LG Stuttgart: Datenübermittlung an SCHUFA bei Mobilfunkvertrag

25. November 2024

Das Landgericht (LG) Stuttgart hat am 16.10.2024 in einem Urteil festgestellt, dass die automatische Datenübermittlung an die SCHUFA durch den Telefonanbieter, wie sie häufig beim Abschluss eines Mobilfunkvertrags erfolgt, ohne Einwilligung der Kunden nicht durch ein berechtigtes Interesse gerechtfertigt ist.

Zugrundeliegender Sachverhalt

Ein Kläger hatte ein Mobilfunkunternehmen verklagt, nachdem dieses ohne seine Einwilligung persönliche Daten (u. a. Name, Geburtsdatum, Adresse und Vertragsnummer) an das Kredit-Scoring Unternehmen SCHUFA übermittelt hatte. Der Kläger fordert den Ersatz eines immateriellen Schadens in Höhe von 4.000 Euro, da die Übertragung ohne seine Zustimmung ein Gefühl des Kontrollverlusts und Besorgnis um seine Bonität ausgelöst habe. Seit der Datenübermittlung habe er durchgängig die Sorge, über seine Zahlungsfähigkeit befragt zu werden.

Rechtliche Einordnung 

Berechtigtes Interesse 

Nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) muss für die Verarbeitung personenbezogener Daten stets eine Rechtsgrundlage vorliegen. Liegt keine Einwilligung vor, kann sich nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO eine Rechtsgrundlage auch aus einem berechtigten Interesse ergeben. Hiernach ist eine Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und nicht die Interessen der betroffenen Person überwiegen. Zur genaueren Ausarbeitung der Voraussetzungen hat der Europäische Datenschutzausschuss kürzlich Leitlinien veröffentlichten.

Immaterieller Schadensersatz

Die Voraussetzungen für einen immateriellen Schaden nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO sind bislang nicht abschließend geklärt. Der EuGH hat zumindest in letzter Zeit vermehrt verdeutlichen, dass nicht jede Datenschutzverletzung auch einen immateriellen Schaden begründet. Anfang des Jahres entschied er etwa, dass lediglich ein ungutes Gefühl wegen einer kurzen Datenweitergabe noch keinen immateriellen Schaden darstellt. Im April bestätigte er erneut, dass ein immaterieller Schaden einen konkreten, nachweisbaren Schaden erfordert. Hingegen hat der BGH in einer wegweisenden Entscheidung erst letzte Woche festgestellt, dass ein Anspruch auch schon bei einem bloßen Kontrollverlust existieren kann.

LG Stuttgart: Kein berechtigtes Interesse

Das LG Stuttgart stellte in seinem Urteil (27 O 60/24) zunächst klar, dass eine standardisierte Datenübermittlung an die SCHUFA nicht durch ein berechtigtes Interesse gerechtfertigt sei. Zwar könne die Datenübertragung zur Betrugsprävention beitragen, allerdings sei dieser Beitrag nicht hinreichend, um ein berechtigtes Interesse zu begründen. Das gelte insbesondere, wenn Betrüger falsche Identitäten verwendeten, da die SCHUFA dann keine Auffälligkeiten feststellen könne. Das Gericht betont zudem, dass eine Datenverarbeitung zur Betrugsprävention nach Erwägungsgrund 47 DSGVO nur im „unbedingt erforderlichen Umfang“ zulässig ist und Betroffene vernünftigerweise mit der Verarbeitung rechnen müssen. Das sei ohne vorheriges Ersuchen einer Einwilligung bei einer anlasslosen Übermittlung von Daten beim Abschluss von Handyverträgen nicht der Fall. Eine einwilligungslose Datenübermittlung könne nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt sein, wenn etwa konkreten Anhaltspunkten für Täuschung bestehen.

Trotzdem kein immaterieller Schadensersatz

Obwohl das Gericht einen Datenschutzverstoß feststellte, wurde der geforderte Schadensersatz abgelehnt. Insofern schließt sich das LG Stuttgart der EuGH-Rechtsprechung an und meint, dass hier kein Schaden nachgewiesen worden sei. Die reine Verletzung der DSGVO reicht nicht aus. Die Behauptungen des Klägers zu Kontrollverlust und emotionalem Stress habe man in der Anhörung nicht feststellen können.

Fazit

Das Urteil des LG Stuttgart stellt andere Entscheidungen über einwilligungslose Datenübermittlung an die SCHUFA infrage. Erst im September haben etwa das LG Duisburg (11 O 309/23) und das LG Paderborn (3 O 96/24) anders entschieden. Sollte der Fall in die Berufung gehen, könnte das Oberlandesgericht Stuttgart für weitere Klarheit sorgen. Darüber halten wir Sie hier auf dem Datenschutzticker auf dem Laufenden.