EuGH zur Verantwortlichkeit bei Einwilligungswiderruf nach Datenweitergabe

3. November 2022

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass der Widerruf gegen eine einheitliche Einwilligung, aufgrund derer mehrere Verantwortliche personenbezogene Daten zum selben Zweck verarbeiten dürfen, nur gegen einen dieser Verantwortlichen erfolgen muss.  

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer wendete sich gegen den belgischen Telefonanbieter Proximus, der unter anderem öffentlich zugängliche Telefonverzeichnisse und Telefonauskunftsdienste anbietet. Darin sind Namen, Adressen und Telefonnummern enthalten, die von Anbietern öffentlich zugänglicher Telefondienste an Proximus übermittelt und auch von Proximus an andere Anbieter und Suchmaschinen wie Google weitergeleitet werden.

Nachdem seine wiederholte Aufforderung, seine Daten nicht in solchen Verzeichnissen zu führen, erfolglos waren, legte der Beschwerdeführer Beschwerde bei der belgischen Datenschutzbehörde ein. Die Datenschutzbehörde verhängte daraufhin ein Bußgeld in Höhe von 20.000 Euro und gab Proximus unter anderem auf, „dem Widerruf der Einwilligung des fraglichen Teilnehmers unverzüglich in angemessener Weise Rechnung zu tragen und den Aufforderungen dieses Teilnehmers, mit denen er sein Recht auf Löschung der ihn betreffenden Daten ausüben wolle, Folge zu leisten“.

Hiergegen klagte Proximus mit der Begründung, eine Einwilligung im Sinne der DSGVO sei nicht erforderlich. Vielmehr müssten Teilnehmer im Wege eines Opt-out selbst beantragen, nicht im Verzeichnis geführt zu werden.

Entscheidung

Der EuGH bestätigte in seiner Entscheidung zunächst das Einwilligungserfordernis bei der Veröffentlichung personenbezogener Daten in einem öffentlichen Teilnehmerverzeichnis. Sofern dritte Anbieter solcher Verzeichnisse denselben Zweck verfolgen, erstreckt sich diese Einwilligung auf jede weitere Verarbeitung der Daten. Dazu muss die betroffene Person nicht zwangsläufig zum Zeitpunkt der Einwilligung sämtliche Anbieter kennen. Allerdings genügt dann im Umkehrschluss eine einzige Widerrufserklärung gegenüber irgendeinem der Verantwortlichen. Der muss sämtliche anderen Verantwortlichen eigenständig über den Widerruf informieren.

Fazit

Die Entscheidung wird sich voraussichtlich auch auf andere Bereiche auswirken, in denen sich Verantwortliche auf eine einheitliche Einwilligung stützen. Für Betroffene bedeutet es eine erhebliche Erleichterung, den Widerruf nur an einen einer gegebenenfalls unbekannten Anzahl von Verantwortlichen richten zu müssen.  

KINAST gehört zu den Top-5-Datenschutzkanzleien in Deutschland

28. Oktober 2022

Wir freuen uns über unsere erneute Top-Platzierung im aktuellen Ranking der Kanzleimonitor*-Studie 2022-23 und bedanken uns bei allen Mandanten, die uns empfohlen haben!

Im Bereich Datenschutzrecht belegen wir mit zahlreichen direkten Empfehlungen den 5. Platz. Damit kann sich unsere Kanzlei in einem starken Mitbewerberfeld wieder neben diversen Großkanzleien (u.a. Taylor Wessing, Osborne Clarke) in der absoluten Spitzengruppe im Datenschutzrecht behaupten.

Drei unserer Anwälte werden zudem im aktuellen Ranking persönlicher Empfehlungen namentlich aufgeführt: Kristin Bauer, Dr. Karsten Kinast und Benjamin Schuh.

Umso mehr freut uns dieses Studienergebnis, da es sich hierbei um eine transparente, direkte Bewertung aus dem Mandantenkreis handelt und durch die eigene Berufsgruppe der Juristen erfolgt.

Vielen Dank an alle Mandanten, die uns (wieder) empfohlen haben!


*Der Kanzleimonitor (kanzleimonitor.de – Empfehlung ist die beste Referenz) stellt jährlich ein umfassendes Ranking der 100 am häufigsten empfohlenen Anwälte und Kanzleien in jedem Rechtsgebiet zur Verfügung. Diese Übersicht soll Unternehmensjuristen aller Branchen als Auswahlkriterium für die Mandatierung von Wirtschaftskanzleien dienen.

