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Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO und § 83 SGB X im Fokus

21. August 2023

Das Recht auf Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten zählt zu den grundlegenden Betroffenenrechten, die in der DSGVO verankert sind. Es bildet oft den Ausgangspunkt für die wirksame Wahrnehmung anderer Datenschutzrechte. In diesem Artikel beleuchten wir genauer, wie sich dieses Recht im Kontext des Sozialdatenschutzes gemäß Art. 15 DSGVO und § 83 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) manifestiert.

Der Ursprung des Auskunftsrechts

Das Auskunftsrecht ist das erste der Betroffenenrechte in Kapitel 3 der DSGVO. Es ermöglicht betroffenen Personen, Informationen über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu erlangen. Insbesondere dann, wenn vorausgegangene Datenschutzerklärungen unzureichend über Verarbeitungsvorgänge aufklären, erweist sich das Auskunftsrecht als entscheidendes Instrument. Dieses Recht spielt daher eine zentrale Rolle in der Interaktion zwischen Einzelpersonen und Datenverarbeitungsstellen.

Auskunftsrecht in der DSGVO: Die zwei Stufen

Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO folgt einem zweistufigen Prozess. In der ersten Stufe besteht das Recht darauf zu erfahren, ob personenbezogene Daten bei einer bestimmten Stelle verarbeitet werden. Die zweite Stufe ermöglicht es, spezifische Informationen anzufordern. Dies umfasst Details zu Verarbeitungszwecken, Kategorien verarbeiteter Daten, Speicherdauer, Empfänger von Daten und deren Quellen. Falls Daten in Drittstaaten übertragen werden, muss die betroffene Person darüber und über die angemessenen Datenschutzgarantien informiert werden.

Ein wichtiger Aspekt des Auskunftsrechts ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 12.01.2023 (Rs. C-154/21). Hier wurde festgestellt, dass, wenn möglich, konkrete Datenempfänger genannt werden sollten, anstatt nur die Kategorien von Empfängern anzugeben.

Einschränkungen im Sozialgesetzbuch

Im Bereich des Sozialdatenschutzes findet das Auskunftsrecht gemäß Art. 15 DSGVO Anwendung, jedoch unter Einbindung von § 83 SGB X. Dies ermöglicht dem deutschen Gesetzgeber, das Recht unter bestimmten Bedingungen zu begrenzen. Die Beschränkungen sind in § 83 SGB X definiert und können in fünf Fallgruppen zusammengefasst werden:

  1. Gefährdung gesetzlicher Aufgaben oder öffentlicher Ordnung: Das Auskunftsrecht kann beschränkt werden, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe gefährdet ist oder die öffentliche Ordnung beeinträchtigt wird.
  2. Geheimhaltungspflicht: Informationen können zurückgehalten werden, wenn Daten oder deren Speicherung geheim gehalten werden müssen, etwa aufgrund von gesetzlichen Vorschriften oder berechtigten Interessen Dritter.
  3. Erwartung der Übermittlung: Das Offenlegen von Empfängern kann eingeschränkt werden, wenn die betroffene Person damit rechnen muss, dass Daten an bestimmte Empfänger übermittelt werden.
  4. Zusammenarbeit zwischen Stellen: Auskünfte über Empfänger können begrenzt werden, wenn die Verarbeitung innerhalb einer verantwortlichen Stelle oder aufgrund gesetzlicher Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Stellen erfolgt.
  5. Strafverfolgung und Sicherheit: Informationen an bestimmte Stellen wie Strafverfolgungsbehörden können nur mit Zustimmung erteilt werden.

Fazit: Datenschutz und öffentliche Interessen im Gleichgewicht

Die Kombination von Art. 15 DSGVO und § 83 SGB X im Sozialdatenschutz verdeutlicht das komplexe Wechselspiel zwischen individuellen Datenschutzrechten und öffentlichen Interessen. Während das Auskunftsrecht eine mächtige Waffe zur Gewährleistung von Transparenz und Kontrolle über persönliche Daten darstellt, müssen diese Rechte sorgfältig abgewogen werden, um die ordnungsgemäße Erfüllung öffentlicher Aufgaben und den Schutz der Gemeinschaft sicherzustellen.

Die vorgestellten Regelungen verdeutlichen, dass das Auskunftsrecht im Sozialdatenschutz eine wichtige Rolle spielt. Es ist jedoch in seinen Anwendungsbereichen beschränkt, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen individuellem Datenschutz und öffentlichen Belangen zu gewährleisten. So wird das Ziel verfolgt, sowohl die Rechte und Freiheiten betroffener Personen zu schützen als auch die Erfüllung wichtiger gesellschaftlicher Aufgaben zu ermöglichen. In dieser Balance liegt die Herausforderung und Verantwortung des modernen Datenschutzes.

Bayern: Datenschutzverstöße bei der Anforderung von Kontoauszügen durch Sozialbehörden

7. Dezember 2015

Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz Petri hat bei etwa 120 bayerischen Sozialbehörden geprüft, ob bei der an Antragsteller von Sozialleistungen gerichteten Anforderung von Kontoauszügen, z. B. um die Angaben zum Einkommen zu kontrollieren, die Vorgaben des Sozialgesetzbuchs und der Rechtsprechung eingehalten werden. Als ernüchterndes Ergebnis wurde festgestellt, dass eine sehr unterschiedliche Vorgehensweise herrscht und zudem die meisten Sozialbehörden  jedenfalls nicht alle datenschutzrechtlichen Vorgaben einhalten.

So dürfen beispielsweise Sozialbehörden von Antragstellern Kontoauszüge lediglich für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten anfordern. Die Anforderung von Kontoauszügen von länger zurückliegenden Zeiträumen ist nur ausnahmsweise erforderlich. In solchen Ausnahmefällen muss die Behörde die Gründe dafür dokumentieren. Demgegenüber forderte nach den Prüfergebnissen des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz eine Reihe der geprüften Sozialbehörden Kontoauszüge pauschal für deutlich längere Zeiträume an.
Auch sind die Antragsteller berechtigt, auf ihren Kontoauszügen bei den Ausgaben den Überweisungszweck bzw. den Empfänger schwärzen, sofern es sich um „besondere Arten personenbezogener Daten“ (=Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben, § 3 Abs. 9 BDSG) handelt. Nur etwa die Hälfte der Sozialbehörden soll sich an diese rechtlichen Vorgaben gehalten haben, die Übrigen sollen ausdrücklich keinerlei Schätzungen akzeptiert haben. Ferner seien nur wenige Behörden der Pflicht nachgekommen, auf das Recht zur Schwärzung hinzuweisen.

„Meine Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Ich habe die Sozialbehörden aufgefordert, die jeweils festgestellten Mängel zu beheben und mir über die ergriffenen Maßnahmen zu berichten. Außerdem behalte ich mir punktuelle weitere Überprüfungen vor Ort ausdrücklich vor.“, so Petri zu dem Stand der Prüfungen.