Schlagwort: Rechtsgrundlage

Update: Datenschutzbedenken bei Geschwindigkeitskontrollen

20. November 2019

Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die Klage wegen der Verletzung des Datenschutzes hinsichtlich des Einsatzes der Pilotanlage “Section Control” auf der B6 zurückgewiesen. Die Anlage ist wieder in Betrieb.

Grund für diese Entscheidung ist das neue Landes-Polizeigesetz, wodurch nachträglich eine Grundlage für die Nutzung der Anlage geschaffen wurde.

Das Besondere an dieser Tempomessung war, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit auf einer rund zwei Kilometer langen Strecke ermittelt wurde. Weil hier Kennzeichen bei der Ein- und Ausfahrt der Strecke von allen Fahrzeugen, egal ob diese sich an die Geschwindigkeit halten oder nicht, erfasst werden, gab es datenschutzrechtliche Bedenken. Das Verwaltungsgericht Hannover (Az. 7 A 850/19) sah hierin eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Eine systematische Erfassung sei nur dann zulässig, wenn eine gesetzliche Grundlage existiere.

Diese gesetzliche Grundlage wurde im neuen Polizeigesetz geschaffen. In § 32 Abs. 7 wird ausdrücklich die “Abschnittskontrolle” mit Bildaufzeichnung zur Tempomessung erwähnt. Voraussetzung ist die Sicherstellung, dass die Insassen nicht erkennbar sind und die Kennzeichen der Autos mit zulässiger Geschwindigkeit unmittelbar nach dem Ausfahren automatisch gelöscht werden müssen .

Dass OVG hatte keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des betreffenden Paragrafen und sah in dem Gesetz eine ausreichende Grundlage für die Kennzeichenerfassung.

Häufig gestellte Fragen-Kirchliches Datenschutzgesetz KDG (Teil 13): Konferenz ersetzt Beschluss für Kinderfotos

17. Mai 2019

Die Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten hat in der Sitzung vom 04. April 2019 einen neuen Beschluss zum Umgang mit Bildern von Kindern und Jugendlichen gefasst. Der Beschluss enthält ebenfalls Erläuterungen, um den kirchlichen Einrichtungen die Umsetzung der Vorgaben zu erleichtern. Durch den neu gefassten Beschluss wird die Vorgabe, dass einzelne Fotos von Minderjährigen regelmäßig den Sorgeberechtigten vor der Veröffentlichung vorzulegen sind, entschärft. Für die Rechtmäßigkeit der Erhebung und Speicherung von Bildern von Kindern und Jugendlichen ist es nicht mehr zwingend erforderlich, dass eine Einwilligung der Sorgeberechtigten vorliegt. Rechtsgrundlage für die Erhebung und Speicherung von Bildern kann auch nach erfolgter Abwägung das berechtigte Interesse sein. Ähnliches gilt auch für den Fall der Übermittelung von Fotos Minderjähriger. Als Rechtsgrundlage der Übermittelung kann auch hier das berechtigte Interesse herangezogen werden. Im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung sind die Grundsätze des § 23 Gesetz betreffend das Urheberrechts an Werken der bildenden Künste und der Photographie zu berücksichtigen.

Die Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten der Katholischen Kirche Deutschlands sieht es als ausreichend an, wenn die Einwilligung für konkret benannte Veranstaltungen vor bzw. bei Beginn des Schul- oder Kitajahres für das jeweilige Jahr eingeholt wird. Die Einwilligung kann entweder unmittelbar im Anmeldeprozess oder am ersten Schul- oder Kitatag eingeholt werden. Das Erfordernis, dass das konkrete Bild im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Einwilligungserklärung vorliegen soll, entfällt.

Kategorien: Allgemein · Kirchlicher Datenschutz
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HambBfDI sieht keine Rechtsgrundlage für den Einsatz von biometrischer Gesichtserkennung

5. September 2018

In einem Prüfbericht beanstandet der Hamburger Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Johannes Caspar (HmbBfDI) die Erstellung von biometrischen „Gesichtsabdrücken“ durch die Polizei Hamburg.

