Schlagwort: G20-Gipfel
7. Februar 2019
Beschäftigte des Polizei- und Justizdienstes in Berlin stehen unter dem Verdacht, im Winter 2017 Drohbriefe an verschiedene Einrichtungen der linksautonomen Szene versendet zu haben. Inhalt der Drohbriefe seien Lichtbilder und weitergehende Informationen von 21 Personen, die angeblich ausschließlich aus polizei- und justizbehördlichen Quellen stammten. Die Drohbriefe seien Reaktionen auf Veröffentlichungen von linksautonomen Gruppen gewesen, die anlässlich des G20-Gipfels Lichtbilder von mehreren Berliner Polizeibeamten beinhalteten.
Als Folge des Verdachts stellte die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk damals einen Antrag auf Strafverfolgung gegen Unbekannt wegen Verstößen gegen das Berliner Datenschutzgesetz. Da die Vorfälle allerdings bislang – bis auf einen Fall, indem im August 2018 ein Polizeibeamter wegen unbefugtem Datenzugriff verurteilt wurde – noch nicht aufgeklärt wurden, forderte die Berliner Datenschutzbeauftragte die Staatsanwaltschaft nun erneut auf, ihr umfassende Informationen zukommen zu lassen. So sei bis heute unklar, wie die Täter an die personenbezogenen Daten gekommen sind und wo diese gespeichert wurden.
Da anders als z.B. in Hessen (wir berichteten kürzlich über einen ähnlichen Fall) die Datenschutzbeauftragte des Landes Berlin gemäß des Berliner Datenschutzgesetzes über keine Anordnungsbefugnis verfügt und so keine gerichtliche Klärung herbeiführen, sondern lediglich Beanstandungen aussprechen kann, ist sie auf die behördliche Zusammenarbeit angewiesen.
5. September 2018
In einem Prüfbericht beanstandet der Hamburger Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Johannes Caspar (HmbBfDI) die Erstellung von biometrischen „Gesichtsabdrücken“ durch die Polizei Hamburg.
Anlass für den Einsatz der Gesichtserkennung-Software waren die Proteste im Zusammenhang mit dem G-20 Gipfel in Hamburg. Die Hamburger Polizei hat insgesamt 100 Terabyte Bild- und Videomaterial zu Strafverfolgungszwecken erhoben. Das Bild- und Videomaterial besteht aus Aufnahmen in S-Bahnhöfen, der medialen Berichterstattung, den eigenen Aufnahmen der Polizei und privaten Aufnahmen, die BürgerInnen der Polizei zur Verfügung gestellt haben. Zur Auswertung der riesigen Datenmenge setzt die Polizei die eigens dafür angeschaffte Software „Videmo 360“ ein. Das Programm verarbeitet alle Gesichter, die in den Aufnahmen vorkommen und erstellt sog. Gesichtstemplates. Hierbei handelt es sich um mathematisch abgleichbare Modelle, die einen Gesichtsvergleich ermöglichen. Dadurch erhofft sich die Polizei Straftaten, die während des viertägigen Gipfels begangen wurden, aufzuklären.
In dem Vorgehen der Polizei sieht der HmbBfDI das Gleichgewicht zwischen staatlichen Eingriffsbefugnissen zur Strafverfolgung und dem Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung in Gefahr. Die massenweise Auswertung von biometrischen Daten eröffnet eine neue Dimension für staatliche Überwachung und Kontrolle. Durch die quasi uferlose Datenauswertung sind nicht nur verdächtige Personen, sondern auch Unbeteiligte betroffen. Insbesondere weist der HambBfDI auf die Möglichkeit hin, Profile von Personen zu erstellen, die weitere Nutzungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten der Daten eröffnen.
Nach intensiver rechtlicher Prüfung gelangt der HmbBfDI zu dem „Ergebnis, dass die Erzeugung von mathematischen Gesichtsmodellen einer unbegrenzten Anzahl von in der Masse verdachtslos erfassten Bürgerinnen und Bürgern im Stadtgebiet über den Zeitraum von zumindest mehreren Tagen und deren Speicherung für eine unbestimmte Zeit einer besonderen gesetzlichen Befugnis bedarf, die den Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht rechtfertigt.“
Durch die Erstellung einer „Gesichts-ID“ und ihren Abgleich zur Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit dem viertägigen G 20-Gipfel wird massiv in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen, da die Maßnahme auf keiner Rechtsgrundlage beruht. Eine derart umfangreiche Verarbeitung biometrischer Daten kann insbesondere nicht auf eine Generalklausel gestützt werden. Der HmbBfDI geht davon aus, „dass die Beanstandung dazu führt, dass der Einsatz dieses Verfahrens gestoppt wird und eine Löschung der ohne Rechtsgrundlage erhobenen biometrischen Daten erfolgt.”
22. Dezember 2017
Laut Hamburgischem Datenschutzbeauftragten war der Akkreditierungsentzug bei Journalisten im Rahmen des G20-Gipfel in Hamburg datenschutzrechtlich rechtswidrig.
Journalisten müssen vor Großereignissen mit Staatschef- oder Ministerbesuch eine „Sicherheitsüberprüfung“ durchlaufen, um an der Veranstaltung teilnehmen zu können. Für diese Akkreditierung, müssen sie in einen Abgleich ihrer Daten mit speziellen Datenbanken einwilligen. Beim G20-Gipfel im Juli 2017 wurden 32 bereits erteilte Genehmigungen an Journalisten wieder entzogen. Die Polizei hatte bei Einlasskontrollen „Sperrlisten“ zur Hand mit alphabetisch sortierten Namen, von Personen, denen der Zutritt verweigert werden sollte.
Dies zog eine Überprüfung des Vorgehens durch den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten nach sich. Der Behörde wird vorgeworfen, dass die Einträge in den Datensammlungen der Polizei, die der „Sperrliste“ zugrundelagen, veraltet oder fehlerhaft waren. Außerdem wird die Übermittlung von personenbezogenen Daten vom Landeskriminalamt (LKA) an das Bundekriminalamt (BKA) untersucht. Grund dafür ist, dass die Speicherung der Daten durch das BKA von keiner Rechtsgrundlage gedeckt ist.
Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sieht ein Problem bei der automatischen Verlängerung der Prüffristen von Einträgen in den polizeilichen Datensammlungen, die einer rechtzeitigen Löschung entgegenstehen. Für die Einhaltung dieser Fristen sind die Landespolizeibehörden und nicht das BKA zuständig.
Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte kündigte deshalb eine Überprüfung der polizeilichen Datensammlungen an.