BAG: Schadensersatz bei verzögerter Auskunft

23. April 2025

Der datenschutzrechtliche Anspruch auf Auskunft gehört zu den zentralen Betroffenenrechten. Kommt ein Verantwortlicher diesem Auskunftsanspruch verspätet oder gar nicht nach, steht schnell die Frage im Raum, ob dies zugleich einen Anspruch auf Schadensersatz auslöst. Genau hierzu hat das Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 20.02.2025 (8 AZR 61/24) entschieden, dass kein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz bei verzögerter Auskunft besteht, wenn dies lediglich ein negatives Gefühl beim Betroffenen ausgelöst hat. Hingegen könne ein Schaden bei einer konkreter Gefahr für einen Missbrauch der personenbezogenen Daten bestehen.

Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch

Das Auskunftsrecht nach Art. 15 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist ein zentraler Eckpfeiler des Datenschutzes. Es ermöglicht Individuen, Einblick in die Verarbeitung ihrer Daten zu erhalten und gegebenenfalls Korrekturen oder Löschungen zu fordern. Bei Missachtungen verhängen europäische Datenschutzbehörde regelmäßig empfindliche Bußgelder. Unternehmen sehen sich bei der Bearbeitung von Auskunftsersuchen immer wieder verschiedenen Herausforderungen gegenüber. Insbesondere gehört hierzu die nicht rechtzeitige Erfüllung oder die Missachtung des Umfangs des Auskunftsanspruchs.

Hintergrund zum Fall

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein früherer Arbeitnehmer sechs Jahre nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei seiner Arbeitgeberin Auskunft darüber verlangt, welche personenbezogenen Daten sie noch über ihn speicherte. Die Arbeitgeberin reagierte auf dieses Auskunftsersuchen nicht innerhalb der gesetzten Frist, sondern erst nach einem weiteren Hinweis. Der Kläger empfand diese Verzögerung als so gravierend, dass er hierfür immateriellen Schadensersatz in Höhe von 10.000 Euro verlangte. Die späte Reaktion habe bei ihm ein negatives Gefühl ausgelöst. Er habebefürchtet, dass seine Daten womöglich missbräuchlich verwendet worden seien. Als immateriellen Schaden sah er insbesondere die Unsicherheit darüber, ob ein rechtswidriger Umgang mit seinen personenbezogenen Informationen stattgefunden habe.

Bisherige gerichtliche Bewertung

Das Arbeitsgericht Duisburg bestätigte zunächst die Rechtmäßigkeit dieses Antrags und gab dem ehemaligen Mitarbeiter mit seinem Schadensersatzbegehren wegen verspäteter Auskunft recht (3 Ca 44/23). In der darauffolgenden Berufung lehnte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf jedoch die Klage ab und stellte fest, dass bei verspäteter Auskunft kein zwangsläufiger Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO bestünde (3 Sa 285/23). Zudem hat erst Ende letzten Jahres das BAG eine weitere Entscheidung veröffentlicht, in der es ebenfalls einen Schadensersatz bei mangelhafter Auskunft abgelehnt hat.

Kein Automatismus: Verstoß reicht nicht für Schadensersatz

Das BAG hat sich nun dieser Position angeschlossen und stellt in seiner Entscheidung fest, dass nicht jeder Verstoß gegen die DSGVO automatisch zu einem Schadensersatzanspruch führt. Vielmehr sei neben der Darlegung des Verstoßes gegen eine Vorschrift der DSGVO, auch ein tatsächlich erlittener Schaden zu beweisen. Ein bloßes Unbehagen oder ein abstraktes Gefühl der Unsicherheit genügt dem BAG zufolge nicht. Hier sei insbesondere auch entscheidend, dass seine Daten in den vergangenen Jahren nicht rechtswidrig verwendet worden seien. Das Gericht betont, dass die pauschale Annahme eines immateriellen Schadens bei DSGVO-Verstößen zu einem Wegfall des Tatbestandsmerkmals des „Schadens“ führen würde.

Bedeutung für Unternehmen

Die Entscheidung des BAG entlastet Unternehmen insofern, dass Verzögerungen bei der Auskunftserteilung nicht automatisch zu einem Schadensersatz führen. Der Datenschutzverstoß allein reicht nicht aus, um eine Zahlungspflicht auszulösen. Unternehmen müssen aber weiterhin sorgfältig mit Auskunftsersuchen umgehen, denn die Verpflichtung zur Auskunft bleibt bestehen. Verstöße gegen Art. 15 DSGVO können außerdem weiterhin bußgeldbewehrt sein und unterliegen insofern der Kontrolle der Datenschutzaufsichtsbehörden.

Fazit

Das BAG stellt klar, dass kein pauschaler immaterieller Schadensersatz bei verzögerter Auskunft existiert. Damit stärkt er die Trennung zwischen Datenschutzverstoß und ersatzfähigem Schaden. Der Maßstab für immaterielle Schäden bleibt streng: Eine spürbare, nachvollziehbar dargelegte Beeinträchtigung ist erforderlich – bloße Vermutungen oder negative Gefühle reichen nicht aus.