BGH: Patent auf KI-generierte Erfindungen?

18. März 2025

BGH: Patent auf KI-generierte Erfindungen?Die Frage, ob eine Künstliche Intelligenz (KI) als Erfinder gelten kann, beschäftigt das Patentgericht und nun auch den Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH hat nun entschieden: Eine KI kann nicht als Erfinder benannt werden – wohl aber eine natürliche Person, die den Einsatz der KI maßgeblich beeinflusst hat. Was bedeutet das für Unternehmen, die KI in der Forschung und Entwicklung nutzen? Ein Überblick über das Urteil, seine rechtlichen Folgen und praktische Handlungsempfehlungen für Unternehmen.

Der Sachverhalt: Eine KI als Erfinder?

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluss des X. Zivilsenats vom 11.6.2024 – X ZB 5/22) lag ein Patentantrag zugrunde, der für einen Lebensmittel- oder Getränkebehälter mit einer speziellen Wandstruktur eingereicht wurde. Als Erfinder wurde in der Anmeldung die Künstliche Intelligenz „DABUS“ benannt. Wörtlich lautete der Antrag: „DABUS – Die Erfindung wurde selbständig durch eine Künstliche Intelligenz erzeugt.“ Das Deutsche Patent- und Markenamt wies den Antrag jedoch zurück, da nach geltendem Patentrecht nur eine natürliche Person als Erfinder benannt werden kann. Der Antragsteller legte daraufhin Beschwerde ein und reichte drei verschiedene alternative Erfinderbenennungen ein:

  • Hauptantrag: die o. g. Erfinderbenennung mit dem Zusatz „c/o Stephen L. Thaler, PhD“
  • Hilfsantrag: hat der Anmelder die Feststellung begehrt, dass es keiner Erfinderbenennung bedürfe.
  • Hilfsantrag: „Stephen L. Thaler, PhD. Die vorliegende Erfindung wurde von einer Künstlichen Intelligenz namens DABUS geschaffen.“
  • Hilfsantrag: „Stephen L. Thaler, PhD, der die Künstliche Intelligenz DABUS dazu veranlasst hat, die Erfindung zu generieren.“

Das Patentgericht ließ schließlich die Erfinderbenennung in der Form des 3. Hilfsantrags zu, dass eine natürliche Person (der Antragsteller) als Erfinder genannt wurde, mit dem Zusatz, dass er die KI zur Generierung der Erfindung veranlasst habe. Gegen diese Entscheidung legten sowohl das Patentamt als auch der Antragsteller Rechtsmittel beim BGH ein.

BGH: Ein “wesentlicher” menschlicher Beitrag erforderlich

Der BGH wies sowohl die Rechtsbeschwerde der Präsidentin des Patentamts als auch die Anschlussrechtsbeschwerde des Antragstellers zurück. Die Kernaussagen der Entscheidung zu den vier Anträgen:

  • Hauptantrag:

    Nach § 37 Abs. 1 PatG kann nur eine natürliche Person als Erfinder gelten. Nach Ansicht des BGH ändert daran auch nicht das Vorhandensein von KI. „Ein maschinelles, aus Hard- oder Software bestehendes System kann auch dann nicht als Erfinder benannt werden, wenn es über Funktionen KI verfügt.“

  • 1. Hilfsantrag:

    Aus dem Grund, dass nur eine natürliche Person als Erfinder gelten kann, folgt nach Ansicht des BGH, dass eine Erfinderbenennung insgesamt zwingend erforderlich ist. Ein Antrag ohne Erfinderangabe oder mit der Benennung einer KI ist unzulässig.

  • 2. Hilfsantrag:

    Der zweite Hilfsantrag lehnte der BGH mit der Begründung ab, dass die Benennung des Erfinders inhaltlich eindeutig und in sich schlüssig sein muss. Ein Antrag, der den Antragsteller als Erfinder benennt, aber gleichzeitig in der Beschreibung darauf hinweist, dass die Erfindung von einer KI generiert wurde, führe zu widersprüchlichen Angaben.

  • 3. Hilfsantrag:

    Der Nennung des Erfinders mit dem Zusatz, dass dieser die KI veranlasst hat die Erfindung zu generieren lässt auch der BGH für ausreichen. Der BGH argumentiert, dass eine natürliche Person als Erfinder benannt werden kann, selbst wenn eine KI zur Erfindung beigetragen hat. Entscheidend sei nicht die Patentfähigkeit der Erfindung, sondern wer in rechtlich erheblicher Weise an ihrem Zustandekommen beteiligt war. Dabei sei kein eigenständiger erfinderischer Gehalt erforderlich, solange der menschliche Beitrag den Gesamterfolg wesentlich beeinflusst hat. Laut BGH gibt es derzeit keine KI, die völlig autonom technische Lehren generiert, weshalb immer ein menschlicher Einfluss identifizierbar bliebe. Eine abschließende Festlegung, welche Art von Beitrag erforderlich ist, nimmt das Gericht nicht vor. Programmierung, Training der KI oder Auswahl der Ergebnisse können aber relevant sein.

