Einholung eines erweiterten Führungszeugnisses durch Verein

16. Mai 2025

Wenn zum Start der Sportsaison neue ehrenamtliche Trainerinnen und Betreuer in die Vereinsarbeit einsteigen, stellt sich regelmäßig die Frage, ob ein Verein die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses verlangen darf. Dass dies kein datenschutzrechtlich belangloser Vorgang ist, macht eine Pressemitteilung der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen (LDI NRW) vom 08.05.2025 deutlich. Hiernach darf nicht ohne weiteres die Einholung eines erweiterten Führungszeugnisses durch einen Verein verlangt werden.

Persönlichkeitsrechte versus Kinderschutz

Der Umgang mit Führungszeugnissen ist ein klassischer Fall, in dem zwei berechtigte Interessen kollidieren. Einerseits steht der Schutz von Kindern und Jugendlichen im Raum. Andererseits handelt es sich bei Angaben aus dem Bundeszentralregister um besonders sensible Informationen, die tief in die Privatsphäre eingreifen. Gerade das erweiterte Führungszeugnis enthält auch “geringfügige” Erstverurteilungen, die für das normale Zeugnis nicht relevant wären.

Kein grundloses nachforschen

Die Landesdatenschutzbeauftragte Bettina Gayk erklärt, dass das Vorleben von Bewerbern für ehrenamtliche Tätigkeiten nur geprüft werden darf, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage bestehen. Außerdem müsse ein berechtigtes Interesse an den Informationen vorliegen. Neugier oder pauschale Risikovermutungen reichen nicht aus. Die LDI NRW erklärt, dass sie in diesem Zusammenhang regelmäßig Anfragen sowohl von Vereinen als auch von Betroffenen erhält.

Gesetzliche Vorgaben nach dem SGB VIII

Der Unterschied von einem regulären zu einem erweiterten Führungszeugnis besteht darin, dass hierin auch “geringfügigere” Verurteilungen, häufig wegen Erstverurteilungen für Sexualdelikten, festgehalten sind. Eine gesetzliche Grundlage zur Anfrage eines solchen erweiterten Zeugnisses ergibt sich aus § 72a Abs. 2 und 4 Sozialgesetzbuch VIII. Diese Vorschrift verpflichtet Träger der freien Jugendhilfe dazu, sicherzustellen, dass keine einschlägig vorbestraften Personen im Rahmen ihrer Tätigkeit mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen. Hierunter fallen laut der LDI NRW alle mir Jugendhilfemitteln geförderten Vereine.

Von wem können Vereine Informationen anfragen?

Zu umfassten Personengruppen gehörten hauptamtlich Beschäftigte sowie ehrenamtlich oder nebenberuflich Tätige, sofern sie „Kinder oder Jugendliche beaufsichtigen, betreuen, erziehen oder ausbilden oder einen vergleichbaren Kontakt haben“. Leitende Betreuungspersonen fielen regelmäßig unter diese Regelung.

Abgesehen diesen handle es sich um eine Frage des Einzelfalls. Hier komme es entscheidend auf das konkrete Betreuungsverhältnis an, etwa darauf, ob ein besonderes Machtgefälle oder eine enge Vertrauensbeziehung gegeben ist. Maßgeblich ist, ob die Gefahr eines Missbrauchs dieses Verhältnisses besteht. Je größer die Altersdifferenz oder das hierarchische Gefälle, desto eher bestehe die Notwendigkeit der Einsichtnahme.

Zudem könne zwar ein solches Dokument bereits ab dem 14. Lebensjahr verlangt werden, doch gerade bei Jugendlichen sei mit besonderem Augenmaß zu prüfen, ob die Einsicht tatsächlich erforderlich und angemessen ist.

Wie ist mit den Informationen umzugehen?

Sobald ein Führungszeugnis vorliegt, darf der Verein keine Kopie anfertigen oder das Original dauerhaft aufbewahren, auch nicht an abgeschlossenen Orten. Erlaubt sei lediglich die Dokumentation der Einsichtnahme selbst. Hierzu zähle das Einsichtsdatum, der Umstand der Einsicht, dass Datum des Zeugnisses und, falls einschlägig, die Information, ob eine relevante Vorstrafe vorliegt, die die betroffene Person für die Tätigkeit mit Kindern und Jugendlichen ungeeignet erscheinen lässt. Eine Weitergabe an Dritte ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Spätestens sechs Monate nach Beendigung der jeweiligen Tätigkeit sei diese Information wieder zu löschen. Auch während der aktiven Tätigkeit sei sicherzustellen, dass nur befugte Personen Zugriff auf diese Daten haben.

Fazit

Laut der LDI NRW darf nicht ohne weiteres die Einholung eines erweiterten Führungszeugnisses durch einen Verein verlangt werden. Die Einsichtnahme kann nämlich einen nicht unerheblicher Eingriff in die Privatsphäre sein. Der Gesetzgeber erlaubt ihn nur dort, wo er zum Schutz besonders schutzbedürftiger Personen erforderlich ist. Vereine, die sich hier auf ihre Rolle als Träger der Jugendhilfe berufen, sollten diese Befugnis mit größter Zurückhaltung und in enger Abstimmung mit den rechtlichen Vorgaben ausüben. Die Prüfung der Erforderlichkeit darf dabei keine bloße Formsache sein.