Verarbeitung öffentlicher Äußerungen zu Werbezwecken
Die Nutzung persönlicher Daten für zielgerichtete Werbung durch soziale Netzwerke wie Facebook wirft regelmäßig Fragen bezüglich des Datenschutzes auf. Diesmal geht es um das Thema der Verarbeitung öffentlicher Äußerungen zu Werbezwecken. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Athanasios Rantos, bezog am 25.04.2024 Stellung dazu, ob die Verarbeitung von Daten zur sexuellen Orientierung, die zuvor öffentlich geäußert wurden, zum Zwecke der personalisierten Werbung rechtmäßig ist.
Hintergrund des Falls
Der zugrundeliegende Fall dreht sich um Maximilian Schrems, der gegen Facebook wegen unerwünschter Werbung Klage erhoben hatte. 2018 erstellte Meta neue Nutzungsbedingungen für Facebook, zu denen Nutzer des sozialen Netzwerks einwilligen mussten, wenn sie den Dienst verwenden wollten. Dies tat auch Herr Schrems. Infolgedessen habe er wiederholt auf homosexuelle Menschen ausgerichtete Werbung erhalten. Die Nutzung seiner Daten für personalisierte Werbung ohne explizite Einwilligung ist nach seiner Ansicht rechtswidrig. Später hat er laut der Pressemitteilung (abrufbar hier) des EuGHs seine sexuelle Orientierung bei einer öffentlichen Diskussion genannt, nie jedoch auf seiner Facebook-Seite.
Fragen an den EuGH
Der Oberste Gerichtshof Österreichs stellte dem EuGH zwei Fragen zur Auslegung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens. Er möchte zum einen Klarheit darüber erhalten, ob soziale Netzwerke personenbezogene Daten zeitlich unbegrenzt für Werbezwecke analysieren dürfen. Außerdem fragt er, ob die öffentliche Erwähnung der sexuellen Orientierung eines Nutzers die Verarbeitung anderer diesbezüglicher Daten für personalisierte Werbung gestattet.
Rechtlicher Hintergrund
Die Verarbeitung von sensiblen Datenkategorien wie der sexuellen Orientierung ist nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO untersagt. Nach Art. 9 Abs. 2 lit. e DSGVO gilt das jedoch nicht, wenn die Verarbeitung sich auf personenbezogene Daten bezieht, die die betroffene Person offensichtlich öffentlich gemacht hat.
Keine unbegrenzte Datenverarbeitung
Generalanwalt Athanasios Rantos äußerte sich nun in einer Stellungnahme zur Rechtssache C-446/21. Er legt seine Ansicht dar, dass eine uneingeschränkte Verarbeitung persönlicher Daten für Werbezwecke gemäß der DSGVO nicht zulässig sei. Hierbei komme es auf die Umstände des Einzelfalls an. Anhand derer und mittels des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes müsse das nationale Gericht entscheiden, „inwieweit der Zeitraum der Speicherung und die Menge der verarbeiteten Daten […] gerechtfertigt seien“.
Offensichtliche öffentliche Daten gestatten keine Verarbeitung für personalisierte Werbung
Zudem meint Rantos, dass die öffentliche Äußerung im Rahmen der Podiumsdiskussion über die eigene sexuelle Orientierung diese Information als “offensichtlich öffentlich” markieren könne. Allerdings erlaube dies nicht automatisch die Verarbeitung solcher Daten für personalisierte Werbung. Vielmehr hebe dies nur den besonderen Schutz von sensiblen Daten auf. Damit brauche es weiterhin wie bei allen sonstigen personenbezogenen Daten einer entsprechenden Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung.
Fazit
Die Stellungnahme von Generalanwalt Rantos deutet erneut darauf hin, dass Meta in der Vergangenheit sehr großzügig und potenziell rechtswidrig Daten verarbeitet hat. Er meint, dass auch die Verarbeitung öffentlicher Äußerungen zu personalisierten Werbezwecken einer Rechtsgrundlage bedarf. Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für die Entscheidung des EuGHs nicht bindend. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen Entscheidungsvorschlag, dem die EuGH-Richter jedoch häufig folgen. Nun kommt es abschließend darauf an, wie die Entscheidung des EuGHs ausfällt.