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BSI stellt aktuellen Lagebericht vor

26. Oktober 2022

Gestern veröffentlichte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) seinen Lagebericht zur IT-Sicherheit in Deutschland für den Zeitraum Juni 2021 bis Mai 2022. Daraus geht hervor, dass die Bedrohung im Cyberraum so hoch wie nie sei. Als Grund für diese hohe Bedrohung machte das BSI zwei Faktoren aus. Einerseits stellten Cybercrime, insbesondere durch „Ransomware“ eine Gefahr dar. Andererseits sei die Cybersicherheit durch Hacker- und Sabotage-Angriffe im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg bedroht.

Bedrohung durch „Ransomware“

In dem Bericht befasste sich das BSI und die zuständige Ministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser zunächst mit der sog. „Ransomware“. Insbesondere Unternehmen seien Opfer dieser Art von Hackerangriff.

„Ransomware“ ist eine Schadsoftware, mit der Hacker lokale oder vernetzte Daten oder Systeme verschlüsseln. Diese Verschlüsselung verhindere für den Nutzer den Zugang zu seinen Daten. Ziel des Angriffs können entweder einzelne Dateien, wie Bild- oder Videodateien oder umfangreiche Dateisätze, wie ganze Datenbanken oder Serversysteme sein. Um die Verschlüsselung aufzuheben, bedarf es eines bestimmten Tools. Die Hacker drohen den betroffenen Personen damit, das Entschlüsselungstool zu vernichten. Außerdem verlangen sie Lösegeld, verbunden mit der Aussicht das Entschlüsselungstool auszuhändigen. Darüber hinaus könne es vorkommen, dass die Hacker zusätzlich damit drohen, erlangte Dateien zu veröffentlich. Das BSI stellte fest, dass die Kombination aus Lösegeld- und Schweigegelderpressung der Regelfall sei.

Um sich vor „Ramsomware“-Angriffe zu schützen, sei es erforderlich, dass Unternehmen die Nutzung ihrer Systeme durch unbefugte Personen erschweren. Dafür können sie eine Mehrfaktor-Authentisierung, ein Virtuelles Privates Netz (VPN) und strenge Passwortvorgaben einsetzen.

Cyberkriminalität im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg

Das BSI identifizierte als weitere große Bedrohung für die Cybersicherheit in Deutschland vielfältige Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg. Dabei sei es zu einer Vielzahl an verschiedenen Hackerangriffen gekommen.

Zu Beginn des Krieges setzten Hacker gegen die Ukraine sog. „Wiper“ ein. Diese Softwareprogramme sorgen dafür, dass Daten gelöscht werden. So haben Hacker, beispielsweise die Daten von ukrainischen Banken gelöscht. Auch seien Soziale-Medien das Ziel von Hackerangriffen. In Deutschland haben Hacker pro-russische Kommentare verfasst. Besonders aufgefallen sei die pro-russische Hacker-Gruppe „Killnet“. Sie habe sog. „Distributed Denial of Servies-Angriffe” (DDoS-Angriffe) auf Ziele in Ländern der EU durchgeführt. Unter diesen „DDos”-Angriffen seien „Überlastungsangriffe auf Internetdienste“ zu verstehen.

Zu Hackerangriffen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg zählte das BSI auch Angriffe des Hacker-Kollektivs „Anonymous“. Es habe Unternehmen außerhalb Russlands angegriffen, die geschäftliche Beziehungen zu Russland pflegten.

Fazit

Laut BSI sei „eine Erhöhung der Resilienz gegenüber Cyber-Angriffen (…)“ die Hauptaufgabe aller betroffenen Stellen aus Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.

Für die Vorstellung des Lageberichts war ursprünglich ein früherer Termin vorgesehen. Dieser wurde aber wegen der Freistellung des BSI-Präsidenten Arne Schönbohm verschoben (wir berichteten).

„Wie bekomme ich die Cookies auf meiner Homepage unter Kontrolle?“

Unter diesem Thema veranstaltete das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) eine Themenwoche auf seinem Mastodon-Kanal. Bei dieser Veranstaltung stellte das BayLDA, neben rechtlichen und technischen Informationen, praxisorientierte Empfehlungen rund um das Thema „Cookies“ zu Verfügung. Die Veranstaltung richtete sich an öffentliche Stellen und Interessierte.

