EU-Parlament für Europäischen Gesundheitsdatenraum

30. April 2024

Das EU-Parlament hat sich am 24.04.2024 für den Europäischen Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space, EHDS) entschieden. Diese wegweisende Maßnahme soll den Zugang der Bürger zu ihren persönlichen Gesundheitsdaten verbessern und gleichzeitig strenge Datenschutzstandards gewährleisten. Außerdem soll der EHDS dazu beitragen, die Behandlungssituation zu verbessern und lebensrettende Forschung zu ermöglichen.

Die Entscheidung der Mitglieder des EU-Parlaments

Der Gedanke über den EHDS wurde von der EU-Kommission erstmals im Mai 2022 auf den Weg gebracht. Dem schlossen sich in einer Stellungnahme Ende letzten Jahres auch die zuständigen Ausschüsse des EU-Parlaments an. Letzten Monat einigten sich dann auch das EU-Parlament und der Rat der EU über die Ausgestaltung dieses Gesundheitsdatenraums. Nun stimmten letzten Mittwoch 445 Mitglieder des EU-Parlaments für die Einrichtung des EHDS, während 142 Mietglieder dagegen stimmten und sich 39 enthielten.

Die Ausgestaltung des EHDS

Das EU-Parlament schildert in seiner Pressemitteilung, dass jeder Bürger der EU eine elektronische Gesundheitsakte erhalten soll, die Informationen wie Rezepte, medizinische Bilder und Labortests umfasst. Zu diesem, als „primäre Nutzung“ bezeichnetem Zweck, können nach dem Entwurf mit Zustimmung des Patienten Medizinfachkräfte die Akte zur Behandlung einsehen. Gleichzeitig werden im Rahmen der Sekundärnutzung anonymisierte Gesundheitsdaten für Forschungszwecke freigegeben, insbesondere zur Erforschung seltener Krankheiten. Detailliert können sie den Inhalt der geplanten Neuerungen in unserem Blogbeitrag vom letzten Monat nachlesen.

Forschungszwecke vorrangig?

Die Weitergabe der Gesundheitsdaten soll nur zu Gemeinwohlzwecken zulässig sein. Grundsätzlich sollen Patienten der Datennutzung in diesem Sinne auch widersprechen können, wobei es sich allerdings um eine aus datenschutzrechtlicher Sicht fragwürdige Opt-Out-Lösung handelt. Außerdem ist in bestimmten Ausnahmefällen ein Widerspruch sogar gar nicht möglich. Das soll laut der Pressemitteilung für „bestimmte öffentlichen Interessen, Politikgestaltung oder statistische Zwecke“ der Fall sein. Eine recht vage Beschreibung für eine widerspruchslose Datennutzung von besonders sensiblen Gesundheitsdaten.

Man könnte fast meinen, dass die primäre Motivation für das neue Gesetz gar nicht, die Fälle sind, in denen man in einem anderen EU-Land auf seine Gesundheitsdaten zugreifen können muss, sondern tatsächlich die eigentlich als „sekundär“ bezeichnete Nutzung zu Forschungszwecken. Das verdeutlich auch die Äußerung des kroatischen Tomislav Sokol von der European People’s Party (EPP, christliche Demokraten), der in seiner Äußerung in der Pressemitteilung des EU-Parlaments den sekundären Nutzungszweck an erster Stelle nennt.

Das der aktuelle Entwurf nicht allen Wünschen gerecht wird, zeigt auch das Zitat der italienischen Annalisa Tardino (Idenitity and Democracy Group, ID). Wie zuletzt im März betont sie erneut, dass man sich grundsätzlich strengere Regeln darüber gewünscht hätte, wie Patienten über die Datennutzung entscheiden können. Laut Patrick Breyer von der deutschen Piratenpartei sei auch ein Widerspruch gegen Zugriffe von Drittstaaten nicht vorgesehen. Insgesamt lehne die Partei die Neuerungen in ihrer jetzigen Form ab.

Die nächsten Schritte

Als nächstes muss der Rat der EU das Gesetzesvorhaben formal bestätigen. Die Verordnung tritt dann 20 Tage nach Veröffentlichung im europäischen Amtsblatt in Kraft. Zwei Jahre danach wird das Gesetz gültig. Die primäre und sekundäre Nutzung wird jedoch erst nach vier bis sechs Jahre rechtmäßig.

Fazit

Das EU-Parlament stimmt für den Europäischen Gesundheitsdatenraum und setzt damit einen Meilenstein für die digitale Gesundheitsversorgung in der EU. Es ist unumstritten, dass der Zugang zu Gesundheitsdaten für Gesundheitsforschung, wie etwa die Krebsbekämpfung, essenziell ist. Insofern ist das neue Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sollten Bürger weiterhin die vollständige Autonomie über ihre sensiblen Gesundheitsdaten behalten. Dies sollte wenigstens durch eine vollumfassende Opt-Out-Lösung gewährleistet sein.