Anlass für den Einsatz der Gesichtserkennung-Software waren die Proteste im Zusammenhang mit dem G-20 Gipfel in Hamburg. Die Hamburger Polizei hat insgesamt 100 Terabyte Bild- und Videomaterial zu Strafverfolgungszwecken erhoben. Das Bild- und Videomaterial besteht aus Aufnahmen in S-Bahnhöfen, der medialen Berichterstattung, den eigenen Aufnahmen der Polizei und privaten Aufnahmen, die BürgerInnen der Polizei zur Verfügung gestellt haben. Zur Auswertung der riesigen Datenmenge setzt die Polizei die eigens dafür angeschaffte Software „Videmo 360“ ein. Das Programm verarbeitet alle Gesichter, die in den Aufnahmen vorkommen und erstellt sog. Gesichtstemplates. Hierbei handelt es sich um mathematisch abgleichbare Modelle, die einen Gesichtsvergleich ermöglichen. Dadurch erhofft sich die Polizei Straftaten, die während des viertägigen Gipfels begangen wurden, aufzuklären.

In dem Vorgehen der Polizei sieht der HmbBfDI das Gleichgewicht zwischen staatlichen Eingriffsbefugnissen zur Strafverfolgung und dem Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung in Gefahr. Die massenweise Auswertung von biometrischen Daten eröffnet eine neue Dimension für staatliche Überwachung und Kontrolle. Durch die quasi uferlose Datenauswertung sind nicht nur verdächtige Personen, sondern auch Unbeteiligte betroffen. Insbesondere weist der HambBfDI auf die Möglichkeit hin, Profile von Personen zu erstellen, die weitere Nutzungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten der Daten eröffnen.

Nach intensiver rechtlicher Prüfung gelangt der HmbBfDI zu dem „Ergebnis, dass die Erzeugung von mathematischen Gesichtsmodellen einer unbegrenzten Anzahl von in der Masse verdachtslos erfassten Bürgerinnen und Bürgern im Stadtgebiet über den Zeitraum von zumindest mehreren Tagen und deren Speicherung für eine unbestimmte Zeit einer besonderen gesetzlichen Befugnis bedarf, die den Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht rechtfertigt.“

Durch die Erstellung einer „Gesichts-ID“ und ihren Abgleich zur Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit dem viertägigen G 20-Gipfel wird massiv in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen, da die Maßnahme auf keiner Rechtsgrundlage beruht. Eine derart umfangreiche Verarbeitung biometrischer Daten kann insbesondere nicht auf eine Generalklausel gestützt werden. Der HmbBfDI geht davon aus, „dass die Beanstandung dazu führt, dass der Einsatz dieses Verfahrens gestoppt wird und eine Löschung der ohne Rechtsgrundlage erhobenen biometrischen Daten erfolgt.”

Luftbilder für gesplittete Abwassergebühr datenschutzrechtlich umstritten

13. Oktober 2011

Der baden-württembergische Beauftrage für Datenschutz, Jörg Klingbeil, äußerte sich laut einem Bericht der Stuttgarter Zeitung Ende August kritisch zur geplanten Erhebung von Daten über Luftbildaufnahmen. Auf deren Basis soll die gesplittete Abwassergebühr eingeführt werden. Aus seiner Sicht fehle es derzeit noch an einer Rechtsgrundlage, die Erhebung durch Erwerb der Luftbildaufnahmen sei datenschutzrechtlich unzulässig.

Die gesplittete Abwassergebühr fördert die Gebührengerechtigkeit und geht auf eine umfangreiche Rechtsprechung zurück, in der die Berechnung nach dem “einheitlichen Frischwassermaßstab” für unzulässig erklärt wurde. Niederschlags- und Abwassergebühr sollen künftig voneinander getrennt berechnet werden.

Um versiegelte Flächen zu vermessen, griffen fast 90 Prozent der Kommunen in Baden-Württemberg auf Luftbilder des Landesamtes für Geoinformationen und Landesentwicklungen oder von privaten Firmen zurück. Der Datenschutzbeauftrage gab zu bedenken, dass die Luftbildaufnahmen gestochen scharf seien und eine Bodenauflösung von zehn oder sogar nur fünf Zentimetern haben. Diese Bilder stellten „personenbezogene oder zumindest personenbeziehbare Daten“ dar. Das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Norm müsse die Verarbeitung erlauben oder der Betroffene eingewilligt haben – sonst sei sie unzulässig.

Betroffene Bürger planen bereits, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen. Der Verweis eines Gemeindevorstehers auf Google Earth konnte die Gemüter nicht beruhigen, sei es doch ein Unterschied, ob ein privater Dienst Bilder anbiete oder eine Kommune damit hoheitliche Aufgaben erledige. Die Forderung war deutlich: Kommunen sollten in das informelle Selbstbestimmungsrecht nicht ohne Rechtsgrundlage eingreifen dürfen. (ssc)