Die Einwilligungspflicht

Zunächst informierte das BayLDA darüber, dass Cookies den Regelungen der DSGVO und ebenso dem TTDSG, das seit dem 01. Dezember 2021 in Kraft getretenen ist, unterfallen (wir berichteten). Nach § 25 Abs. 1 TTDSG bedürfe das Setzen von Cookies einer Einwilligung. Zusätzlich sei eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO für die Datenverarbeitung mittels Cookies erforderlich. Regelmäßig komme hierfür ebenso die Einwilligung in Betracht. Nach § 25 Abs. 2 TTDSG existiere eine Ausnahme zur Einwilligungspflicht. Diese liege erstens vor, wenn der Verwender Cookies zweckgebunden für die Übertragung einer Nachricht einsetze. Zweitens liege diese vor, wenn die verwendeten Cookies technisch erforderlich seien.

Es sei jedoch fraglich, wann Cookies technisch erforderlich seien. Das BayLAD führte hierzu aus, dass ein Cookie technisch erforderlich sei, wenn ohne ihn „(…) bestimmte Komponenten oder Funktionen des Telemediendienstes nicht ausgeführt werden könnten.“

Anschließend befasste sich das BayLDA mit der Frage, wie Webseitenbetreiber herausfinden könnten, welche Cookies ihre eigene Webseite setzt. Jeder Verwender könne über den Internet-Browser herausfinden, welche Cookies die aktuell aufgerufene Webseite nutze. Jeder Internet-Browser verwende dafür eine andere Funktion. Im Falle von „Mozilla Firefox“ können die Cookies beispielsweise über die „Entwicklungswerkzeuge“ angezeigt werden. 

Datenschutzrechtliche Vorgaben

Das BayLDA empfahl den Betreibern einer Webseite, darauf zu achten, Cookies möglichst datenschutzfreundlich einzusetzen. Hierbei ging das BayLDA exemplarisch auf die Auswahl von Tools zur Reichweitenmessung ein. Es empfahl solche Tools, die wenige oder keine Cookies verwenden und von einem Anbieter mit Sitz in der EU betrieben werden.

Hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Vorgaben sei bei Cookies außerdem zu beachten, dass im Sinne der Art. 13 und 14 DSGO über die durch sie erfolgende Datenverarbeitung zu informieren sei. Der Umfang der erforderlichen Informationen bestimme sich anhand der eingesetzten Cookies. Bei technisch notwendigen Cookies seien regelmäßig weniger Informationen im Vergleich zu technisch nicht notwendigen Cookies zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus solle darauf geachtet werden, zu welchem Zeitpunkt der Nutzer die Einwilligung erteile und dass dabei eine Opt-In-Lösung gewählt werde. Auch sei eine mögliche Datenübermittlung in Drittländer zu überprüfen.

Verbraucherzentrale NRW: Warnt vor „Single-Sign-On“ – Verfahren

21. Oktober 2022

Die Verbraucherzentrale NRW informierte vor Kurzem über die Risiken des sog. „Single-Sign-On“-Verfahrens. Hintergrund dieser Hilfestellung war eine Meldung von Facebook, der zufolge rund 400 Apps über die Anmeldeoption die Daten ihrer Nutzer stehlen konnten.

Einfaches Einloggen

Mittlerweile bieten eine Vielzahl an Apps und Webseite das Single-Sign-On-Verfahren an. Dem Nutzer soll es ermöglicht werden, sich einfach und schnell bei verschiedenen Onlineanwendung anzumelden. Demnach muss er nicht alle seine Anmeldedaten aufwendig eintippen, sondern kann sich beispielsweise über die Option „Login mit Facebook“ oder „Login mit Google“ anmelden. Das bereits erstelle Social-Media-Profil dient folglich zur Anmeldung oder Registrierung. Der Nutzer muss sich auf der verwendeten Webseite oder der verwendeten App kein weiteres Profil anlegen.

