Kennzeichnung für bearbeitete oder KI-generierte Bilder?

1. Juli 2024

Ein Großteil der Fotos im Internet ist zumindest auf die ein oder andere Art digital bearbeitet. Hinzu kommt die wachsende Masse von KI-generierten Inhalten auf sozialen Plattformen. Da solche Medien unser tägliches Leben dominieren, hat nun auch die Diskussion über eine Kennzeichnung für bearbeitete oder KI-generierte Bilder auch in Deutschland Fahrt aufgenommen. Die drei großen Fachgesellschaften für Plastische und Ästhetische Chirurgie richteten deshalb am 25.06.204 einen offenen Brief an die zuständigen Minister. Außerdem hat der Deutsche Bundestag am 06.06.2024 einen Beschluss über eine Petition zu diesem Thema gefasst.

Petition deutscher Fachgesellschaften

Bereits 2021 wurde eine Petition für eine Kennzeichnungspflicht eingereicht. Diese erreichte jedoch nur 365 Stimmen und hinderte somit das Fortschreiten des Begehrens. Anfang 2024 haben nun die drei großen Fachgesellschaften für Plastische und Ästhetische Chirurgie (Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRÄC), Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDPÄC) und Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC)) eine neue Initiative gestartet. Konkret soll für bearbeitete oder KI-generierte Bilder und Videos in sozialen Netzwerken und in der Werbung eine Kennzeichnung erfolgen.

Grund: Schönheitsideale, Selbstwahrnehmungsstörungen, Schönheits-OPs

Die Fachgesellschaften berichten, dass in Einrichtungen für Plastische und Ästhetische Chirurgie immer mehr junge Menschen mit unrealistischen Schönheitsvorstellungen einträfen. Dies führe zu einem enormen Anstieg an Schönheitseingriffen. Antrieb der Initiative ist deshalb insbesondere der Schutz junger Zielgruppen, die leicht zu beeinflussen sind und ein unsicheres Selbstbild haben. Diese müssten im Umgang mit sozialen Medien besser geschützt und sensibilisiert werden. Bereits jetzt resultiere laut Studien der enorme Konsum von bearbeiteten Inhalten auf sozialen Netzwerken zu Selbstwahrnehmungsstörungen (Dysmorphophobie) und psychische Erkrankungen. Laut dem offenen Brief der Fachgesellschaften würde so auch „der Markt der Schönheitschirurgie zunehmend unübersichtlich“, wodurch junge verunsicherte Menschen ausgenutzt werden könnten.

Beschluss des Bundestags

Nun hat der Bundestag die Überleitung der Petition an das Bundesministerium für Justiz und für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) entschieden. Der Petitionsausschuss erklärt jedoch auch, dass es bereits verschiedene Schutzmechanismen gegen die zuvor beschrieben Gefahren gibt. Dabei verweist er insbesondere auf den Digital Services Act (DAS), der auch verschiedene Regelungen zum Schutz Minderjähriger enthält.

Außerdem sei der Einsatz von bearbeitetem Bildmaterial von der Meinungs-, Informations- und Berufsausübungsfreiheit geschützt. Die umfassende Einschränkung dieser Grundrechte bedürfe einer „objektiv nachweisbaren Beeinträchtigung auch von Erwachsenen durch retuschierte Fotos“. „Nach Mitteilung der Bundesregierung [seien] dem Bundesministerium der Justiz keine wissenschaftlichen Studien bekannt […], die einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den in den Medien und in der Werbung dargestellten Schönheitsidealen und psychischen Belastungen bei Erwachsenen belegen“.

Trotzdem sei nun die Thematik der Petition intensiv weiterzuverfolgen. Es bedürfe verschiedener wissenschaftlicher Untersuchungen, um negative Folgen der digitalen Inhalte „auf die Selbst- und Fremdwahrnehmung insbesondere junger Menschen“ festzustellen.

Kennzeichnungspflicht ab 10.000 Followern

Die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht konkretisiert nun auch Hamburgs Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank nach der Konferenz der Gleichstellungsministerinnen und -minister in Hamburg laut der Tagesschau. Da nicht mehr zwischen bearbeiteten und nicht-bearbeiteten Fotos zu unterscheiden sei, brauche man ein Kennzeichnen. Besonders betroffen von den negativen Auswirkungen seien Frauen. Die Regel solle für kommerzielle Tätigkeiten gelten. Das inkludiere Influencerinnen und Influencer ab etwa 10.000 Followern, sobald sie Körper, Haut, Gesicht oder Haare digital manipulieren.

Fazit

Die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für digital bearbeitetes Bildmaterial könnte junge Menschen vor den negativen Auswirkungen unrealistischer Schönheitsideale schützen. Die Bemühungen der DGPRÄC, VDPÄC und DGÄPC haben bereits zu einem ersten Erfolg geführt, aber der Weg zu einer gesetzlichen Regelung ist noch lang. Nun bleibt abzuwarten welche Schritte das BMFSFJ einleiten wird, um die psychische Gesundheit und das Selbstwertgefühl der jungen Generation zu schützen.