EuGH-Generalanwältin zu DSGVO-Bußgeld gegen WhatsApp
Die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Tamara Ćapeta, hat sich über eine Geldstraße nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geäußert. In der am 27.03.2025 veröffentlichten Stellungnahme (C-97/23P) nimmt die EuGH-Generalanwältin Bezug zu einem DSGVO-Bußgeld gegen WhatsApp. Das zugrundeliegende Verfahren hatte zu einer Geldstrafe in Höhe von 225 Millionen geführt. In ihren Schlussanträge hinterfragt sie diese Entscheidung der irischen Datenschutzbehörde (DPC). Sie wirft grundlegende Fragen zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) auf und könnte den Fall in eine neue Richtung lenken. Sollte der EuGH ihrer Argumentation folgen, könnte WhatsApp die Möglichkeit erhalten, die Sanktionen gerichtlich neu prüfen zu lassen.
Hintergrund des Falls
Der WhatsApp Messenger ist regelmäßig wegen Datenschutzverstößen in den Nachrichten. So erließ die DPC im August 2021 nach einer „langwierigen und umfassenden Untersuchung“, eine Geldbuße von 225 Millionen Euro gegen WhatsApp Ireland. Der Vorwurf: Der Messenger-Dienst soll in einer nicht hinreichend transparenten Weise personenbezogene Daten an seinen Mutterkonzern Meta (ehemals Facebook) übermittelt haben. Im Vorfeld hatte die DPC Einwände gegen die Entscheidung von acht Ländern, darunter auch Deutschland und Frankreich, erhalten. Streitigkeiten gab es insbesondere hinsichtlich der Bußgeldhöhe und der konkret verletzen Datenschutznormen. In diesem Zusammenhang steht die DPC schon lange in der Kritik, gegenüber Tech-Giganten eine zu lasche Datenschutzpolitik auszuüben. Hieraus folgte die Aufforderung durch den Europäischen Datenschutzausschuss an die DPC zur Überarbeitung der Entscheidung. Erst auf dieser Grundlage erließ die DPC ihre endgültige Entscheidung. Die Anweisungen des EDSA sind für die DPC bindend.
Gerichtliches Verfahren
WhatsApp befand die Strafe hingegen als unverhältnismäßig und schlug den Rechtsweg ein. Neben dem Einspruch in Irland erhob das Unternehmen auch Klage vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG). Dieses wies die Beschwerde jedoch Ende 2022 ab. Bei dem Beschluss des EDSA handle es sich nicht um eine anfechtbare Handlung. Diese wirke sich nicht unmittelbar auf WhatsApp aus. Eine unmittelbare Betroffenheit ergebe sich erst aus der DPC-Entscheidung selbst. WhatsApp legte gegen die Entscheidung des EuG mit Hilfe der Nichtigkeitsklage Rechtsmittel beim EuGH ein.
Neue Dynamik durch die Schlussanträge der Generalanwältin
In ihren Schlussanträgen in dieser Sache plädiert Generalanwältin Ćapeta nun dafür, dem Begehren stattzugeben. Sie argumentiert, dass die EDSA-Entscheidung ein vor den EU-Gerichten anfechtbarer Akt sei. Das EuG habe diesen Aspekt nicht ausreichend gewürdigt und sich zu stark darauf konzentriert, dass die Entscheidung des EDSA nicht die abschließende im Rahmen des DSGVO-Kohärenzverfahrens sei. Stattdessen sei zu beachten gewesen, ob der Beschluss des EDSA eine bindende Wirkung für die DPC habe.
Auswirkungen der Stellungnahme
Sollte der EuGH dieser Argumentation folgen, könnte WhatsApp die Strafe in einer neuen Instanz erneut anfechten. Zwar haben die Schlussanträge von EuGH-Generalanwälten eine Bindungswirkung für die Richter, es kommt jedoch häufig vor, dass diese sich den Meinungen anschließen. Die Frage der Anfechtbarkeit von EDSA-Beschlüssen betrifft auch ganz allgemein die Rolle des Europäischen Datenschutzausschusses in der DSGVO-Durchsetzung. Das EDSA-Koordinationsverfahren ist das zentrale Instrument, um Uneinigkeiten zwischen nationalen Datenschutzbehörden zu lösen. Sollte der EuGH feststellen, dass betroffene Unternehmen EDSA-Beschlüsse direkt anfechten können, könnte dies die Durchsetzung der DSGVO insgesamt beeinflussen.
Fazit
Die Schlussanträge der EuGH-Generalanwältin zu dem DSGVO-Bußgeld gegen WhatsApp könnten weitreichende Folgen haben. Es könnte sich hieraus ein Präzedenzfall für die Durchsetzung der DSGVO in Europa ergeben. Sollte der EuGH dem Plädoyer folgen, könnte dies den Einfluss des Europäischen Datenschutzausschusses schwächen und Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen, sich gegen DSGVO-Sanktionen zu wehren. Gleichzeitig könnte es die Arbeit der Datenschutzbehörden erschweren, einheitliche und durchsetzbare Entscheidungen zu treffen. Die endgültige Entscheidung des EuGH bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass dieser Fall über WhatsApp hinausreicht.