Aus Sicht der Verbraucherzentrale, berge dieses vereinfachte Anmeldeverfahren allerdings ein erhebliches Risiko. Wenn die Anmeldedaten des Nutzers in falsche Hände geraten, könne sich der Dritte Zugang zu sämtlichen Plattformen verschaffen. Dabei stelle die Anmeldung mittels „Single-Sign-On“ eine Art Generalschlüssel dar. Außerdem sei es möglich, dass der Webseitenbetreiber, der die Anmeldung über einen Social-Media-Account ermögliche, die Anmeldedaten nicht verschlüssele. Im Falle eines Diebstahls sei der Missbrauch folglich besonders leicht möglich.

Datendiebstahl über Facebook

Zusätzlich legte Facebook vor kurzem einen Datendiebstahl offen. Der Social-Media-Dienst teilte mit, dass sog. Malware-Apps die Daten von rund einer Millionen Facebook– Nutzern entwendet hätten. Dabei konnten Facebook-Nutzer verschiedene Apps für Android oder iOS herunterladen. Anschließend hätten die Apps ein „Login mit Facebook“ angeboten. Eine Anmeldung in der App sei allerdings nicht erfolgt. Stattdessen habe ein Phishing-Formular, die eingegebenen Daten an die hinter den Apps versteckten Hacker gesendet. Daraufhin übernahmen diese die Accounts der betroffenen Facebook-Nutzer.  

Mögliche Vorkehrungen

Aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW könne jeder Nutzer Vorkehrungen treffen, um einen möglichen Datendiebstahl zu verhindern. Über die Datenschutzerklärung können die Nutzer sich darüber informieren, welche Daten Social-Media-Plattformen mit Webseiten- und App-Betreibern austauschen. Zusätzliche sollte der Nutzer, bei Verwendung des „Single-Sing-On“-Verfahrens ein starkes Passwort wählen. Dieses könne außerdem durch die Zwei-Faktor-Authentifizierung abgesichert werden. Im Falle eines Sicherheitslecks sei das Passwort sofort zu ändern und auf ungewöhnliche Zahlungsvorgänge auf dem eigenen Konto zu achten.

Innenministerin beruft BSI-Chef Schönbohm ab

Die Bundesinnenministerin Nancy Faser hat den Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Arne Schönbohm abberufen. Am 18. Oktober 2022 stellte Faser den Chef des BSI zunächst frei. Die Freistellung erfolgte, nachdem verschiedene Vorwürfe gegen den Präsidenten des BSI aufkamen. Demnach soll Schönbohm einem Verein nahestehen, der (auch nach eigenen Angaben) Kontakte zum russischen Geheimdienst unterhalten soll.

Fragwürdige Kontakte

Ausgelöst wurden die Vorwürfe durch eine am 07. Oktober 2022 ausgestrahlte Folge des ZDF-Magazins „Royale“. In dieser präsentierte der TV-Satiriker Jan Böhmermann die Ergebnisse einer Recherche-Zusammenarbeit der ZDF-Produktion und des Recherchenetzwerks „Policy Network Analytics“.

Diesen Recherchen zufolge soll Schönbohm, bevor er Präsident des BSI wurde, 2012 den „Cyber-Sicherheitsrat e.V.“ (mit-) gegründet haben. Der private Verein berät nach eigenen Angaben Unternehmen und Politik im Bereich Cyber-Sicherheit. Der Name Cyber-Sicherheitsrat Deutschland ist fast identisch mit dem Cyber-Sicherheitsrat des Bundesinnenministerium. In einem Schreiben des für Cybersicherheit zuständigen Ministerialdirigenten des Innenministeriums vom 27. Mai 2015 an die Chefs von 5 Sicherheitsbehörden des Bundes wurde daran erinnert, eine Abgrenzung zu dem Verein sicherzustellen. Jegliche Unterstützung, beispielsweise durch die Unterstützung von Veranstaltungen, habe zu unterbleiben. Mitglied dieses Vereins sei u.a. die in Berlin ansässige „Protelion GmbH“. Protelion selbst stelle Software zum Schutz vor Cyberangriffen her. Die Protelion GmbH sei allerdings erst seit August 2022 unter ihrem jetzigen Firmennamen bekannt. Zuvor trug das Unternehmen den Namen „Infotecs“. Die Infotecs GmbH sei eine Tochtergesellschaft des russischen Cybersicherheits-Unternehmens „O.A.O Infotecs“. Ein ehemaliger Mitarbeiter des sowjetischen Nachrichtendienstes KGB habe den russischen Mutterkonzern gegründet. Darüber hinaus habe Infotecs bereits mit russischen Regierungsstellen zusammengearbeitet. Folglich sollen russische Stellen die Sicherheitssysteme von Infotecs für ihre Zwecke verwendet haben. Diese biete die Firma ebenso auf dem deutschen Markt als Mittel zur Abwehr von Cyberangriffen an.  

