Schlagwort: Art. 16 DSGVO

EuGH Entscheidung: Beweislast bei unrichtigen Daten

13. März 2023

In der Entscheidung C-460/20 vom 8.12.2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) darüber entschieden, wer die Beweislast trägt, wenn eine Person die Entfernung von Links zu Webseite-Beiträgen aus der Liste der Suchergebnisse im Internet beantragt. Mit anderen Worten, die Entscheidung klärt, wer beweisen muss, ob ein solcher Antrag gerechtfertigt ist oder nicht.

Die Entscheidung des EuGH

Die Argumente des EuGH zur Beweislast in Bezug auf Artikel 17 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind von großer Bedeutung für die Praxis. Insbesondere ging es darum, wer die Beweislast im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Artikels 17 Absatz 3 Buchstabe a DSGVO trägt, wenn eine betroffene Person die Löschung von bestimmten Daten beantragt und behauptet, dass diese unrichtig seien.

Der EuGH stellte fest, dass die betroffene Person den Nachweis erbringen muss, dass die Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein nicht unbedeutender Teil davon offensichtlich unrichtig ist, um den Löschungsantrag zu rechtfertigen. Jedoch darf die Beweislast nicht zu einer übermäßigen Belastung führen, die das Recht auf Löschung beeinträchtigt. Die betroffene Person kann daher nicht gezwungen werden, eine gerichtliche Entscheidung gegen den Betreiber der Website zu erlangen.

Auf der anderen Seite kann der Verantwortliche für die Datenverarbeitung nicht dazu verpflichtet werden, den Sachverhalt zu ermitteln und eine kontradiktorische Debatte mit dem Anbieter der Inhalte zu führen. Der EuGH ist der Meinung, dass der Verantwortliche nicht aktiv an der Suche nach Tatsachen mitwirken muss, die den Löschungsantrag nicht unterstützen, um zu prüfen, ob der Antrag gerechtfertigt ist.

Auf Art. 16 DSGVO übertragbar?

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) im März 2022 betraf einen Fall, in dem eine betroffene Person die Berichtigung von Daten nach Artikel 16 DSGVO beantragt hatte. Das Gericht betonte, dass die objektive Wirklichkeit der Maßstab für die Qualifizierung eines Datums als “richtig” oder “unrichtig” im Sinne von Artikel 16 Satz 1 DSGVO ist. Es wurde auch festgestellt, dass Artikel 5 Absatz 2 DSGVO eine spezifische Bestimmung enthält, wer die Beweislast für die Richtigkeit des neu einzutragenden Datums trägt, wenn die Einhaltung der Grundsätze des Artikels 5 Absatz 1 DSGVO in einem Rechtsstreit zwischen dem Verantwortlichen und der betroffenen Person im Streit steht.

Das Gericht entschied, dass im Falle eines Berichtigungsanspruchs, bei dem die Richtigkeit des Datums umstritten ist, die Nichterweislichkeit der Richtigkeit des Datums zu Lasten der betroffenen Person geht. Wenn die Beweislast für die Richtigkeit des Datums beim Verantwortlichen liegt, muss er zukünftig nachweisen, dass ein von ihm verarbeitetes Datum richtig ist. Wenn jedoch die betroffene Person nicht nachweisen kann, dass das Datum unrichtig ist, kann der Verantwortliche nicht verpflichtet werden, das von der betroffenen Person genannte Datum einzutragen und weiterzuverarbeiten.

Fazit

Beide Entscheidungen enthalten relevante Klarstellungen zur Beweislast in der Praxis, wenn es um die Bearbeitung von Betroffenenansprüchen geht. Unternehmen, die häufig mit solchen Anfragen konfrontiert sind, können sich bei der Beurteilung der Frage, ob sie die Daten berichtigen oder löschen müssen, an den Gründen dieser Entscheidungen orientieren.

VG Köln zum Berichtigungsanspruch aus Art. 16 S. 1 DSGVO

15. Juni 2022

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln lehnte mit Urteil vom 25.03.2022 (Az.: 25 K 2138/19) einen Berichtigungsanspruch aus Art. 16 S. 1 DSGVO ab, da die Richtigkeit eines personenbezogenen Datums nicht nachgewiesen werden konnte.

Sachverhalt

Der Kläger erhob vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen einen Ablehnungsbescheid der Beklagten aus dem Jahr 2019, nachdem diese ihm dadurch die Berichtigung seines Melderegisters verwehrt hatte. Der Kläger begehrte zuvor die Änderung seiner Wohnanschrift für den Zeitraum von Januar bis Oktober 1988. Dies lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass anderweitige Daten nicht vorlägen, die Daten bereits archiviert seien und eine nachträgliche Änderung nicht mehr möglich sei.

Anwendung der DSGVO

Das Verwaltungsgericht stützt sich unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf die Annahme, dass für die Frage des Bestehens eines materiellen Anspruchs gegen einen Rechtsträger der Behörde auf die Vornahme einer Handlung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich sei. Somit sei § 12 Bundesmeldegesetz (BMG) in der Fassung vom 20. November 2019, welcher auf den § 6 Abs. 1 S. 2 BMG verweist, maßgeblich. Mit dieser Neufassung habe der Gesetzgeber klarstellen wollen, dass sich im Bereich des Melderechts der Berichtigungsanspruch unmittelbar aus Art. 16 DSGVO ergebe.

Entscheidung des Gerichts

Das Verwaltungsgericht Köln wies die Klage jedoch ab. Das Gericht war nicht ausreichend davon überzeugt, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die Berichtigung seiner Meldedaten gem. Art. 16 S. 1 DSGVO erfüllt. Zwar handle es sich bei der Anschrift des Klägers um ein personenbezogenes Datum, jedoch sei nicht erweislich, dass das Begehren der Änderung der Anschriften auch auf die „Berichtigung“ eines „unrichtigen“ Datums im Sinne des Artikels 16 DSGVO gerichtet sei. Das Tatbestandsmerkmal der „Unrichtigkeit“ sei ein objektives Kriterium, das nur auf Tatsachenangaben anwendbar ist. Die Berichtigung eines unrichtigen Datums „kann (…) nur dadurch erfolgen, dass das unrichtige Datum mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung gebracht wird. Ein Berichtigungsanspruch kann sich deshalb nur dann aus Art. 16 S. 1 DSGVO ergeben, wenn feststeht, dass das von dem Verantwortlichen gespeicherte oder sonst verarbeitete Datum objektiv nicht mit der Realität übereinstimmt, und wenn zugleich feststeht, dass das von dem Betroffenen als richtig benannte Datum tatsächlich mit der Wirklichkeit übereinstimmt.“ (VG Köln, Urteil v. 25.03.2022, Az: 25 K 2138/19, Rn. 90). Das Gericht hielt es zwar für möglich, dass die eingetragenen Anschriften für den Zeitraum des Jahres 1988 unrichtig sind, jedoch war es nicht davon überzeugt, dass die Anschriften, welche eingetragen werden sollten, objektiv mit der Realität übereinstimmen und richtig sind.

Das Verwaltungsgericht verdeutlicht mit seinem Urteil, dass es für die gerichtliche Geltendmachung des Berichtigungsanspruchs aus Art. 16 S. 1 DSGVO nicht ausreicht nachzuweisen, dass Daten unrichtig sind oder unrichtige Daten verarbeitet werden. Zusätzlich ist es unerlässlich nachzuweisen, dass auch das als richtig benannte Datum, welches das Unrichtige ersetzen soll, objektiv mit der Realität übereinstimmt und der Wahrheit entspricht.