BGH: Eintragungspflicht des Wohnorts im Handelsregister
Das Gesetz schreibt keine Eintragung des Wohnorts ins Handelsregister vor. Trotzdem zeigt die gelebte Praxis von Notaren und Amtsgerichten oft ein anderes Bild. Der BGH hatte sich nun in einem Beschluss vom 23.01.2024 damit auseinandergesetzt, ob diese Eintragungspflicht des Wohnorts im Handelsregister zulässig ist. Insbesondere wirft das Vorgehen datenschutzrechtliche Fragen auf.
Der zugrundeliegende Fall
Im vorliegenden Fall wurde der Wohnort eines GmbH-Geschäftsführers im Rahmen der Handelsregistereintragung miteingetragen. Hierin sah der Geschäftsführer jedoch einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und argumentierte mit Sicherheitsbedenken. Die Offenlegung seines Wohnorts habe potenzielle Risiken für seine Sicherheit und die seiner Familie. Das begründet er damit, dass sein Beruf im Zusammenhang mit Sprengstoff stehe und somit die Gefahr von Entführung und Raub bestehe, um diese Stoffe zu erhalten. Deshalb widersprach er mit Antrag vom 21.11.2022 der Datenverarbeitung nach Art. 21 DSGVO und verlangte die Löschung nach Art. 17 DSGVO. Das Registergericht wies den Antrag jedoch zurück, was zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führte und letztendlich vor dem BGH landete.
Rechtlicher Hintergrund
Das Handelsregister wird von den Amtsgerichten geführt und ist ein Instrument für den Schutz des Rechtsverkehrs. Erst im Jahr 2022 hat das Bundesjustizministerium die Handelsregisterverordnung angepasst, um einen besseren Schutz personenbezogener Daten im digitalen Handelsregister (handelsregister.de) zu gewährleisten. Aus dem Handelsregister soll unteranderem abzulesen sein, wer vertretungsbefugt ist. Dafür werden verschiedene Merkmale eingetragen, die in der Anlage 4 und 5 zur Verordnung über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters aufgelistet sind.
Die Eintragung des Wohnorts des vertretungsbefugten Organs ist hier nicht genannt. Diese Praxis wird jedoch auf Gewohnheitsrecht basierend fortgeführt. Die Eintragung solcher persönlicher Daten kann das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen beeinträchtigen und potenzielle Sicherheitsrisiken mit sich bringen. Das ist schon vor dem Hintergrund des Gesetzesvorbehalt nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz problematisch. Daneben wirft es auch die datenschutzrechtliche Frage auf, ob Betroffenenrechte nach der DSGVO durch Gewohnheitsrecht gekürzt werden dürfen.
BGH: Eintragungspflicht des Wohnorts im Handelsregister zulässig
Der BGH entschied nun mit Beschluss (II ZB 7/23), dass die Eintragungspflicht des Wohnorts im Handelsregister zulässig ist. Zunächst stellt der BGH fest, dass das Amtsgericht tatsächlich als Verantwortlicher zu bewerten ist. Jedoch lehnt er den Anspruch auf Löschung des Wohnorts ab. Dies begründet er damit, dass die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Registergerichts notwendig ist (Art. 17 Abs. 3 lit. b DSGVO).
Diese Pflicht folge dem Reichsgesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20. April 1892 als fortgeltendes vorkonstitutionelles Recht (Art. 123 Abs. 1 GG). Auch der Gesetzgeber habe dies bei des Handelsrechtsreform 1998 beachtet. Die Eintragung des Wohnorts sei nötig, um die Sicherheit und das Vertrauen in den Rechtsverkehr zu gewährleisten. Konkret trage der Wohnort zur Bestimmung des Geschäftsführers als potenziellen Ansprechpartner bei. Die Abwägung zwischen den Interessen des Rechtsverkehrs und dem Schutz der Privatsphäre der Betroffenen falle zugunsten des Rechtsverkehrs aus. Das Widerspruchsrecht scheide aus, da hier die Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. c) DSGVO erfolge und nicht nach lit. e) bis f) DSGVO.
Fazit
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die aktuellen Herausforderungen des Datenschutzes im digitalen Zeitalter und die Notwendigkeit klarer rechtlicher Rahmenbedingungen für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Handelsregister. Angesichts der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung von Informationen, hat auch das Handelsregister mit seinem Online-Portal eine technologische Anpassung vorgenommen. Die Wohnorteintragung im Handelsregister ist laut dem BGH rechtlich zulässig, jedoch aus datenschutzrechtlicher Sicht weiterhin nicht unbedenklich. Einen solchen Eingriff in das Persönlichkeits- und informationelle Selbstbestimmungsrecht aufgrund von Gewohnheitsrecht zu begründen, ist trotz des Wunschs nach Digitalisierung durchaus fraglich.