EDSA zu „Pay or Okay“-Modellen: Das Abo-Aus
Meta und auch immer mehr andere Unternehmen verlangen für die werbefreie Nutzung ihrer Online-Dienste eine Gebühr. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat nun auf seiner Plenartagung am 17.04.2024 eine Stellungnahme zu den sogenannten „Pay or Okay“-Modellen verabschiedet. Darin stellt er fest, dass Verbraucher weiterhin eine echte Wahlmöglichkeit haben müssen.
Hintergrund der Stellungnahme
Seit November 2023 stellt Meta seine Instagram- und Facebook-Nutzer vor die Wahl. Sie können sich entweder für das Bezahl-Abo von bis zu 251,88 € pro Jahr entscheiden oder personalisierter Werbung zustimmen. Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) hat bereits im November Zweifel an der Rechtmäßigkeit geäußert.
Manche Datenschützer gehen noch weiter und sehen in dem Modell eine erzwungene Einwilligung mangels echter Wahlmöglichkeit. Die Datenschutzorganisation noyb hatte deshalb bereits Ende November 2023 eine Beschwerde und im Januar die zweite Beschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde gegen Meta eingereicht. Zuletzt schickten 28 NGOs einen gemeinsamen Brief an den EDSA mit der Bitte, das Zahl-Abo als datenschutzwidrig zu erklären. Die EU-Kommission hat dann im März, nachdem sie Meta zur Bereitstellung weiterer Informationen aufgefordert hatte, ein Verfahren nach dem (Digital Markets Acts) DMA eingeleitet.
Die Stellungnahme des EDSA folgt nun auf Anträge von Datenschutzbehörden aus den Niederlanden, Norwegen und Hamburg, ein Gutachten nach Art. 64 Abs. 2 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) abzugeben. Darin hatten die Aufsichtsbehörden den EDSA aufgefordert, Klarheit zu den „Pay or Okay“-Modellen zu schaffen.
Echte Wahlfreiheit selten
Die Stellungnahme des EDSA (abrufbar hier) befasst sich mit den Auswirkungen von „Zustimmungs- oder Bezahlungsmodellen“ auf die Einwilligung zur Datenverarbeitung für personalisierte Werbung. Der EDSA verlangt bei solchen Modellen das Vorliegen einer echten Wahlmöglichkeit. Laut EDSA-Vorsitzender Anu Talus „stimmen die meisten Nutzer der Verarbeitung zu, um einen Dienst zu nutzen,“ ohne „die vollen Auswirkungen ihrer Entscheidungen“ zu verstehen. Aufgrund einer solchen regelmäßig uninformierten Zustimmung sei nach der Pressemitteilung des EDSA eine wirksame Einwilligung selten gegeben, wenn der Nutzer nur zwischen Datenverarbeitung und Zahlung wählen kann.
Alternative Modelle erforderlich
Der EDSA fordert von großen Online-Plattformen, alternative und gleichwertige Optionen anzubieten, um eine echte Wahlmöglichkeit zu gewährleisten. Statt einer Begrenzung auf die beiden Alternativen in Form der Zustimmung zur Datenverarbeitung oder der kostenpflichtigen Option sollte es zusätzlich eine kostenlose Variante geben, bei der keine Daten zur verhaltensbezogenen Werbung verarbeitet werden. Denkbar sei eine Option, in der nur nicht personalisierte Werbung ausgespielt wird.
Grundsätze der DSGVO gelten auch bei Einwilligung
Die Stellungnahme unterstreicht, dass das Vorliegen einer Einwilligung nicht von der Befolgung der Grundsätze aus Art. 5 DSGVO wie der Zweckbindung und der Datenminimierung oder etwa des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes befreit. Im Rahmen der Notwendigkeit einer Einwilligung sei zugunsten der Verarbeitenden aber auch etwa zu beachten, dass nicht jede Gebühr auch zu einer erzwungenen Einwilligung führe. Es komme vielmehr im Rahmen einer Einzelfallentscheidung darauf an, ob die Gebühr unter den jeweiligen Umständen angemessen sei. Für die Freiwilligkeit komme es auch darauf an, ob die Verweigerung der Einwilligung etwa zum vollständigen Ausschluss gesellschaftlich oder beruflich relevanter Dienste führt. Das sei bei Bezahl-Abos von großen Online-Plattformen regelmäßig der Fall.
„Aus von Meta’s „Pay or Okay“-Plan”
Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) zeigt sich auf Mastodon zufrieden mit der Positionierung. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und schließt sich der Kritik des Hessischen Datenschutzbeauftragten (HBDI) an. Dieser meint, dass grundsätzlich auch bei Zahlung noch Daten gesammelt würden und es somit auch hier an einer ordnungsgemäßen Einwilligung fehle. Auch Patrick Breyer von der Piratenparte zeigt sich erfreut über die Stellungnahme. Er sieht hierin das „Aus von Meta’s „pay or okay“-Plan“.
Fazit
Die Stellungnahme des EDSA sendet ein klares Signal an große Online-Plattformen: Verbraucher müssen bei der Nutzung von Diensten echte Wahlfreiheit haben. Die bisherigen Abo-Modelle entsprächen regelmäßig nicht den Anforderungen an eine gültige Einwilligung. Es bleibt abzuwarten, wie die Online-Plattformen auf diese Forderungen reagieren und ob sie ihre Modelle entsprechend anpassen werden. Die Stellungnahme hat keine Bindungswirkung. Allerdings ist der EDSA die Dachorganisation, die die nationalen Datenschutzbehörden und den Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDPS) zusammenbringt. Deshalb hat die Stellungnahme eine hohe Aussagekraft. Es liegt somit nahe, dass sich die EDSB dieser Meinung anschließt und wohlmöglich sogar Abmahnungen erlässt. Im Übrigen hat der EDSA auch angekündigt, Leitlinien für „Einwilligungs- oder Entgeltmodelle“ zu entwickeln.