Außerdem berichtete das ZDF-Magazin Royal über weitere vermeintliche Verbindungen des Cyber-Sicherheitsrates e.V.“ zu Russland. Gegenstand dieser Verbindungen sei ein jetziges Präsidiums-Mitglied des Cyber-Sicherheitsrates e.V., Hans-Wilhelm Dünn. Diesem wurden in der Vergangenheit fragwürdige Kontakte zu russischen Stellen vorgeworfen.

Aufgrund dieser Verbindungen habe Schönbohm es den Mitarbeitern des BSI untersagt, bei Veranstaltungen des Cyber-Sicherheitsrates e.V. aufzutreten. Er selbst habe allerdings bei dem zehn-jährigen Jubiläum des Vereins eine Rede gehalten. Dem „Spiegel“ zufolge, segnete das Bundesinnenministerium dieses Vorgehen ab.

Fazit

Im Ergebnis steht im Zentrum der Kritik an Schönbohm seine vermeintlich fehlende Distanz zu Russland, obwohl die Bundesrepublik bereits mehrfach das Ziel russischer Cyberangriffe war. Das Innenministerium sagte dazu, dass Schönbohm „das notwendige Vertrauen der Öffentlichkeit in die Neutralität und Unparteilichkeit der Amtsführung (…) nachhaltig beschädigt“ habe.

Derweil bat Schönbohm darum, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Das Innenministerium strenge ein solches bislang allerdings nicht an.

Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Nutzung russischer Systeme aktuell mit einem erheblichen Risiko verbunden ist.

LDI Nordrhein-Westfalen genehmigt EU-weit erste Datenschutz-Zertifizierung durch Privatunternehmen

19. Oktober 2022

Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen (LDI NRW) genehmigte am 7. Oktober 2022 erstmalig die Kriterien eines Unternehmens für die Zertifizierung von Auftragsverarbeitern. Mit dem Zertifikat „European Privacy Seal“ („EuroPriSe“) sollen Unternehmen zukünftig ihre DSGVO-konformen Auftragsverarbeitungen nachweisen können.

Bedeutung

Die EuroPriSe GmbH ist europaweit das erste Unternehmen, das eine Genehmigung für seinen Kriterienkatalog erhalten hat. Im Genehmigungsverfahren hat die LDI NRW „gemäß dem europäischen Datenschutzrecht geprüft, ob die Kriterien, nach denen die Zertifikate an Auftragsverarbeiter erteilt werden sollen, tatsächlich die Einhaltung der DSGVO bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sicherstellen – und damit die Persönlichkeitsrechte wahren.“

Allerdings befreit ein Zertifikat weder die Verantwortlichen und Auftragsverarbeiter noch die Aufsichtsbehörden von ihren Pflichten aus der DSGVO. Die Zertifizierung bleibt ein freiwilliges Instrument (vgl. Art. 42 Abs. 3 DSGVO), welches lediglich für einen Zeitraum von drei Jahren mit Aussicht auf Verlängerung erteilt werden kann (vgl. Art. 42 Abs. 3 S. 1 DSGVO).

Zertifizierungsverfahren nach Art. 42 DSGVO

Das Zertifizierungsverfahren nach Art. 42 DSGVO ist aufwendig und erfordert die Zusammenarbeit der Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) und der zuständigen Aufsichtsbehörde. Für eine Zertifizierung muss zudem die Empfehlung des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) eingeholt und umgesetzt werden, damit eine einheitliche Anwendung der DSGVO in der EU gewährleistet werden kann.

