Datenschutz in der neuen Lohntransparenz-Richtlinie

26. Juni 2023

Im Mai 2023 verabschiedete die Europäische Union die Richtlinie (EU) 2023/970 zur Verbesserung der Lohntransparenz. Diese Richtlinie tritt im Juni in Kraft und legt fest, dass die Mitgliedstaaten bis zum 7. Juni 2026 die Lohntransparenz-Richtlinie umsetzen müssen. Das Hauptziel dieser Richtlinie ist es, geschlechtsspezifische Diskriminierung bei der Gehaltszahlung aufzudecken und dagegen vorzugehen. Die Richtlinie strebt ausdrücklich danach, den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch die Förderung von Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen zu stärken.

Der Anwendungsbereich der Richtlinie

Gemäß Artikel 2 Absatz 1 gilt sie für alle Arbeitgeber sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. Dies bedeutet, dass sie nicht nur für Privatunternehmen, sondern auch für Behörden, Gerichte und Kirchen gilt. Zusätzlich können auch andere Personengruppen, sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen, unter den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen. Zu diesen Gruppen gehören beispielsweise Hausangestellte, Arbeitnehmer in geschützten Beschäftigungsverhältnissen, Auszubildende oder Praktikanten (siehe Erwägungsgrund 18).

Fragen zum bisherigen Gehalt nicht erlaubt

Die Richtlinie erfasst auch “Stellenbewerber” gemäß Erwägungsgrund 19 und Artikel 2 Absatz 3 und legt Arbeitgebern ausdrücklich Beschränkungen bei der Datenverarbeitung auf. Artikel 5 der Richtlinie, der sich mit “Entgelttransparenz vor der Beschäftigung” befasst, verbietet es Arbeitgebern, Informationen über das aktuelle Gehalt oder die bisherige Gehaltsentwicklung eines Stellenbewerbers einzuholen. Zusätzlich ergibt sich aus Erwägungsgrund 33, dass sie nicht proaktiv versuchen dürfen, Informationen aus anderen Quellen zu erhalten.

Dies hat Auswirkungen auf den Bewerbungsprozess. Während es bereits datenschutzrechtlich problematisch war, nach dem bisherigen Gehalt zu fragen, wird nun deutlich, dass der europäische Gesetzgeber davon ausgeht, dass es keine Rechtsgrundlage für eine entsprechende Frage oder einen Anruf beim früheren Arbeitgeber gibt. Da nationale arbeitsrechtliche Vorschriften die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nur konkretisieren dürfen, kann der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung davon nicht abweichen.

Das Auskunftsrecht der Beschäftigten

Gemäß Artikel 7 („Auskunftsrecht“) haben Beschäftigte das Recht, Informationen über ihr individuelles Gehalt sowie über die durchschnittlichen Gehälter zu verlangen und schriftlich zu erhalten. Diese Informationen müssen nach Geschlecht und für Gruppen von Arbeitnehmern, die die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie die anfragende Person verrichten, aufgeschlüsselt werden. Diese Auskünfte können auch über die Arbeitnehmervertretungen angefordert werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass es sich dabei um personenbezogene oder personenbeziehbare Daten handeln kann, die datenschutzrechtlich zu betrachten sind. Obwohl der Name nicht angegeben werden darf, besteht dennoch die Möglichkeit, dass bei einer relativ kleinen Vergleichsgruppe, die zusätzlich nach dem Merkmal “Geschlecht” gekennzeichnet ist, Rückschlüsse auf einzelne Personen und deren Gehalt gezogen werden können.

Datenübermittlung an die nationalen Behörden

Gemäß Artikel 9 der Richtlinie sind Arbeitgeber verpflichtet, auf Anfrage Informationen über das Geschlechtergefälle beim Entgelt an die Beschäftigten und an eine nationale Arbeitsaufsichtsbehörde bereitzustellen. Diese Informationen beziehen sich auf Daten zum geschlechtsspezifischen Entgeltgefälle sowie auf variable Bestandteile der Vergütung wie Boni. Die Berichterstattungsfrequenz hängt von der Anzahl der Beschäftigten ab. Zum Beispiel müssen Arbeitgeber mit 150 bis 249 Mitarbeitenden erstmals bis zum 7. Juni 2027 entsprechende Informationen vorlegen und anschließend alle drei Jahre (siehe Artikel 9 Absatz 3).

Neben der Arbeitsaufsichtsbehörde müssen geschlechtsspezifische Entgeltfälle nach Arbeitnehmergruppen, Grundlohn und variablen Bestandteilen auch an eine noch zu schaffende Überwachungsstelle gemäß Artikel 29 der Richtlinie übermittelt werden. Diese Überwachungsstelle soll die Informationen unverzüglich und in einer einfach zugänglichen und benutzerfreundlichen Form veröffentlichen (siehe Artikel 29 Absatz 3c). Wenn in diesen Informationen auch personenbezogene Daten enthalten sind, bildet dieser Artikel die Rechtsgrundlage für die Übermittlung an die Behörden.

Arbeitnehmervertretungen

Zusätzlich sieht Artikel 10 („Gemeinsame Entgeltbewertung“) vor, dass der Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretungen wie Betriebs- oder Personalräten eine Bewertung des Entgelts durchführt, wenn konkrete Hinweise auf geschlechterdiskriminierende Bezahlung vorliegen, und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber das Recht und die Pflicht hat, den Arbeitnehmervertretungen relevante Daten zur Verfügung zu stellen.

Beschränktes Auskunftsrecht möglich

Gemäß Artikel 12 („Datenschutz“) der Richtlinie gibt es eine Einschränkung des Auskunftsrechts aufgrund der DSGVO. Gemäß Artikel 12 dürfen die personenbezogenen Daten, einschließlich Pseudonymen, die in den Datensätzen enthalten sind, nicht für andere Zwecke verwendet werden.

Eine wichtige Einschränkung für den Anspruch eines einzelnen Arbeitnehmers gemäß Artikel 7 ergibt sich aus Artikel 12. In der nationalen Umsetzung können die Mitgliedstaaten beschließen, dass “nur die Arbeitnehmervertreter, die Arbeitsaufsichtsbehörde oder die Gleichbehandlungsstelle Zugang zu den betreffenden Informationen haben”, falls die Offenlegung von Informationen zur direkten oder indirekten Offenlegung des Gehalts eines identifizierbaren Arbeitnehmers führen würde. Wenn dies entsprechend in Deutschland umgesetzt wird, kann die entsprechende Auskunft gegenüber dem einzelnen Beschäftigten verweigert werden. Nur Arbeitnehmervertretungen hätten Zugang zu den Daten, um gemeinsam mit dem Arbeitgeber gemäß Artikel 10 eine Bewertung des Entgelts vorzunehmen.