterfüllung der DSGVO-Verpflichtungen führe bereits zu einem auszugleichenden immateriellen Schaden, weshalb der Kläger nicht weiter spezifizieren müsse, welcher Schaden ihm entstanden sei. Der präventive Charakter des Schadenersatzanspruchs nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO solle dazu beitragen, die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen sicherzustellen.

„Das Bundesarbeitsgericht hat sich im Nachgang zu dem genannten Vorabentscheidungsersuchen in seiner Entscheidung vom 05.05.2022 (2 AZR 363/21) dahingehend geäußert, dass zugunsten der Klägerin unterstellt werden kann, dass dem Anspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO Präventionscharakter und eine Abschreckungsfunktion zukomme (BAG, Urt. v. 05.05.2022 – 2 AZR 363/21 Rn. 23).“

So hielt das ArbG in diesem Fall einen Schadensersatz von 10.000 Euro für gerechtfertigt. Anders als das Bundesarbeitsgericht (BAG), das im dortigen Fall einen Schadensersatz von 1.000 Euro für ausreichend hielt, sah das ArbG hier aufgrund des höheren Auskunftsinteresses des Klägers und des langen Zeitraums der Nichterfüllung der Auskunftspflicht einen höheren Schadensersatz als gerechtfertigt an.

Fazit

Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie über angemessene Mechanismen verfügen, um Anfragen von Mitarbeitern nach Art. 15 DSGVO zu erfüllen, und sicherstellen, dass sie innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist antworten.

OLG Köln: verspätete Auskunft begründet Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO

17. August 2022

Mit Urteil vom 14. Juli 2022 (Az. 15 U 137/21) entschied das OLG Köln, dass die verspätete datenschutzrechtliche Auskunftserteilung einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO begründet. 

Der Sachverhalt

Hintergrund des Urteils war ein Mandatsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Anwalt. Die Klägerin hatte den Anwalt mit der rechtlichen Betreuung eines Verkehrsunfalls beauftragt. Zu diesem Zweck schlossen die Parteien einen Vertrag über die Mandatsbetreuung im September 2016.

Allerdings habe die Klägerin, ihrer Darstellung entsprechend, ihren Anwalt nur schwer erreichen können. Deswegen habe sie im Januar 2020 den Vertag mit ihrem Anwalt gekündigt. Außerdem habe sie eine vollständige Datenauskunft von ihrem Anwalt verlangt. Das Ziel der Klägerin sei es gewesen, eine Auskunft darüber zu erhalten, welche ihrer personenbezogenen Daten der Anwalt im Rahmen des Mandatsverhältnisses verarbeitet hatte. Dieser Anspruch sei erst im Oktober 2020 erfüllt worden.

Anspruch aus Art. 82 DSGVO

Das OLG stellte zunächst fest, dass der Anwalt als Verantwortlicher im Sinne der DSGVO die Frist zur Beantwortung eines Auskunftsanspruchs von einem Monat überschritten habe. Dies folge aus Art. 15 Abs. 1, 3 und Art. 12 Abs. 3 S. 1 DSGVO.

Das Gericht beschäftigte sich anschließend mit der Frage, welches Verhalten in diesem Fall den Schaden begründete. Entgegen der erstinstanzlichen Ansicht sei dafür nicht per se eine der Verordnung nicht entsprechende Verarbeitung erforderlich. Vielmehr könne der Schaden mit einem Verstoß gegen die Auskunftspflicht des Verantwortlichen begründet werden.

Das Gericht stellte fest, dass zwar auch ErwG. 146 DSGVO davon spreche, „(…) dass Schäden ersetzt werden sollen, die einer Person aufgrund einer Verarbeitung entstehen, die mit dieser Verordnung nicht im Einklang steht.“ (OLG Köln, Urteil vom 14.Juli 2022, Az. 15 U137/21, Rn. 17).

