OLG Hamm: Datenerhebung von Minderjährigen

28. Dezember 2012
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Urteil vom 20.09.2011 (Az. I-4 U 85/12) festgestellt, dass Minderjährige ab einem Alter von 15 Jahren nicht zwingend über die notwendige Reife verfügen, um die Tragweite einer Einwilligungserklärung zur Speicherung und Verwendung von personenbezogenen Daten zu Werbezwecken zu erkennen. Eine Krankenkasse habe es somit zu unterlassen, ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten bei Gewinnspielen personenbezogene Daten von minderjährigen Verbrauchern ab 15 Jahren zu erheben, um diese als Kunden zu werben.
 
Die beklagte Krankenkasse hat auf Jobmessen Gewinnspiele angeboten und mittels Gewinnspielkarten personenbezogenen Daten auch von Minderjährigen erhoben, um diese zu Werbezwecken zu nutzen. Voraussetzung für die geplante Nutzung der Daten für Werbezwecke war die Abgabe einer Einwilligungserklärung des Betroffenen in den Erhalt von Werbung (u.a. via Telefon, E-Mail, SMS oder MMS). Bei unter 15 jährigen Betroffenen wurde zusätzlich die Unterschrift eines Erziehungsberechtigten gefordert.

Nach Ansicht des Gerichts muss bei unter 15 jährigen Betroffenen in der Tat die Unterschrift der Erziehungsberechtigten vorliegen, aber auch bei Minderjährigen ab 15 Jahren kann nicht unterstellt werden, dass die notwendige Einsichtsfähigkeit zur Abgabe einer Einwilligungserklärung vorliegt. Vielmehr sei auch bei dieser Altersgruppe die Unterschrift der Erziehungsberechtigten von Nöten, ohne die die Erhebung von Daten unzulässig sei und eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit von Minderjährigen darstelle. Entsprechende Werbemaßnahmen seien demnach zu unterlassen. Zu berücksichtigen sei zwar der mit dem Alter bei Minderjährigen zunehmende Reifeprozess. Abzustellen sei aber auf den Durchschnitt der angesprochenen Personengruppe, die in geschäftlichen Dingen noch unerfahren sei. Beim Lesen der Gewinnkarte überwiege der Anreiz, etwas zu gewinnen, das konsequente Nachdenken darüber, was infolge der Preisgabe der Daten passieren könne. Zudem treffe ein Jugendlicher beim Ausfüllen einer Gewinnkarte auf der Messe eine ganz kurzfristige Entscheidung über die Preisgabe seiner personenbezogenen Daten. Das sei mit der Situation bei der Wahl einer Krankenkasse nicht zu vergleichen. Diese stehe regelmäßig im Zusammenhang mit der Wahl eines Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes, bei der ein Jugendlicher von seinen Eltern und ggfls. dem neuen Arbeitgeber beraten werde und sich in Ruhe über die in Betracht zu ziehenden Krankenkassen informieren könne.