Pay or okay: Brief von 28 NGOs an EDSA

20. Februar 2024

Die Debatte über die neue Einwilligungs-Strategie von Instagram und Facebook geht in die nächste Runde. Nachdem vermehrt Beschwerden über Metas neues Bezahl-Abo aufgekommen sind, wird bald vom Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) eine Stellungnahme erwartet. Deswegen haben 28 NGOs einen Brief vom 16.02.2024 an den EDSA gerichtet, mit der Bitte, die „Pay or okay“ Methode als rechtswidrig einzustufen.

Zahlreiche Kritik gegen Metas Bezahl-Abo

Seit November 2023 stellt Meta seine Nutzer vor die Wahl. Sie können sich entweder für das Bezahl-Abo von bis zu 251,88 € pro Jahr entscheiden oder der Verwendung ihrer personenbezogenen Daten für personalisierte Werbung zustimmen. Ob dieses Modell datenschutzkonform ist, ist bislang nicht abschließend geklärt. Deshalb hat etwa der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) bereits im November Zweifel geäußert. Der Hessische Datenschutzbeauftragte (HBDI) ging sogar einen Schritt weiter und bezeichnete das Abo-Modell als eine „Mogelpackung“. In Wirklichkeit sammle Meta trotz Zahlung weiter Daten. Der einzige Vorteil bestünde in einer werbefreien Nutzung der sozialen Netzwerke.

Beschwerden von Noyb

Manche Datenschützer gehen sogar noch weiter und sehen in dem Modell eine erzwungene Einwilligung. Da die Gebühren für das Abo unverhältnismäßig hoch seien, könne man nicht mehr von einer freiwilligen Einwilligung ausgehen. Die Datenschutzorganisation Noyb hatte deshalb bereits Ende November 2023 eine erste Beschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde gegen Meta eingereicht. Im Januar folgte die zweite Beschwerde, die sich auf einen zu komplizierten kostenpflichtigen Widerruf der Einwilligung durch das Bezahl-Abos bezog.

Noyb stützt seine Argumentation insbesondere darauf, dass es sich insgesamt nicht mehr um eine freiwillige Einwilligung handle. Die Pressemitteilung vom 16.02.2024 schildert, dass 99,9 % der Nutzer schon bei Gebühren von 1,99 € mit Tracking einverstanden seien. Demgegenüber seien nur 3-10 % tatsächlich mit einer Nutzung ihrer Daten für personalisierte Werbung einverstanden. Deswegen handle es sich um eine „erzwungene“ Gebühr. Das würde umso deutlicher, wenn man sich vor Augen führe, dass eine vier-köpfige Familie im Durchschnitt dann 35.263,20 € für Privatsphäre zahlen müsse. Dies würde dazu führen, dass Privatsphäre nur noch den Reichen vorbehalten sei. Die Anerkennung eines solchen Modells stünde zudem im Widerspruch dazu, dass in anderen Fällen schon leichte Beeinflussungsmethoden, wie die Vorauswahl von Einwilligungshäkchen, rechtswidrig sei.

Der gemeinsame Brief

Der gemeinsame Brief der 28 NGOs inklusive Noyb steht im Zusammenhang zur Anforderung einer verbindlichen Stellungnahme des EDSA durch die niederländische, norwegische und Hamburger Datenschutzbehörden. Die Antwort auf diese Anfrage könnte laut der Pressemitteilung von Noyb auf die Zukunft der freien Einwilligung im Internet einen erheblichen Einfluss haben. „Die möglichen Konsequenzen gehen weit über Metas Datenernte hinaus“ laut Noyb. Bestätige der EDSA das „Pay or okay“-Modell, könne dies schnell dazu führen, dass eine Einwilligung nur noch durch Zahlung umgehbar sei. Dies würde nach Ansicht von Noyb effektiv die Hinfälligkeit der Voraussetzung einer „freiwilligen“ Einwilligung herbeiführen. Dies zeige sich etwa in Deutschland, wo seit Anerkennung dieses Models mittlerweile 30 % der „top 100 websites“ eine solche Methode wählen würden.

In dem gemeinsamen Brief an den EDSA drücken die 28 NGOs, darunter neben Noyb auch etwa Wikimedia Europe oder Bits of Freedom, ihre Besorgnis über die aktuelle Entwicklung zu “Pay or okay” aus. Deshalb fordern sie den EDSA und alle nationalen Datenschutzbehörden auf, eine Stellungnahme zu erlassen, die das Grundrecht auf Datenschutz wahrt. Dafür müsse man solche Bezahl-Abos verbieten, um die Umgehung von Datenschutzrecht zu vermeiden.

Fazit

Die Entscheidung über die Zulässigkeit von “Pay or okay” könnte erhebliche Auswirkungen auf die aktuelle Datenschutzlandschaft und die Bedeutung von Privatsphäre haben. Die Entscheidung des EDSA wird insofern wegweisend sein. Zudem würde sie die momentan in Deutschland gelebte Praxis erheblich in Frage stellen. Die Kritik von Noyb verdeutlicht die Gefahr, dass Datenschutz zu einem Luxusgut werden könnte. Andererseits gibt es jedoch auch keine Pflicht für Unternehmen ihre Dienste kostenlos anzubieten. Trotzdem ist entscheidend, dass die Einwilligung zur Datenverarbeitung freiwillig bleibt. Die Datenschutzbehörden müssen jetzt klare Positionen beziehen, um wenigstens abschließend Rechtssicherheit zu schaffen.