Insgesamt stellt der BGH fest, dass die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Erfinderbenennung bestehen bleibt. Zudem prüfe das Patentamt die Erfinderbenennung nicht inhaltlich, womit falsche Angaben später korrigiert werden können. Damit bleibe der Patentschutz für KI-gestützte Innovationen möglich, solange eine natürliche Person als Erfinder benannt wird.

Autonome KI-Erfindung oder wesentlicher menschlicher Beitrag?

Der Beschluss des BGH schafft eine klare juristische Grundlage. Es hält explizit fest, dass eine Künstliche Intelligenz selbst nicht als Erfinder im Sinne des § 37 Abs. 1 PatG benannt werden kann. Dies ist ausschließlich natürlichen Personen vorbehalten. Gleichzeitig ermöglicht das Urteil aber die Patentierung von Erfindungen, bei denen KI eine maßgebliche Rolle gespielt hat, indem es den menschlichen Beitrag in den Vordergrund rückt. Allerdings bleiben Fragen hinsichtlich der genauen Definition und des Umfangs des “wesentlichen” menschlichen Beitrags offen, der für die Anerkennung einer natürlichen Person als Erfinder erforderlich ist. In diesem Zusammenhang sollten Unternehmen dringend den menschlichen Anteil am Innovationsprozess mit KI-Systemen dokumentieren. Damit kann eine spätere Patentierung mit ausreichend Nachweisen erleichtert werden. Nach dem BGH-Beschluss sind KI-gestützte Innovationen in Deutschland weiterhin patentierbar sind, da der menschliche Beitrag zum Zustandekommen der Erfindung, also die Veranlassung und Gestaltung des KI-Einsatzes als ausreichend angesehen wird.

KI-gestützte Erfindungen im US-Patentrecht

Im Gegensatz zu Deutschland, wo der Bundesgerichtshof eine klare Regelung zur Patentierbarkeit KI-generierter Erfindungen geschaffen hat, hat das US-Patentrecht eine etwas andere Haltung. Das United States Patent and Trademark Office (USPTO) stellte bei einem Treffen mit dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) einen Leitfaden zur Patentierbarkeit von Erfindungen mit KI-Bezug (Inventorship Guidance for AI-Assisted Inventions). Laut dieser Leitlinie sind KI-gestützte Erfindungen nicht grundsätzlich von der Patentfähigkeit ausgeschlossen. Allerdings liegt der Fokus der Erfinderanalyse auf dem menschlichen Beitrag. Patente sollen in erster Linie menschliche Kreativität und Erfindungsgeist belohnen und fördern. Daher könne der Erfinderstatus nur dann gewährt werden, wenn eine natürliche Person einen wesentlichen Beitrag zur Erfindung geleistet hat. Das USPTO stellt zudem Verfahren bereit, um diesen Beitrag zu bewerten, und diskutiert die Auswirkungen dieser Regeln auf andere Aspekte des Patentrechts.

Was bedeutet das für die Praxis?

Aus der Entscheidung lassen sich für Unternehmen, die KI in ihren Innovationsprozessen nutzen, wichtige Schlussfolgerungen ziehen. Wie bereits angeführt empfiehlt es sich für Unternehmen dringend, den menschlichen Anteil am Innovationsprozess mit KI rechtssicher zu dokumentieren, um im Bedarfsfall die Erfinderstellung nachweisen zu können. Darüber hinaus sollte Künstliche Intelligenz nur als Hilfsmittel dienen. Nach der Entscheidung des BGH muss die Erfindung letztlich immer noch auf menschlicher Steuerung basieren. Durch interne Richtlinien können die Schritte des Innovations- und Erfindungsprozesses festgelegt werden. Mithilfe von vertraglichen Regelungen kann der Einsatz von KI und die Verteilung von Erfinderrechten klar geregelt werden. Des Weiteren ist es ratsam interne Freigabeprozesse zu etablieren, um sicherzustellen, dass Patentanmeldungen den rechtlichen Anforderungen entsprechen.

Ausblick & Fazit

Der BGH hat den rechtlichen Rahmen für KI-generierte Erfindungen in Deutschland weiter geklärt. Eine KI kann nicht als Erfinder benannt werden, aber eine natürliche Person, die den Erfindungsprozess maßgeblich beeinflusst hat, kann als Erfinder gelten – auch mit einem Hinweis auf die KI.

Trotz dieser Klarstellung bleiben einige Fragen offen. Insbesondere wie der menschliche Beitrag im Detail ausgestaltet sein muss und wie mit zukünftigen, möglicherweise vollständig autonom generierten Erfindungen umzugehen ist. Es ist denkbar, dass sich die Rechtslage weiterentwickeln wird, insbesondere wenn KI-Technologien noch leistungsfähiger werden. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich aktiv mit der Thematik auseinandersetzen und klare Prozesse für die Nutzung von KI im Innovationsbereich schaffen sollten. Unsere KI-Experten der KINAST Rechtsanwälte unterstützen Sie vollumfänglich bei der Implementierung von Prozessen und der vertraglichen Gestaltung im Bereich Künstliche Intelligenz.