Datenschutz im Bewerbungsverfahren
In einer immer digitaler werdenden Arbeitswelt laufen auch Bewerbungsprozesse vermehrt nicht mehr analog ab. Dabei enthalten Bewerbungsunterlagen eine Vielzahl personebezogener Daten, die sich vom Namen über Angestelltenverhältnissen bis hin zu sensiblen Informationen wie Schwerbehinderungen erstrecken. Angesichts dieser Fülle an Daten ist es für Unternehmen von höchster Bedeutung, im Bewerbungsverfahren den Datenschutz zu wahren. Hierfür hat der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) am 06.06.2024 ein Positionspapier mit dem Titel „Bewerberdatenschutz und Recruiting im Fokus“ veröffentlicht.
Das Positionspapier des HmbBfDI
Die Orientierungshilfe bietet einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Aspekte des Bewerberdatenschutzes. In seiner Pressemitteilung betont der HmbBfDI insbesondere die Bedeutung der Wahrung der Rechte der Bewerber. Einen besonderen Fokus legt er auf die aktuellen Herausforderungen im Bezug auf die Beachtung von Datenschutz bei der Verwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Bewerbungsverfahren.
Auswirkungen EuGH-Urteil C-34/21
Ein besonders hervorzuhebendes Element des Positionspapiers ist die Einbeziehung der Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 30.03.2023 in der Rechtssache C-34/21. Damals entschied der EuGH, dass § 23 Abs. 1 S. 1 des Hessischen Datenschutz- und Informationsgesetzes (HDSIG) nicht die Voraussetzungen des Art. 88 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erfülle. Damit könne die Norm aus dem HDSIG nicht als Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung herangezogen werden. Da der Wortlaut identisch mit § 26 Abs. 1 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist, wirft das Urteil auch Zweifel an der Konformität dieser Norm mit der DSGVO auf. In einer Pressemitteilung vom 03.04.2023 kündigte der HmbBfDI bereits an, dass er im Rahmen der BDSG-Reform die Forderung für einen gültigen Rechtsrahmen vorantreiben würde. Der aktuelle Gesetzesentwurf zur Änderung des BDSG sieht jedoch keine Anpassung des § 26 BDSG vor.
Rechtslage im Bewerberdatenschutz
Trotz Wegfall des BDSG als Rechtsgrundlage, können sich Arbeitgeber bezüglich der Verarbeitung von Bewerberdaten auf Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO stützen. Bewerber gelten gemäß Art. 26 Abs. 8 S. 2 BDSG als Beschäftigte und erhalten somit das gleiche Maß an Datenschutz wie Mitarbeiter. Bewerbungsmappen enthalten in der Regel eine Fülle an teilweise auch hoch sensiblen Daten. Dazu gehören etwa Name, Adresse, Geburtsdatum, Ausbildungsinformationen, Berufshistorie, Herkunft, Familienstand, Gewerkschaftszugehörigkeit, Schwerbehinderungen oder Krankheiten. Für Datenverarbeitungen gelten dann die regulären Regeln der DSGVO zu Zweckbindung, Datenminimierung, Erforderlichkeit und Informationspflichten. Die Aufnahme in Talentpools darf zudem nur mit vorheriger Einwilligung erfolgen. Wie weit das Verarbeitungsrecht im Rahmen von Background-Checks reicht, richte sich nach dem allgemeinen Fragerecht im Bewerbungsgespräch.
Herausforderungen durch den Einsatz von KI im Recruiting
Der Einsatz von KI im Recruiting birgt sowohl Chancen als auch Risiken. Deshalb widmet der HmbBfDI diesem Thema besondere Aufmerksamkeit in seinem Positionspapier. Außerdem sei für den datenschutzkonformen Einsatz von KI im Bewerbungsprozess auch die Orientierungshilfe der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) zu beachten.
Lebenslauf Parsing ist zum Beispiel ein Werkzeug zur automatisierten Analyse und Speicherung von Informationen aus dem Lebenslauf. Diese Methode kann erlaubt sein, wenn sie lediglich beim Auslesen, Strukturieren und Speichern im Bewerbungsmanagementsystem hilft. Für eine weitere Auswertung seien die Voraussetzungen für eine automatisierte Entscheidung im Einzelfall nach Art. 22 DSGVO zu beachten. Insbesondere müsse der KI-Vorschlag so gestaltet sein, dass der reale menschliche Entscheidungsträger noch einen ausreichenden Spielraum hat.
Teilweise setzten Arbeitgeber auch Emotionsanalysen ein, um die besten Bewerber auszuwählen. Das Positionspapier stellt jedoch klar, dass solche Systeme grundsätzlich unzulässig seien. Grund dafür sei insbesondere, dass hier in der Regel die Erforderlichkeit fehle und die Freiwilligkeit der Einwilligung fragwürdig sei. Falls es sich um eine biometrische Analyse handelt, verbietet zudem Art. 5 Abs. 1 lit. f der neu verabschiedeten Verordnung für KI den Einsatz am Arbeitsplatz.
Der Einsatz von Chatbots könne für Stellenausschreibungen sinnvoll sein, sollte aber wegen Art. 22 DSGVO für den Auswahlprozess nicht verwendet werden.
Fazit
Der Datenschutz im Bewerbungsverfahren ist ein komplexes und zunehmend wichtiges Thema, insbesondere angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und des Einsatzes von KI. Die neue Orientierungshilfe des HmbBfDI bietet Arbeitgebern wertvolle Leitlinien zur Umsetzung datenschutzkonformer Bewerbungsverfahren.