BVerfG: Erweiterte Datennutzung (“Data-Mining”) nach dem Antiterrordateigesetz teilweise verfassungswidrig

15. Januar 2021

In seinem Urteil vom 11. Dezember 2020 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Sicherheitsbehörden das sogenannte „Data Mining“ zu Zwecken der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung nicht nutzen dürfen. Beim „Data-Mining“ geht es um eine erweiterte Datennutzung nach dem Antiterrordateigesetz (ATDG).

Bei der erweiterten Datennutzung handelt es sich um eine automatische Auswertung großer personenbezogener Datenmengen zur Feststellung bestimmter Hintergründe, Verknüpfungen und verborgener Zusammenhänge, auf deren Basis Polizei- und Verfassungsschutz zu ausgewählten Projekten gemeinsame Dateien hätten anlegen und auswerten können.

Diese sollte sich auf § 6a Absatz 2 Satz 1 des Antiterrordateigesetzes (ATDG) stützen:

Eine [an der Antiterrordatei] beteiligte Behörde des Bundes darf zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben die in der Datei nach § 3 gespeicherten Datenarten mit Ausnahme der nach § 4 verdeckt gespeicherten Daten erweitert nutzen, soweit dies im Rahmen eines bestimmten einzelfallbezogenen Projekts für die Verfolgung qualifizierter Straftaten des internationalen Terrorismus im Einzelfall erforderlich ist, um weitere Zusammenhänge des Einzelfalls aufzuklären. “

Die Richter entschieden, dass dieser Teil des ATDG verfassungswidrig und damit unanwendbar ist. Diese Maßnahme stelle einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar und ist dementsprechend mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar. 

 „Die heutige Entscheidung stärkt den Datenschutz“ äußert auch Professor Ulrich Kelber, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) und sieht sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt. „Solche Techniken bedürfen einer klaren Rechtsgrundlage mit eigenständigen Eingriffsschwellen.“

Auch der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (TLfDI) Dr. Lutz Hasse begrüßt das Urteil: „Wiederum ein guter Tag für den Schutz der Privatsphäre sowie für die verfassungsrechtlich gebotene Trennung zwischen Polizei und Nachrichtendiensten.“

Diese Entscheidung bestärkt die Linie der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung der letzten Jahre. Ein Eingriff in die Datenschutzrechte einer betroffenen Person sind an ihrer Intensität zu messen und bedürfen klarer Rechtsgrundlagen.