KI in der Kanzlei – BRAK gibt Leitfaden als Orientierungshilfe

3. März 2025

KI im Kanzleialltag: BRAK gibt OrientierungshilfeDer KI-Leitfaden der BRAK gibt klare Empfehlungen zum KI-Einsatz in Kanzleien. Datenschutz und Verschwiegenheit bleiben zentrale Pflichten. Künstliche Intelligenz darf unterstützen, aber nicht ersetzen – eine sorgfältige Prüfung ist essenziell. Zudem sind Schulungen und klare Richtlinien ratsam – doch das gilt für alle Branchen!

KI-Leitlinien der Bundesrechtsanwaltskammer

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat im Dezember 2024 einen umfassenden Leitfaden zum Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in Anwaltskanzleien veröffentlicht. Er soll für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als Orientierungshilfe dienen, um den Einsatz von KI-Technologien berufsrechtskonform einzusetzen. Die von der BRAK erläuterten Chancen, Risiken und Handlungshinweise sind  jedoch auch für alle Unternehmen die personenbezogene Daten verarbeiten hilfreich bei der Nutzung von KI.

Chancen und Risiken des KI-Einsatzes in Kanzleien

Die BRAK geht davon aus, dass der Einsatz von KI-Tools in Anwaltskanzleien erhebliche Effizienzgewinne mit sich bringen kann. Insbesondere Sprachmodelle (LLM) wie ChatGPT können bei beim Dokumentenmanagement, als Recherche-Tools oder bei der Übersetzung von Rechtsdokumenten unterstützen. Allerdings weist die BRAK darauf hin, dass der Einsatz dieser Technologien auch Herausforderungen mit sich bringt, insbesondere hinsichtlich des Datenschutzes, der Verschwiegenheitspflicht und Haftungsfragen. Große Sprachmodelle, können zwar scheinbar mühelos und schnell Rechtstexte produzieren, aber ohne tatsächliches Verständnis. Die BRAK betont insbesondere das Risiko von “Halluzinationen”, also der Generierung falscher Informationen, und von “Bias”, also verzerrten Ergebnissen durch unzureichendes Trainingsmaterial. Eine sorgfältige Überprüfung der KI-Ergebnisse durch den Rechtsanwalt sei daher unerlässlich, um Fehler und Haftungsrisiken zu vermeiden.

Haftungsfragen und eigenverantwortliche Kontrolle

Die BRAK betont, dass der Einsatz von KI-Tools in der Anwaltschaft stets mit einer eigenverantwortlichen Überprüfung und Endkontrolle einhergehen muss. Nach § 43 Satz 1 BRAO und dem Grundsatz der höchstpersönlichen Leistungserbringung (§ 613 BGB) sind Rechtsanwälte zur gewissenhaften Berufsausübung verpflichtet und dazu, dass anwaltliche Tätigkeiten grundsätzlich eigenverantwortlich und – wenn erforderlich – persönlich zu erbringen sind.

Daher ist jeder KI-generierte Output sorgfältig zu prüfen. Die BRAK warnt ausdrücklich vor ungeprüfter Übernahme, da KI Fehler machen oder Rechtslagen unzutreffend darstellen kann. Wer KI nutzt, muss berufsrechtliche Vorgaben einhalten und sicherstellen, dass die anwaltliche Sorgfaltspflicht gewahrt bleibt.

Besondere Sorgfaltspflichten beim Einsatz von KI

Die BRAK betont, dass mit der Nutzung von KI-Tools besondere Sorgfaltspflichten verbunden sind. Je höher der Automatisierungsgrad und Einsatzzweck, desto strenger sind die Anforderungen. Insbesondere wenn KI-Systeme direkt in der Mandantenkommunikation eingesetzt wird (z. B. Chatbots, Auto-Responder), gilt ein höherer Sorgfaltsmaßstab.

Keine Pflicht zum Einsatz von KI

Laut der BRAK besteht keine berufsrechtliche Verpflichtung, KI-Tools einzusetzen. Auch wenn sie Effizienzgewinne bringen, sind Anwältinnen und Anwälte nicht dazu verpflichtet. Allerdings kann der Einsatz von KI oder Legal-Tech in bestimmten Fällen, etwa bei Massenverfahren, erforderlich sein, um den Kanzleipflichten gemäß § 5 BORA nachzukommen.

Wahrung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht

Ein zentrales Anliegen der BRAK ist die Wahrung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht gemäß § 43a Abs. 2 BRAO. Diese muss auch beim Einsatz von KI und LLMs gewahrt bleiben. Dieses Gebot erstreckt sich auf alle Informationen, die in Ausübung des Anwaltsberufes im Rahmen eines Mandats bekannt werden.

Vertrauliche Mandanteninformationen dürfen nur unter strengen Voraussetzungen an KI-Anbieter weitergegeben werden (§ 43e BRAO). Wenn möglich sollten “abstrakte” Anfragen gestellt werden, die auch im Kontext keinerlei Rückschlüsse auf ein bestimmtes Mandat zulassen. Soweit es erforderlich ist, Dokumente hochzuladen, sollten diese vorher vollständig anonymisiert sein, empfiehlt die BRAK weiter.

