Generalanwalt über Medikamentenverkauf auf Amazon

2. Mai 2024

Am 25.04.2024 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Stellungnahme über den Begriff der Gesundheitsdaten und ihrer Verwendung zum Zweck der Werbung veröffentlicht. Darin befasst sich Generalanwalt Maciej Szpunar mit dem Medikamentenverkauf auf Amazon und einer hiermit verbundenen Klage eines Wettbewerbers wegen Datenschutzverstößen.

Der zugrundeliegende Sachverhalt

Dem Vorabentscheidungsersuchen (C-21/23) liegt ein Fall über eine Klage auf Unterlassung im Rahmen des Verbots unlauteren Wettbewerbs zugrunde. Bei der Klägerin handelt es sich um eine Apotheke, die gegen eine konkurrierende Versandapotheke vorgeht. Die Beklagte verkauft die apothekenpflichtigen Medikamente auch über Amazon-Marketplace. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, den Vertrieb über Amazon ohne datenschutzrechtlich erforderliche Einwilligung zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu betreiben.

Das bisherige gerichtliche Verfahren

Die Klage hat zunächst das Landgericht Dessau-Roßlau zugunsten des Klägers entschieden. Das Oberlandesgericht Naumburg wies die Berufung des Beklagten zurück. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich nun mit einem Vorabentscheidungsersuchen vom 12.01.2023 mit zwei Fragen an den EuGH gewendet.

Zwei Fragen zur Vorabentscheidung

Zum einen möchte der BGH wissen, ob der Kläger als Mitbewerber wegen einer Verletzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) aufgrund unlauterer Geschäftspraktiken gegen den Konkurrenten vorgehen kann. Außerdem soll der EuGH klären, ob es sich bei den Informationen, die Amazon-Kunden zum Kauf apothekenpflichtiger Medikamente, die aber nicht verschreibungspflichtig sind, eintragen müssen, um Gesundheitsdaten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DSGVO handelt.

Geltendmachung von Datenschutzvorschriften durch Mitbewerber

Der Generalanwalt erklärt zunächst, dass nur die betroffenen Personen, nicht aber konkurrierende Unternehmen, von der DSGVO geschützt seien. Trotzdem stellt er fest, dass Unternehmen in bestimmten Fällen Verstöße gegen die DSGVO geltend machen können, um Ansprüche durchzusetzen, die nicht unmittelbar durch die DSGVO gewährt werden. Dies sei zulässig, solange das Vorgehen nicht die Ziele und die Wirksamkeit der DSGVO beeinträchtigen. Insgesamt meint er, dass die DSGVO wettbewerbsrechtliche nationale Regelungen nicht zwangsläufig ausschließt.

Kundendaten sind nicht zwangsläufig Gesundheitsdaten

Der Generalanwalt verweist bezüglich des Begriffs der Gesundheitsdaten auf die Definition in Art. 4 Abs. 15 DSGVO und auf die Umstände des Einzelfalls. Allein die Information, dass gewisse Kunden online nicht verschreibungspflichtige Medikamente bestellen, begründe nicht zwangsläufig das Vorliegen von Gesundheitsdaten. Eine mögliche Schlussfolgerung über den Gesundheitszustand der betreffenden Person sei hypothetisch oder ungenau. Die bestellten Produkte wiesen oft nicht auf eine spezifische Pathologie hin. Im Übrigen sei der Besteller nicht zwangsläufig der Benutzer der Produkte. Diese Argumentation läuft parallel zu einem Urteil des Oberverwaltungsgericht Niedersachen von letztem Monat. Hierin argumentierte das Gericht, dass eine pauschale Abfrage des Geburtsdatums durch eine Online-Apotheke nicht zulässig sei, da die bestellende Person nicht zwangsläufig identisch mit dem Produktbenutzer sei. Der Generalanwalt kommt in seiner Stellungnahme zum Ergebnis, dass die hier relevanten Informationen keine Gesundheitsdaten seien.

Fazit

Der Fall wirft wichtige Fragen zur Auslegung der DSGVO auf und hat potenziell weitreichende Auswirkungen auf das Wettbewerbsrecht. Der Generalanwalt äußert sich über den Medikamentenverkauf auf Amazon und stellt fest, dass hierdurch nicht zwangsläufig Gesundheitsdaten erhoben werden. Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für die Entscheidung des EuGHs nicht bindend. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen Entscheidungsvorschlag, dem die EuGH-Richter jedoch häufig folgen. Nun kommt es abschließend darauf an, wie die Entscheidung des EuGHs ausfällt.