Allerdings ergebe sich aus ErwG. 60 DSGVO, „(…) dass die Grundsätze einer fairen und transparenten Verarbeitung es erforderlich machen, dass die betroffene Person über die Existenz des Verarbeitungsvorgangs und seine Zwecke unterrichtet wird.“ (OLG Köln, Urteil vom 14.Juli 2022, Az. 15 U137/21, Rn. 17). Folglich gestehe die DSGVO der betroffenen Personen einen Auskunftsanspruch zu, um Kenntnis über den Verarbeitungsvorgang zu erlangen. Außerdem könne die betroffene Person auf diese Weise die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung überprüfen. Der Auskunftsanspruch diene daher einer transparenten Verarbeitung, sodass „die Ersatzpflicht nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO auf jeden Verstoß gegen Regelungen der Verordnung anzuwenden“ sei (OLG Köln, Urteil vom 14.Juli 2022, Az. 15 U137/21, Rn. 17).

Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass die Klägerin einen immateriellen Schaden erlitten habe. In diesem Fall ließ das Gericht offen, ob bereits der Verstoß gegen die DSGVO den Schaden begründen könne (so: LAG Schleswig-Holstein, Az. 6 TA 49/22; wir berichteten).

LG Ravensburg legt Frage zum Schadensbegriff in Art. 82 DSGVO dem EuGH vor

29. Juli 2022

Das Landgericht Ravensburg hat mit Beschluss vom 30.06.2022 dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorgelegt, ob für einen Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO ein spürbarer Nachteil und eine objektiv nachvollziehbare Beeinträchtigung erforderlich ist. 

Der Sachverhalt 

Die Beklagte hatte auf ihrer Website ohne das Einverständnis der Kläger eine Tagesordnung für eine Gemeinderatssitzung veröffentlicht, in der mehrfach die Namen der Kläger genannt wurden. Ebenfalls auf ihrer Webseite veröffentlichte sie ein verwaltungsgerichtliches Urteil, in dem die Kläger ungeschwärzt mit Vor- und Nachnamen sowie Anschrift aufgeführt waren. Die Kläger sehen darin ihre Rechte aus der DSGVO verletzt und begehren Schadensersatz von der Beklagten. 

Die Frage 

Das LG Ravensburg hatte bereits zuvor die Auffassung vertreten, nicht jeder Verstoß gegen die DSGVO, insbesondere nicht jede unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten, führe automatisch zu einem Anspruch auf immateriellen Schadensersatz. Insbesondere bei Bagatellverstößen ohne ernsthafte Beeinträchtigung bzw. lediglich individuell empfundene Unannehmlichkeiten käme ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht. Für das Zusprechen von Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO setzt das LG Ravensburg einen spürbaren Nachteil und eine objektiv nachvollziehbare Beeinträchtigung persönlichkeitsbezogener Belange bei den betroffenen Personen voraus. 

Dies sieht das Gericht im vorliegenden Sachverhalt als nicht gegeben an, es läge nur ein Verlust der Datenhoheit vor. Danach wäre die Klage abzuweisen. Die Auslegung des Schadensbegriffes steht aber letztlich nur dem EuGH zu. Diesem liegt nun folgende Frage vor: „Ist der Begriff des immateriellen Schadens in Artikel 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen, dass die Annahme eines immateriellen Schadens einen spürbaren Nachteil und eine objektiv nachvollziehbare Beeinträchtigung persönlichkeitsbezogener Belange erfordert oder genügt hierfür der bloße kurzfristige Verlust des Betroffenen über die Hoheit seiner Daten wegen der Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet für einen Zeitraum von wenigen Tagen, der ohne jedwede spürbare bzw. nachteilige Konsequenzen für den Betroffenen blieb?“ 

Das Verfahren wird erst nach einer Entscheidung des EuGH fortgesetzt. 