Die BRAK betont, dass Kanzleien besonders sorgfältig prüfen müssen, ob und inwieweit vertrauliche Mandanteninformationen in KI-Systeme eingespeist werden dürfen („Need-to-know-Prinzip“). Dabei wird darauf hingewiesen, dass viele KI-Anwendungen Daten an Dritte übermitteln oder speichern können, was mit den berufsrechtlichen Vorgaben kollidieren kann.

Zusätzlich zu § 43e BRAO müssen auch die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten (DSGVO, BDSG) eingehalten werden. Die BRAK verweist insoweit auf die Datenschutzhinweise der Datenschutzkonferenz (abrufbar hier) vom 06.05.2024.

KI-Kompetenz und Schulung unerlässlich

Die BRAK geht auch auf die KI-Verordnung (KI-VO) ein und unterstreicht deren Bedeutung für die Anwaltschaft.  Nach der KI-VO müssen Anbieter und Betreiber von KI-Systemen sicherstellen, dass ihr Personal über eine ausreichende KI-Kompetenz verfügt (Art. 4 KI-VO). Nach Ansicht der BRAK gelten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Regel als “Betreiber”. „Die Erstellung von Handlungsanweisungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Anwaltskanzlei und deren Schulung im Umgang mit KI-Systemen ist daher ein wesentlicher Bestandteil einer verantwortungsvollen Nutzung von KI,“ so die BRAK weiter.

Weitere Auswirkungen der KI-VO auf die Rechtsbranche

Ab dem 02.08.2026 gelten Transparenzpflichten (Art. 50 KI-VO). In diesem Zusammenhang weist die BRAK auf gegebenenfalls bestehende Offenlegungspflichten hin, wenn KI-generierter Text veröffentlicht wird. Diese entfalle jedoch, soweit der Text von einer Rechtsanwältin bzw. einem Rechtsanwalt überprüft und verantwortet wird. Die KI-VO und das anwaltliche Berufsrecht stehen dabei grundsätzlich nebeneinander, so die BRAK. Ein konformes KI-System könne daher trotzdem gegen Berufsrecht verstoßen und umgekehrt.

Handlungsempfehlungen für einen sicheren KI-Einsatz

Aus dem KI-Leitfaden der BRAK lassen sich konkrete Handlungshinweise ableiten. Zunächst sollten KI-Tools gründlich geprüft werden, um deren datenschutzrechtlichen Eigenschaften und Risiken zu bewerten. Klare interne Richtlinien sollen sicherstellen, dass der KI-Einsatz transparent und nachvollziehbar bleibt. Abhängig vom Umfang der Nutzung kann ein Risikomanagementsystem mit Dokumentations- und Überwachungspflichten nach der KI-VO oder der DSGVO erforderlich sein.

Wie bereits aufgezeigt ist die gezielte Schulung des Kanzleipersonals essenziell, um Risiken zu minimieren und den kompetenten Umgang mit KI zu gewährleisten und nicht zuletzt den Anforderungen an die KI-Kompetenz der KI-VO zu entsprechen. Darüber hinaus empfiehlt die BRAK, regelmäßig Fortbildungen zum Thema KI und zur KI-VO zu besuchen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Hierfür empfiehlt die BRAK die Guidelines des CCBE zur Nutzung von KI-Tools in der Anwaltskanzlei, sowie ferner den Leitfaden „European Lawyers in the Era of ChatGPT“ der European Bars Federation.

Schließlich spricht sich die BRAK für Transparenz gegenüber Mandanten aus. Zwar bestehe derzeit keine ausdrückliche berufsrechtliche Pflicht, Mandanten über den Einsatz von KI in der Mandatsbearbeitung zu informieren, dennoch sei ein offener Umgang mit KI-gestützten Prozessen ratsam. So könne das Vertrauen der Mandanten gewahrt und eventuelle Missverständnisse vermieden werden.

Fazit

Die BRAK kommt zu dem Schluss, dass KI-Technologien zwar große Potenziale für die Anwaltschaft bieten, ihre Nutzung jedoch sorgfältig durchdacht und kontrolliert werden muss. Die Wahrung der Verschwiegenheitspflicht, die Einhaltung der Datenschutzvorgaben und eine eigenverantwortliche Überprüfung der KI-generierten Inhalte sind essenziell.

Dies gilt nicht nur für Anwaltskanzleien, sondern für alle Unternehmen, die in ihrer Tätigkeit sei es Beratung oder Dienstleistung personenbezogene Daten verarbeiten. Die BRAK-Empfehlungen sollten daher branchenübergreifend Beachtung finden.

Benötigen Sie Unterstützung im Umgang mit künstlicher Intelligenz?

Wir bieten Schulungen, Risikobewertungen und die Erstellung maßgeschneiderter KI-Leitfäden und Richtlinien für Ihr Unternehmen an. Fordern Sie noch heute Ihr Angebot bei uns an – KI-Beauftragter – KINAST.