Schlagwort: TKG Novelle
30. Dezember 2021
Die 2016 mit prominenter Unterstützung eingereichte Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung wird mit einem Ende vergangener Woche gestellten Antrag angepasst auf die Gesetzesreform des TKG von Anfang Dezember. Nach der Gesetzesreform befinden sich die angegriffenen Regelungen nun in den Paragrafen 176 und 177 TKG. Von den Beschwerdeführern wird geltend gemacht, dass die ursprünglich angegriffenen Regelungen im Rahmen der Novellierung des TKG nicht in dem Sinne aufgehoben wurden, als dass sie ersatzlos entfallen wären – im Gegenteil seien die Regelungen lediglich “verschoben” worden. In der Konsequenz handele es sich bei der Novellierung um eine bewusste Perpetuierung der ursprünglichen Rechtslage und damit um nach Auffasung der Beschwerdeführer verfassungswidrige Regelungen.
Zu einigen Punkten der Ausgangsbeschwerdeschrift nehmen die Beschwerdeführer noch einmal ergänzend Stellung. Im Fokus liegt dabei insbesondere die umstrittene Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hält Vorgaben zum flächendeckenden Aufbewahren von Telekommunikationsdaten auf Vorrat unverhältnismäßig und sieht darin einen Verstoß gegen die europäischen Grundrechte. Für das flächendeckende Aufbewahren von IP-Adressen allerdings nimmt der EuGH eine Ausnahme vor. Da die IP-Adresse eines Nutzers für sich genommen nicht auf den Kommunikationspartner schließen lasse, bringe die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen im Vergleich zu der Erfassung von Verbindungs- und Standortdaten weniger schwerwiegende Grundrechtseingriffe mit sich und sei deshalb “milderes” Mittel im Vergleich zu einer Erfassung von Verbindungs- und Standortdaten.
Dieser Annahme tritt die erweiterte Argumentation der Beschwerdeführer vehement entgegen. Warum die Identifizierbarkeit eines Teilnehmers anhand einer IP-Adresse unter geringeren Voraussetzungen möglich sein soll als bei anderen Kennungen sei schlechthin nicht zu rechtfertigen. Dies verdeutliche bereits ein simples Beispiel. Ruft jemand mit unterdrückter Rufnummer einen bekannten Zielanschluss an, so darf dies nicht auf Vorrat gespeichert werden. Erfolge der Anruf dagegen über einen anonymen Internetdienst, wäre der Anrufer dagegen über seine IP-Adresse identifizierbar. Zudem sei nicht die IP-Adresse selbst entscheidend sondern ihre Nutzbarkeit. Mit ihrer Hilfe lasse sich nicht nur auf einen Kommunikationspartner schließen sondern die gesamte Internetnutzung rekonstruieren und so ein detailliertes Persönlichkeitsprofil erstellen – anders als bei anderen Verbindungdaten. Nach dieser Argumentation wäre die Speicherung von IP-Adressen mitnichten weniger eingriffsintensiv, sondern geradezu das Ende der Anonymität im Internet.
Die meisten EU-Mitgliedstaaten wollen laut einem diplomatischen Bericht das EuGH-Urteil ausschöpfen. Der neue Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hingegen will die Vorratsdatenspeicherung „endgültig aus dem Gesetz streichen“. Die FDP schlägt stattdessen das sogenannte Quick Freeze Verfahren vor. In solchen Fällen werden Vorratsdaten erst nach einem konkreten Anfangsverdacht und einer gerichtlichen Anordnung „eingefroren“ und Ermittlungsbehörden zur Auswertung übergeben. Ein solches Vorgehen wäre, so Buschmann, “ein Gewinn für Freiheit und Sicherheit zugleich.”
