Schwedens Finanzbehörde soll Daten verkauft haben

11. April 2025

Ein Fall aus Schweden sorgt derzeit für Aufsehen im europäischen Datenschutzrecht. Schwedens Finanzbehörde soll die Vielzahl an Daten, die Staaten über ihre Bürger haben, systematisch an private Unternehmen verkauft haben. Das Ziel: Transparenz. Die Folge: Eine faktisch unkontrollierte Weitergabe von personenbezogenen Daten an Datenbroker. Die österreichische Datenschutzorganisation noyb hat laut Mitteilung vom 03.04.2025 nun Klage gegen die schwedische Steuerbehörde eingereicht und beruft sich auf einen Beschluss des Obersten Gerichtshofs in Stockholm. Dieser schreibe eine Abwägung von Informationsfreiheit und Privatsphäre vor.

Staatlich legitimierter Datenhandel in Schweden

Dass staatliche Stellen personenbezogene Daten über ihre Bürger erheben, ist notwendig und alltäglich. Dies passiert etwa zur Erhebung von Steuern, zur Führung von Melderegistern oder zur Organisation sozialstaatlicher Leistungen. Doch in Schweden geht der Umgang mit solchen Informationen deutlich weiter: Die Steuerbehörde soll an privatwirtschaftliche Akteure personenbezogene Daten verkaufen, darunter Name, Adresse, Geburtsdatum, Einkommen und Immobilienwerte. Diese gelangen über das sogenannte „statens personadressregister“ an die Informationen – eine zentrale staatliche Datenbank mit den persönlichen Angaben aller in Schweden lebenden Menschen.

Die Weitergabe erfolge laut der Mitteilung von noyb ohne Einwilligung der Betroffenen. Datenhändler würden die Daten rechtswidrig weiterverwenden und ohne „anderweitige Schutzmechanismen weiterverkaufen“. Das Unternehmen Kalenderförlaget drucke die Informationen sogar in jährlich erscheinenden Steuerkalendern ab. Die zugrunde liegende Rechtsauffassung der Steuerbehörde stütze sich auf den schwedischen Verfassungsgrundsatz der Transparenz, ein historisch gewachsenes Prinzip, das weitreichende Auskunftsrechte gegenüber staatlichen Stellen garantiert.

Rechtskonflikt mit der DSGVO

Die Praxis wirft jedoch erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken auf – insbesondere im Lichte der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Nach deren Grundprinzipien dürfen personenbezogene Daten nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke verarbeitet werden. Eine Weitergabe zu kommerziellen Zwecken, wie sie hier vorliegt, verstoße gegen das Zweckbindungsgebot aus Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO. Auch der Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO) sowie das Erfordernis einer Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO könnten betroffen sein.

Oberster Gerichtshof fordert Abwägung

In einem kürzlich gefällten Urteil hat der schwedische Oberste Gerichtshof hierzu bereits zentrale Weichen gestellt. Das Gericht sieht den Konflikt zwischen dem nationalen Informationsfreiheitsprinzip und dem europäischen Datenschutzrecht als grundrechtsrelevant an und verlangt eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an Transparenz und dem individuellen Recht auf Privatsphäre. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Datenschutzverstoß besteht, diese Daten als vertraulich eingestuft werden müssen. Damit wäre die Weitergabe rechtlich untersagt. Diese Klarstellung habe jedoch bislang keine praktische Wirkung gezeigt. Trotzdem weigere sich die Steuerbehörde, das Urteil umzusetzen, und lehne es ab, die als problematisch erkannten Datenübermittlungen zu stoppen.

noyb klagt und fordert Umsetzung der Grundrechte

Deshalb hat noyb nun Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht in Stockholm eingereicht. Ziel ist es, die Steuerbehörde zur Umsetzung des Urteils des Obersten Gerichtshofs zu zwingen und die Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte zu unterbinden, sofern deren Verarbeitung offensichtlich gegen die DSGVO verstößt.

Fazit

Laut noyb soll Schwedens Finanzbehörde personenbezogene Daten verkauft haben. Während Schweden sich auf die Tradition der Informationsfreiheit beruft, zeigt der vorliegende Fall, wie anfällig diese für Missbrauch durch privatwirtschaftliche Akteure ist. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs verpflichtet die Steuerbehörde zwar zur Abwägung der Grundrechte – doch bislang fehlt es an der konsequenten Umsetzung. Es bleibt spannend, wie die Klage von noyb ausgehen wird.