Bewertung und Ausblick

Die Vorteile eines solchen Zertifikats sind vielfältig und beschränken sich nicht nur auf Marketing-Zwecke. Anwendungsbereiche werden von der DSGVO an verschiedenen Stellen explizit erwähnt. So kann ein Zertifikat für den Nachweis der DSGVO-Anforderungen beispielsweise bei der Beurteilung der Erfüllung der Pflichten des Verantwortlichen, Garantien des Auftragsverarbeiters, Datenübertragungen an ein Drittland oder auch bei der Datenschutz-Folgenabschätzung als Faktor herangezogen werden. Eine Zertifizierung kann Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern also in vielen Bereichen den Nachweis der Pflichterfüllung erleichtern. Laut LDI NRW sei ein zentrales Ziel Transparenz, da Zertifikate als bewährtes Instrument den Markteilnehmenden einen „raschen Überblick über das Datenschutzniveau einschlägiger Produkte und Dienstleistungen“ lieferten.

Es bleibt abzuwarten, wie die Aufsichtsbehörden solche Zertifikate in Zukunft bei ihren Bewertungen von Verarbeitungsvorgängen einfließen lassen werden und ob sich die erhoffte Vereinfachung des Nachweises für Datenverarbeiter auch tatsächlich einstellt. Für den Markt bedeutet diese erste Genehmigung jedenfalls einen Meilenstein, der voraussichtlich den Weg für weitere Zertifizierungen nach Art. 42 DSGVO ebnen wird.

Präsident Biden unterzeichnet Exekutiverlass zur Umsetzung des Datenschutzabkommens zwischen der EU und den USA

17. Oktober 2022

In dem Disput zwischen der Europäischen Union (EU) und den Vereinigten Staaten über den Transfer personenbezogener Daten über den Atlantik zeichnet sich eine Lösung ab. Am 07.10.2022 unterzeichnete Präsident Biden eine Exekutivanordnung über die Verbesserung der Schutzmaßnahmen für die Aktivitäten der US-amerikanischen Nachrichtendienste. Das Dekret soll der „Signal Intelligence“, also der elektronischen Aufklärung der US-Geheimdienste, engere Regeln setzten. Darin werden nun die Schritte festgelegt, die die Vereinigten Staaten unternehmen, um die von Präsident Biden und der Präsidentin der Europäischen Kommission von der Leyen im März 2022 angekündigten Zusagen der USA im Rahmen des Datenschutzrahmens zwischen der EU und den USA (Trans-Atlantic Data Privacy Framework (TADPF)) umzusetzen.

Hintergrund

Das neue Regelwerk soll eine erhebliche Lücke im Datenschutz auf beiden Seiten des Atlantiks schließen. Das erste Abkommen („Safe Harbor“) fiel 2015, das nachfolgende („Privacy Shield“) 2020. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in den Urteilen Schrems I (Az.: C-362/14) und Schrems II (Az.: C 311/18) entschieden, dass das Datenschutzniveau in den Vereinigten Staaten nicht den Standards der EU entspreche. Die Verfahren hatte der österreichische Jurist Max Schrems mit seinem Datenschutzverein „noyb“ angestrengt. Das Gericht kam zu dem Entschluss, dass die Vereinigten Staaten über zu umfangreiche Kontrollmöglichkeiten für europäische personenbezogene Daten verfügten. Das Verfahren schuf enorme Unsicherheit über die Voraussetzungen für Unternehmen, personenbezogene Daten aus der Europäischen Union in die Vereinigten Staaten in einer Weise zu übertragen, die mit dem EU-Recht vereinbar ist.

Verpflichtung zu Schutzmaßnahmen

Große und kleine Unternehmen aus den USA und der EU in allen Wirtschaftszweigen sind auf grenzüberschreitende Datenströme angewiesen, um an der digitalen Wirtschaft teilzuhaben und ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten erweitern zu können.

Mit dem neuen Abkommen sollen die europäischen Bedenken gegen die Überwachung durch US-Geheimdienste ausgeräumt werden. Vergangenen März, nachdem sich die USA und die EU grundsätzlich auf den neuen Rahmen geeinigt hatten, erklärte das Weiße Haus in einem Fact Sheet, dass die USA sich verpflichtet hätten, neue Schutzmaßnahmen einzuführen, um sicherzustellen, dass die Aktivitäten der Nachrichtendienste zur Verfolgung definierter nationaler Sicherheitsziele notwendig und verhältnismäßig sind.

