Innenministerin beruft BSI-Chef Schönbohm ab
Die Bundesinnenministerin Nancy Faser hat den Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Arne Schönbohm abberufen. Am 18. Oktober 2022 stellte Faser den Chef des BSI zunächst frei. Die Freistellung erfolgte, nachdem verschiedene Vorwürfe gegen den Präsidenten des BSI aufkamen. Demnach soll Schönbohm einem Verein nahestehen, der (auch nach eigenen Angaben) Kontakte zum russischen Geheimdienst unterhalten soll.
Fragwürdige Kontakte
Ausgelöst wurden die Vorwürfe durch eine am 07. Oktober 2022 ausgestrahlte Folge des ZDF-Magazins „Royale“. In dieser präsentierte der TV-Satiriker Jan Böhmermann die Ergebnisse einer Recherche-Zusammenarbeit der ZDF-Produktion und des Recherchenetzwerks „Policy Network Analytics“.
Diesen Recherchen zufolge soll Schönbohm, bevor er Präsident des BSI wurde, 2012 den „Cyber-Sicherheitsrat e.V.“ (mit-) gegründet haben. Der private Verein berät nach eigenen Angaben Unternehmen und Politik im Bereich Cyber-Sicherheit. Der Name Cyber-Sicherheitsrat Deutschland ist fast identisch mit dem Cyber-Sicherheitsrat des Bundesinnenministerium. In einem Schreiben des für Cybersicherheit zuständigen Ministerialdirigenten des Innenministeriums vom 27. Mai 2015 an die Chefs von 5 Sicherheitsbehörden des Bundes wurde daran erinnert, eine Abgrenzung zu dem Verein sicherzustellen. Jegliche Unterstützung, beispielsweise durch die Unterstützung von Veranstaltungen, habe zu unterbleiben. Mitglied dieses Vereins sei u.a. die in Berlin ansässige „Protelion GmbH“. Protelion selbst stelle Software zum Schutz vor Cyberangriffen her. Die Protelion GmbH sei allerdings erst seit August 2022 unter ihrem jetzigen Firmennamen bekannt. Zuvor trug das Unternehmen den Namen „Infotecs“. Die Infotecs GmbH sei eine Tochtergesellschaft des russischen Cybersicherheits-Unternehmens „O.A.O Infotecs“. Ein ehemaliger Mitarbeiter des sowjetischen Nachrichtendienstes KGB habe den russischen Mutterkonzern gegründet. Darüber hinaus habe Infotecs bereits mit russischen Regierungsstellen zusammengearbeitet. Folglich sollen russische Stellen die Sicherheitssysteme von Infotecs für ihre Zwecke verwendet haben. Diese biete die Firma ebenso auf dem deutschen Markt als Mittel zur Abwehr von Cyberangriffen an.
Außerdem berichtete das ZDF-Magazin Royal über weitere vermeintliche Verbindungen des Cyber-Sicherheitsrates e.V.“ zu Russland. Gegenstand dieser Verbindungen sei ein jetziges Präsidiums-Mitglied des Cyber-Sicherheitsrates e.V., Hans-Wilhelm Dünn. Diesem wurden in der Vergangenheit fragwürdige Kontakte zu russischen Stellen vorgeworfen.
Aufgrund dieser Verbindungen habe Schönbohm es den Mitarbeitern des BSI untersagt, bei Veranstaltungen des Cyber-Sicherheitsrates e.V. aufzutreten. Er selbst habe allerdings bei dem zehn-jährigen Jubiläum des Vereins eine Rede gehalten. Dem „Spiegel“ zufolge, segnete das Bundesinnenministerium dieses Vorgehen ab.
Fazit
Im Ergebnis steht im Zentrum der Kritik an Schönbohm seine vermeintlich fehlende Distanz zu Russland, obwohl die Bundesrepublik bereits mehrfach das Ziel russischer Cyberangriffe war. Das Innenministerium sagte dazu, dass Schönbohm „das notwendige Vertrauen der Öffentlichkeit in die Neutralität und Unparteilichkeit der Amtsführung (…) nachhaltig beschädigt“ habe.
Derweil bat Schönbohm darum, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Das Innenministerium strenge ein solches bislang allerdings nicht an.
Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Nutzung russischer Systeme aktuell mit einem erheblichen Risiko verbunden ist.