LAG Schleswig-Holstein zur Auslegung und Höhe des Schadensersatzanspruchs nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO

30. Juni 2022

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein wies in seinem Beschluss vom 01.06.2022 (6 Ta 49/22) eine Beschwerde gegen die teilweise Versagung von Prozesskostenhilfe zurück, da es der Auffassung war, das Arbeitsgericht habe im vorangegangenen Verfahren das Schmerzensgeld in angemessener Höhe festgesetzt und der Fall sei nicht vergleichbar mit anderen Fällen, in denen ein wesentlich höheres Schmerzensgeld festgesetzt worden war.

Sachverhalt

In der Hauptsache verlangte die Klägerin nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten von dieser unter anderem Zahlung von 6.000 Euro Schmerzensgeld sowie das Unterlassen der Nutzung eines Werbevideos. Während ihrer Beschäftigung bei der Beklagten hatte die Klägerin der Teilnahme an dem Video mündlich zugestimmt. Die Beklagte hatte die Klägerin dabei vorab jedoch nicht über den Zweck der Datenverarbeitung und auch nicht über ihr Widerrufsrecht bezüglich der Einwilligung in Textform informiert. Anschließend hatte die Beklagte das Video im Internet auf der Plattform „YouTube“ veröffentlicht.

Noch vor der Güteverhandlung nahm die Beklagte das Video von der Plattform und die Parteien schlossen dahingehend einen verfahrensbeendenden Vergleich. Der Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin wurde bewilligt, jedoch für ihren Antrag auf Zahlung von Schmerzensgeld nur bis zu einer Höhe von 2.000 Euro. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit sofortiger Beschwerde und rügte, das Arbeitsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass das Arbeitsgericht Münster in seinem Urteil vom 25.03.2021 (3 Ca 391/20) in einem vergleichbaren Fall ein wesentlich höheres Schmerzensgeld festgesetzt habe.

Entscheidung des Gerichts

Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BAG vom 26.08.2021 (8 AZR 253/20, Rn. 33) nahm das LAG Schleswig-Holstein einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen eines immateriellen Schadens allein aufgrund der Verletzung der DSGVO an. “Der Rechtsanspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO erfordert über die Verletzung der DSGVO hinaus nicht zusätzlich, dass die verletzte Person einen (weiteren) von ihr erlittenen immateriellen Schaden darlegt. Bereits die Verletzung der DSGVO selbst führt zu einem auszugleichenden immateriellen Schaden.” (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 01.06.2022, 6 Ta 49/22, Rn. 14). Einhergehend mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wurde der Begriff des Schadens weit und auf eine Weise ausgelegt, die den Zielen der Verordnung in vollem Umfang entspricht. „Angesichts dessen geht die Beschwerdekammer davon aus, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO neben seiner Ausgleichsfunktion auch spezial- bzw. generalpräventiven Charakter hat und dies bei der Bemessung der Höhe des zu ersetzenden immateriellen Schadens zu Lasten des Verantwortlichen zu berücksichtigen ist. Verstöße müssen nämlich effektiv sanktioniert werden. Der Schadensersatz bei Datenschutzverstößen soll eine abschreckende Wirkung haben, um der Datenschutzgrundverordnung zum Durchbruch zu verhelfen (effet utile).“ (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 01.06.2022, 6 Ta 49/22, Rn. 15).

Das LAG hielt die Obergrenze in diesem Fall in Höhe von 2.000 Euro für einen Schadensersatz unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände für angemessen. Die Beeinträchtigung des Rechts der Klägerin am eigenen Bild sei nicht schwerwiegend gewesen. Die Aufnahmen hätten auch nicht erkennbar die Intimsphäre der Klägerin berührt oder sie diskriminiert. Zudem habe die Beklagte das Video nach der Aufforderung umgehend aus dem Netz genommen. Ein höheres Schmerzensgeld zur Erstattung des immateriellen Schadens aufgrund des Verstoßes der Beklagten gegen die Vorschriften der DSGVO sei nicht zu rechtfertigen.