Voraussetzungen für Eingriffe definiert

Die US-Verordnung nennt zunächst auch die Fälle, bei denen das Sammeln personenbezogener zulässig bleibe. Dazu gehöre beispielsweise der Kampf gegen den Terrorismus oder auch Maßnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit. Rechtswidrig wäre ein Eingriff beispielsweise dann, wenn er in diskriminierender Absicht erfolge. Darüber hinaus soll der neue Rechtsrahmen es Einzelpersonen in der EU ermöglichen, über ein unabhängiges Datenschutzprüfungsgericht Rechtsmittel einzulegen. In einem ersten Schritt soll dann ein Beamter des Direktorats der US-Geheimdienste („Civil Liberties Protection Officer“ (CLPO) im Office of the Director of National Intelligence) Beschwerden von EU-Bürgerinnen und Bürgern prüfen. Anschließend würde ein Gremium (Data Protection Review Court (DPRC)) mit „uneingeschränkter Befugnis“ über Ansprüche entscheiden und bei Bedarf Abhilfemaßnahmen anordnen. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt werden.

Verhältnismäßigkeit und Rechtsbehelf weiterhin problematisch

Schon unmittelbar nach der Veröffentlichung wurde Kritik laut. Der Datenschutzverein noyb kündigte bereits an, gerichtlich gegen den Angemessenheitsbeschluss vorgehen zu wollen, wenn dieser die Executive Order der USA als legitim akzeptiere. Auf den ersten Blick versuche man hier ein drittes Abkommen ohne rechtliche Basis, so der Jurist Max Schrems. „Ich gehe davon aus, dass auch ein neues Abkommen bald vom EuGH kassiert wird.“ In den USA bestehe weiterhin die Situation der ständigen Massenüberwachung. Um eine Verhältnismäßigkeit gewährleisten zu können, müssten die USA aber auch dasselbe Verständnis von Verhältnismäßigkeit haben und anwenden, wie es die Grundrechtscharta vorsehe. Darüber hinaus werde auch der vom EuGH geforderte Rechtsbehelf nicht umgesetzt. „Obwohl die Stelle Court (Gericht) heiße, sei es tatsächlich kein Gericht, sondern eine Stelle der Exekutive”, so Schrems.

Der Ball liegt nun im Feld der EU-Kommission, die nun über den Erlass entscheiden muss und ggf. einen dazu passenden eigenen Rechtsrahmen erarbeiten könnte. Das könnte bis zum Frühjahr dauern. Es bleibt abzuwarten, ob der neue Rechtsrahmen dann den Anforderungen des EuGHs standhalten würde.

Bitkom: Umfrage zur DSGVO

13. Oktober 2022

Der Digitalverband Bitkom veröffentlichte vor Kurzem die Ergebnisse einer Umfrage, bei der deutsche Unternehmen zur Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) befragt wurden. Für die Umfrage „Datenschutz in der deutschen Wirtschaft: DSGVO & internationale Datentransfers“ erhob Bitkom die Daten von 503 Unternehmen, mit mindestens 20 Mitarbeitern.

Größtenteils umgesetzt

Zunächst wurde im Rahmen der Umfrage die Frage gestellt, wie weit die Unternehmen mit der Umsetzung der DSGVO seien. Hierbei gaben 22 Prozent an, dass sie die DSGVO bereits vollständig umgesetzt hätten. Danach folgten 40 Prozent der Unternehmen, die die DSGVO nach eigenen Angaben bereits größtenteils umgesetzt hätten. Allerdings sei laut 33 Prozent der befragten Unternehmen in ihrem Betrieb die DSGVO nur teilweise umgesetzt worden.  Zwei Prozent aller Unternehmen hätten erst kürzlich mit der Umsetzung begonnen

Probleme bei der Umsetzung

Anschließend wollte Bitkom wissen, woran die Umsetzung der DSGVO im Unternehmen gescheitert sei. Dafür ermittelte der Verband zunächst alle externen Faktoren, die ein Hindernis bei der Umsetzung der DSGVO darstellten.

Laut 88 Prozent aller befragten Unternehmen sei die Umsetzung der DSGVO im Betrieb nie vollständig abgeschlossen. Demnach sei die Rechtsumsetzung, beispielsweise aufgrund immer neuer Guidelines, regelmäßig erneut anzugehen. Den zweiten und dritten Platz der Faktoren, die die Umsetzung der DSGVO hemmten, belegen die fehlende Rechtssicherheit (78 Prozent) und die Implementierung neuer Anwendungen im Betrieb (77 Prozent). Zusätzlich sei ein weiteres Problem die uneinheitliche Auslegung der DSGVO innerhalb der Europäischen Union (EU; 57 Prozent) und die uneinheitliche Auslegung innerhalb Deutschlands (40 Prozent).

