Schlagwort: Kennzeichenerfassung
7. Januar 2020
Die Landesbeauftragte für Datenschutz in Brandenburg (LDA) hat die automatische Kennzeichenerfassung (KESY) durch die Polizei für unzulässig erklärt.
Seit Jahren wurden an festinstallierten Standpunkten auf den Autobahnen in Brandenburg die Kennzeichen erfasst und gespeichert. Das Kennzeichenerfassungssystem im Aufzeichnungsmodus wurde von der Landesdatenschutzbeauftragten Dagmar Hartge gegenüber der Polizei beanstandet.
Der Grund für die Unzulässigkeit der Datenerhebung beruht auf der fehlenden Rechtsgrundlage. Die Polizei hatte die Datenverarbeitung bisher auf § 100h I 1 Nr. 2 StPO gestützt. Die fünfjährige Prüfung der Landesbeauftragten ergab jedoch, dass beim andauernden Aufnahmemodus nicht nur Beschuldigte (§ 100h I 1 Nr. 2 StPO), sondern überwiegend Unbeteiligte erfasst werden, in deren informationelles Selbstbestimmungsrecht ohne Rechtsgrundlage eingegriffen wird.
Hinzu kommen datenschutzrechtliche Mängel, da die Kennzeichenerfassung von den Staatsanwaltschaften in den Observationsbeschlüssen nicht als konkretes technisches Mittel angegeben worden sind. Indem die Polizei den Umfang der Datenverarbeitung selbst bestimmt hatte, verstieß sie gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit und der Erforderlichkeit. Es wurden Daten gespeichert, obwohl sie nicht mehr für ein Ermittlungsverfahren aufbewahrt werden mussten.
Erste Maßnahmen zur Milderung der Datenschutzverstöße wurden von der Polizei bereits eingeleitet. So darf der Aufzeichnungsmodus nicht mehr dauerhaft, sondern nur noch auf konkrete Anordnung der Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden. Weiterhin kritisiert wird die dauerhafte Speicherung der Kennzeichendaten.
20. November 2019
Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die Klage wegen der Verletzung des Datenschutzes hinsichtlich des Einsatzes der Pilotanlage “Section Control” auf der B6 zurückgewiesen. Die Anlage ist wieder in Betrieb.
Grund für diese Entscheidung ist das neue Landes-Polizeigesetz, wodurch nachträglich eine Grundlage für die Nutzung der Anlage geschaffen wurde.
Das Besondere an dieser Tempomessung war, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit auf einer rund zwei Kilometer langen Strecke ermittelt wurde. Weil hier Kennzeichen bei der Ein- und Ausfahrt der Strecke von allen Fahrzeugen, egal ob diese sich an die Geschwindigkeit halten oder nicht, erfasst werden, gab es datenschutzrechtliche Bedenken. Das Verwaltungsgericht Hannover (Az. 7 A 850/19) sah hierin eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Eine systematische Erfassung sei nur dann zulässig, wenn eine gesetzliche Grundlage existiere.
Diese gesetzliche Grundlage wurde im neuen Polizeigesetz geschaffen. In § 32 Abs. 7 wird ausdrücklich die “Abschnittskontrolle” mit Bildaufzeichnung zur Tempomessung erwähnt. Voraussetzung ist die Sicherstellung, dass die Insassen nicht erkennbar sind und die Kennzeichen der Autos mit zulässiger Geschwindigkeit unmittelbar nach dem Ausfahren automatisch gelöscht werden müssen .
Dass OVG hatte keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des betreffenden Paragrafen und sah in dem Gesetz eine ausreichende Grundlage für die Kennzeichenerfassung.
13. November 2019
Mit dieser Thematik beschäftigt sich heute das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG).
Die “Section Control” ist die Pilotanlage an der B6 bei Laatzen und das erste Streckenradar bundesweit. Nachdem das Verwaltungsgericht Hannover im März entschieden hat, dass es an einer gesetzlichen Grundlage für die Art der Überwachung fehle, wurde die Anlage ausgeschaltet (wir berichteten über den Verfahrensverlauf).
Bedenken bei dem Einsatz eines Streckenradars zur Geschwindigkeitskontrolle bestehen deshalb, weil die Durchschnittsgeschwindigkeit auf einer rund zwei Kilometer langen Strecke – nicht nur an einer Stelle – gemessen wird und daher kurzfristig die Kennzeichen aller Autos erfasst.
Das OVG hat nunmehr zu klären, ob sich eine gesetzliche Grundlage für diese Art der Überwachung im neuen niedersächsische Polizeigesetz finden lässt, welches im Mai in Kraft getreten ist.
Bereits im Juli befanden die Richter des OVG, dass das neue Polizeigesetz nachträglich die notwendige Eingriffsermächtigung geschaffen habe. Es bleibt abzuwarten, wie die endgültige Entscheidung des OVG ausfällt.