OLG Hamburg: Bereitstellung von Gastzugängen bei Marktplätzen
Die Frage, ob Onlinehändler ihren Kunden einen Gastzugang für Bestellungen anbieten müssen, ist seit längerem Gegenstand datenschutzrechtlicher Debatten. Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) hat laut Mitteilung vom 12.03.2025 in einer breit angelegten Untersuchung Hamburger Onlinehändler überprüft und ein Versandhaus zur Einrichtung eines Gastzugangs verpflichtet. Allerdings zeigt ein aktuelles Urteil, dass es hiervon gut begründete Abweichungen geben kann. Hier hat das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG Hamburg) entschieden, dass es unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme bei Marktplätzen für die Bereitstellung von Gastzugängen gibt.
Datenschutzrechtlicher Rahmen: Bedeutung der Datenminimierung
Ein zentrales Prinzip der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist die Datenminimierung nach Art. 5 Abs. 1 lit. c Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Unternehmen dürfen hiernach nur solche Daten erheben, die für den jeweiligen Zweck erforderlich sind. Ein dauerhaftes Kundenkonto speichert in der Regel mehr personenbezogene Informationen als eine einmalige Bestellung erfordert. Deshalb ist die Anlegung eines Kundenkontos häufig nicht zwangsläufig notwendig. Der HmbBfDI weist zudem darauf hin, dass sich mit der Einrichtung eines „passwortgeschützten Zugangs“ auch das Risiko für Hackerangriffe auf die hier hinterlegten Daten erhöht.
Ausnahme für Erfordernis des Gastzugangs
In diesem Zusammenhang hat auch die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) in einem Beschluss von 2022 klargestellt, dass Onlinehändler ihren Kunden grundsätzlich einen Gastzugang anbieten müssen, damit nicht unnötig Daten erhoben und gespeichert werden. Laut der DSK ist ein Zwang zur Erstellung eines Kundenkontos nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig. Das soll der Fall sein, wenn der Datenminimierungsgrundsatz durch andere Vorkehrungen verwirklicht wird.
Kundenkontopflicht bei Marktplätzen zulässig
Der HmbBfDI weist als Beispiel für eine Befreiung von der Pflicht zur Bereitstellung eines Gastzugangs in seiner Mitteilung auf Otto.de hin. Der Online-Shop habe nachvollziehbar darlegen können, dass für das Unternehmen als Online-Marktplatz die organisatorische Notwendigkeit bestehe, eine einheitliche Kundenkontoführung zu haben. Die Charaktereigenschaft als Marktplatz ergibt sich bei Otto.de daraus, dass bei dem Unternehmen nicht nur Produkte direkt bei Otto.de bestellt werden können, sondern auch ein Erwerb von Dritthändlern über die Otto.de-Webseite möglich ist.
Otto habe darlegen können, dass das Anlegen eines Kundenkontos für einen effizienteren Kundenservice erforderlich ist. Eine solche Darlegung sei auch zwingend notwendig, denn „ein pauschaler Verweis auf den Umstand, ein Marktplatz für Drittanbieter zu sein“ genüge nicht. Zudem ergreife das Unternehmen weitere Datenschutzvorkehrungen, wie die automatisierte Löschung inaktiver Kundenkonten.
Bestätigung durch OLG Hamburg
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte gegen diese Ausnahme geklagt und verlangt, dass Otto.de ebenfalls einen Gastzugang ermöglichen müsse. Genau wie die erste Instanz mit Urteil vom 22.02.2024 (327 O 250/22) hat nun aber auch das OLG Hamburg mit Urteil vom 27.02.205 (5 U 30/40) bestätigt, dass die Einrichtung eines Kundenkontos in diesem Fall mit dem Gebot der Datenminimierung vereinbar ist. Dies sei im konkreten Sachverhalt aufgrund der folgenden Voraussetzungen der Fall:
- Das Unternehmen ist ein Marktplatz und hat die Notwendigkeit des Anlegens von Kundenkonten plausibel dargelegt.
- Das Unternehmen löscht die Kundenkonten nach einer festgelegten Inaktivitätsdauer automatisch.
- Das Unternehmen erhebt und speichert nur die für die Vertragsabwicklung erforderlichen Informationen.
- Das Unternehmen muss die Daten nach Verstreichen der Gewährleistungsfrist aussondern und nach Ende der Aufbewahrungsfristen vernichten.
Fazit
Das OLG Hamburg hat klargestellt, dass es eine Ausnahme bezüglich der Bereitstellung von Gastzugängen bei Marktplätzen gibt. Der HmbBfDI weist aber auch darauf hin, dass Onlinehändler in der Regel einen Gastzugang anbieten müssen. Wer auf ein Kundenkonto besteht solle in der Lage sein, dies gut begründen zu können. Hierbei empfiehlt er eine Orientierung an der Rechtsprechung und dem DSK-Beschluss. Er hat auch angekündigt, die Einhaltung der Regeln weiterhin zu überwachen. Unternehmen, die auf die Einrichtung von Gastzugängen verzichten wollen, sollten deshalb genau überprüfen, ob sie die Anforderungen erfüllen. Eine Beratung durch Externe Datenschutzbeauftragte, kann hierbei Klarheit schaffen.