Doctolib: KI-Training mit Gesundheitsdaten
Laut einer aktualisierten Datenschutzerklärung, die ab dem 22.02.2025 wirksam werden soll, plant Doctolib das Training seiner Künstlichen Intelligenz (KI-Training) mit Gesundheitsdaten durchzuführen, sofern eine explizite Einwilligung vorliegt. Andere Daten wolle das Unternehmen auch ohne Einwilligung nutzen. Diese Ankündigung wirft zahlreiche Fragen zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit auf.
Hintergrund zu Doctolib
Doctolib hat sich in Deutschland als führende Plattform für die Online-Terminbuchung bei Ärzten und Gesundheitseinrichtungen etabliert. Mit rund 20 Millionen aktiven Patientenkonten und über 100.000 Gesundheitsfachkräften, die den Dienst nutzen, ist das Unternehmen eine zentrale Schnittstelle im digitalen Gesundheitswesen. In der Vergangenheit hat der Dienst des Webseitenbetreibers allerdings auch schon zu negativen Schlagzeilen geführt. So erhielt das Unternehmen 2021 den Negativpreis des „Big Brother Awards“ in der Kategorie Gesundheit. Der Vorwurf fokussierte sich damals insbesondere auf die Verletzung der Vertraulichkeitspflicht und auf die Verwendung von Nutzerdaten für kommerzielle Marketingzwecke.
Zunehmende Bedeutung von KI
Der aktuelle Fokus von Doctolib auf KI-gestützte Anwendungen wurde besonders durch die Übernahmen der Unternehmen Aaron.ai und Typeless deutlich, die innovative Lösungen wie automatisierte Telefonassistenten und Spracherkennungstechnologien für den medizinischen Bereich bereitstellen. Laut einer E-Mail will Doctolib KI-gestützte Funktionen wie automatische Erinnerungssysteme für Rezepterneuerungen oder erweiterte Kommunikationsoptionen zwischen Patienten und Ärzten entwickeln. Der Nutzen solcher Anwendungen liegt in der Effizienzsteigerungen im Praxisalltag, personalisierten Gesundheitsservices und einer verbesserten Patientenkommunikation. Damit ist laut einer an Doctolib-Nutzer verschickten E-Mail die Zielsetzung einerseits der Zugang zu neuen personalisierten Diensten sowie die Entwicklung neuer innovativer Produkte.
Geplantes Datennutzung
Laut den aktualisierten Datenschutzhinweisen von Januar 2025 soll das Training mit Daten wir Geschlecht, Geburtsmonat, -jahr und Umfrageergebnissen ohne eine Zustimmung aufgrund eines berechtigten Interesses erfolgen.
Für den Einsatz von Gesundheitsdaten beabsichtigt Doctolib, die Einwilligung der Nutzer einzuholen. Diese Einwilligung soll freiwillig und jederzeit widerrufbar sein. In einer Mitteilung an die Nutzer hebt das Unternehmen hervor, dass keine Nachteile entstehen, wenn eine Zustimmung ausbleibt. Die betroffenen Datenkategorien umfassen unter anderem Informationen über Suchanfragen, Terminhistorien, medizinische Vermerke und Gesundheitsdokumente, die entweder von den Nutzern selbst oder von den behandelnden Praxen über die Plattform eingebracht wurden.
Berechtigtes Interesse als Grundlage für KI-Training
Besonders fraglich ist, ob die Verarbeitung von Daten zum KI-Training auf ein berechtigtes Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gestützt werden kann. Beispielsweise wollte Meta eine Fülle an personenbezogenen Daten zur Entwicklung von KI-Anwendungen verwenden und sich ebenfalls auf die Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses stützen. Nach heftiger Kritik kündigte Meta jedoch an, das KI-Training in der EU vorerst zu stoppen.
Eine Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) zu KI-Modellen schlägt zur Feststellung, ob der Rückgriff auf diese Rechtsgrundlage möglich ist, einen dreistufigen Test vor. Die Datenverarbeitung müsse zunächst unbedingt für das berechtigte Interesse erforderlich sein. Eine Interessenabwägung müsse ergeben, dass die Rechte und Interessen der betroffenen Personen nicht überwiegen. Zuletzt müssten Personen vernünftigerweise mit der Verarbeitung rechnen können. Als Kriterien könnten beispielsweise die Öffentlichkeit der Daten und die Kenntnis der Betroffenen über ihre Verarbeitung relevant sein.
Fazit
Dass Doctolib KI-Training mit Gesundheitsdaten durchführen will, birgt zweifellos Chancen für Innovationen aber auch Risiken. Funktionen wie automatisierte Rezeptverlängerungen oder erweiterte Kommunikationsmöglichkeiten könnten sowohl für Patienten als auch für Ärzte erhebliche Vorteile bringen. Spannend wird in diesem Zusammenhang bleiben, unter welchen exakten Voraussetzungen das berechtigte Interesse hierfür als Rechtsgrundlage greift.