Auch der Vergleich mit anderen Urteilen zeige die Angemessenheit auf. Richtig sei, dass bei der Festlegung der Höhe eines zuzuerkennenden Schmerzensgeldes auf eine angemessene Relation der Anspruchshöhe zu in anderen vergleichbaren Fällen ausgeurteilten Entschädigungsbeträgen zu achten sei. Bei vergleichbaren Verstößen gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers hätten andere Arbeitsgerichte sogar niedrigere Summen für angemessen gehalten. Das Urteil des Arbeitsgerichts Münster sei jedoch nicht vergleichbar und läge in wesentlichen Punkten anders. Insbesondere sei die dortige Verwendung der Aufnahmen nach Ansicht des Arbeitsgerichts diskriminierend gewesen.

Mit der Annahme eines weiten Schadensbegriffs zeigt dieser Beschluss erneut auf, dass die Gerichte hinsichtlich der Auslegung des Art. 82 Abs. 1 DSGVO eine weitestgehend einheitliche und arbeitnehmerfreundliche Auffassung vertreten. Allein aufgrund des Verstoßes gegen eine Pflicht aus der DSGVO entstehen den Betroffenen immaterielle Schäden, welche einen Schadensersatzanspruch auslösen können. Bezüglich der Höhe ist auf den Einzelfall abzustellen.

Weiterleitungen von Gerichtsentscheidung dürfen nur anonymisiert erfolgen

1. Oktober 2021

Gerichtsentscheidungen dürfen nur anonymisiert – d.h. ohne namentliche Nennung der betroffenen Personen – an andere Behörden weitergeleitet werden. Das entschied das Landgericht Köln unter Verweis auf die DSGVO mit Urteil vom 03.08.2021 (Az. 5 O 84/21). Einen Anspruch auf Schmerzensgeld für die unberechtigte Weiterleitung verneinte das Gericht.

Sachverhalt

Im Ursprungsfall wandte sich der Kläger gegen eine Allgemeinverfügung der Stadt Bergisch Gladbach, die ihm aufgrund der Corona-Pandemie die Schließung seines Geschäftslokals auferlegte. Nachdem das Verwaltungsgericht Köln zugunsten der Stadt entschieden hatte, leitete diese den Beschluss an andere Behörden zu deren Information weiter. Dabei unterließ sie jede Form der Anonymisierung, d.h. Unkenntlichmachung des Klägers.

In dem Verfahren vor dem LG Köln begehrte der Kläger deswegen von der Stadt Schmerzensgeld gem. Art. 82 DSGVO. Dazu behauptete er, durch die öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses sei er Anfeindungen als Corona-Leugner ausgesetzt gewesen und seine Reputation habe gelitten. Die Stadt hingegen verwies darauf, dass der Fall bereits durch die Berichterstattung in einer Tageszeitung der Öffentlichkeit bekannt gewesen sei und dass es sich bei den personenbezogenen Daten des Klägers nicht um geheime Daten gehandelt habe.

Die Entscheidung

Nach Art. 82 DSGVO steht jeder Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz zu. Das LG Köln sah in der Weiterleitung des Beschlusses an andere Behörden auch einen Verstoß gegen die DSGVO. Die Stadt hätte jedenfalls den Beschluss anonymisieren und die Identität des Klägers unkenntlich machen müssen.

Es verneinte jedoch einen Anspruch auf Schmerzensgeld gem. Art. 82 DSGVO. Als Begründung dafür führte es an, dass die vom Kläger beschriebenen Beeinträchtigungen nicht notwendigerweise auf die Offenlegung des Berichts zurückzuführen seien. Zu dem Zeitpunkt hätten sich auch andere Geschäftsinhaber gegen die Schließung gewehrt, so dass auch diese an den Beschluss hätten gelangen können. Zudem seien die Mitarbeiter der Verwaltung zur Verschwiegenheit verpflichtet.