8. Juni 2021
Der Bundestag hat mit den Stimmen der GroKo-Fraktionen den von der Regierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts (Telekommunikationsmodernisierungsgesetz) beschlossen. Die neuen Regelungen treten am 1. Dezember 2021 in Kraft. Die Datenschutzbestimmungen aus dem Telemedien- und dem Telekommunikationsgesetz (TMG/TKG), die sich neben der klassischen Telefonie etwa auf Online- und Messenger-Dienste beziehen, finden sich zukünftig in einem eigenen Gesetz wieder. Die bisher teils widersprüchlichen Bestimmungen führten zu Rechtsunsicherheiten; sowohl das Telemediengesetz (TMG) als auch das kürzlich novellierte Telekommunikationsgesetz (TKG) haben in gewissen Abschnitten für Verunsicherungen gesorgt.
“Bisher waren Fragen des Datenschutzes und der Privatsphäre auf diese beiden Gesetze aufgeteilt. Diese unterschiedlichen Datenschutzregeln werden nun in einem einzigen Gesetz zusammengeführt, so dass die Rechtslage klarer und einheitlicher wird”, so der SPD-Abgeordnete Falko Mohrs gegenüber EURACTIV.
Ziel der TKG-Novelle ist es unter anderem, den flächendeckenden Glasfasernetzausbau zu beschleunigen und die EU Richtlinie 2018/1972 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation umzusetzen. Folglich sollen die Regeln vereinheitlicht und an die EU-Datenschutzgrundverordnung angepasst werden. Durch ein Mobilfunkausbauziel sollen den Netzunternehmen Anreize gesetzt werden, leistungsfähiges Internet zu sichern, so dass Standardanwendungen wie Videocalls oder Social Media Nutzung überall problemlos möglich sind. Es wird beabsichtigt LTE an allen Bundes-, Land- und Kreisstraßen sowie an allen Schienenstrecken „möglichst bis 2026“ anzubringen.
Mit dem neuen Gesetz wird auch die seit 2009 im EU-Recht verankerte “Pflicht zur Zustimmung der Nutzer zu Cookie-Einstellungen” umgesetzt. Die bisherige Regelung galt als defizitär, denn die entsprechende EU-Richtlinie wurde nicht richtig umgesetzt. Nachdem der Bundesgerichtshof davon ausgegangen ist, dass der Einsatz technisch nicht notwendiger Cookies zwingend einer ausdrücklichen Einwilligung der Endnutzer bedarf, soll dieses zwingende Einwilligungserfordernis nunmehr durch das TTDSG gesetzlich normiert werden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erklärt, dass hierdurch ein Kompromiss zwischen dem Schutz der Privatsphäre in der digitalen Welt und den digitalen Geschäftsmodellen, die ja gerade auf der Datennutzung basieren, erzielt werden soll. „Mit Blick auf die viel diskutierten Cookies eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, ein nutzerfreundliches und wettbewerbskonformes Einwilligungsmanagement zu entwickeln, das Verbraucherinnen und Verbrauchern, Unternehmen und Startups gleichermaßen nutzt.”
5. Juni 2013
Die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes, die bereits im vergangenen Jahr in Kraft getreten war, soll bewirken, dass telefonische Warteschleifen von Service-Hotlines seit dem 1. Juni grundsätzlich kostenfrei sind. So dürfen die Anbieter von Service-Hotlines seit dem 1. Juni nicht mehr ohne Weiteres kostenpflichtige Warteschleifen für ihre Dienste schalten, sodass die Wartezeit für Anrufer komplett kostenfrei sein soll. Die Verbraucher müssen zudem informiert werden, wie lange sie voraussichtlich in der Warteschleife warten müssen. Bei Nichteinhaltung drohen den Anbietern Bußgelder bis zu 100.000 Euro.
Medienberichten zufolge sei die neue Regelung jedoch nicht weitreichend genug und lasse zu viele Schlupflöcher: Bei Festnetznummern oder auch Telefonaten mit Festpreis bleibe das Problem bestehen. Weiter seien z.B. interaktive Bandansagen mit Sprachcomputern, die einem realen Ansprechpartner vorgeschalten werden, weiterhin kostenpflichtig, obwohl diese nichts anderes als eine Warteschleife seien.