Hinzu kommen weitere Faktoren, auf die die Unternehmen einen direkten Einfluss haben.  Der zeitliche Aufwand bei der IT- und Systemumstellung (45 Prozent) sowie fehlende finanzielle Ressource (32 Prozent) stellen für die Unternehmen die größten Hemmnisse dar. Im Vergleich zum Vorjahr sank allerdings die Anzahl der Unternehmen, die angaben, dass fehlende qualifizierte Beschäftigte ein Hemmnis darstellten, von 33 auf 24 Prozent.

Hemmnisse bei der Digitalisierung

Als weiteres Problem der DSGVO- Umsetzung im Unternehmen erwies sich, dass ein strenger Datenschutz die Digitalisierung erschwere (68 Prozent). Außerdem gaben 65 Prozent der befragten Unternehmen an, dass der uneinheitliche Datenschutz die Digitalisierung bremse. Der Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder betonte dabei, dass „(…) eine Balance zwischen Datennutzung und Datenschutz (…)“ erforderlich sei.

Datenübermittelung in Drittländer

Zusätzlich ermittelte Bitkom, dass lediglich 40 Prozent der befragten Unternehmen personenbezogene Daten nicht in Drittländer außerhalb der EU übermittelten. Demnach stimmten 39 Prozent der Unternehmen dafür, dass für den internationalen Datentransfer eine politische Lösung erforderlich sei.

EuGH kippt anlasslose Vorratsdatenspeicherung

12. Oktober 2022

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hält die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in Deutschland für rechtswidrig – und für einen Verstoß gegen die Grundrechte. So ist das allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG betroffen, und darüber die informationelle Selbstbestimmung.

Dies entschied der EuGH in seiner Entscheidung vom 20. September 2022. Sie stellt eine äußerst bedeutende Entscheidung für den zukünftigen Kurs der Bundesregierung dar. Somit wird im Kontext der digitalen Strafverfolgung, anhand spezifischer Kommunikationsdaten verdächtigter Bürger, wohl ein anderes Vorgehen unvermeidlich sein.

Bundesjustizminister stellt sogenanntes „Quick-Freeze-Verfahren” vor

Mit diesem Verfahren soll eine anlasslose Speicherung von Kontaktdaten durch Unternehmen vermieden- und stattdessen ein sinnbildliches Einfrieren von Verkehrsdaten ermöglicht werden. Es handelt sich dabei um einen Zugriff auf noch im Unternehmen vorhandene Daten.
Klärend muss an dieser Stelle erläutert werden, dass es sich bei den nun einzufrierenden Telekommunikationsdaten („Verkehrsdaten“) nicht um anlasslos gespeicherte Daten handelt. Die betroffenen Daten liegen aufgrund unternehmenseigener Agenden schlichtweg noch vor.

Das „Quick-Freeze-Verfahren“ in zwei Schritten

Im ersten Schritt soll Ermittlungsbehörden, bei Verdacht auf eine Straftrat mit erheblicher Bedeutung hin, ein agiles Einfrieren möglicher relevanter Verkehrsdaten beim Unternehmen möglich gemacht werden. Provider dürften sodann vorhandene korrelierende- sowie neu anfallende Daten nicht mehr löschen.
Im zweiten Schritt erst würde eine Übermittlung der Daten an die Ermittler erfolgen. Auch hierfür wäre wieder ein Gerichtsbeschluss unter der Voraussetzung, dass die eingefrorenen Daten auch wirklich ermittlungsrelevant wären, notwendig.

Fazit

Mit der Entscheidung des EuGH geht der Kurs der Bundesregierung unweigerlich in eine Richtung die zugunsten der Grundrechte ausfällt. Ein stetiges Gefühl von Überwachung hat in einer demokratischen Gesellschaft schlichtweg keinen Platz. Auch die Ermittlungsbehörden haben durch diese Entscheidung keine Nachteile. Das „Quick-Freeze-Verfahren“ könnte sich möglicherweise als ein agiles Instrument zur zuverlässigen Bekämpfung von Kriminalität erweisen.

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