Schlagwort: Internationaler Datenschutz
8. Oktober 2020
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied mit am 06.10.2020 veröffentlichten Urteil, dass eine flächendeckende und pauschale Speicherung von Kommunikations- und Standortdaten bei der Nutzung von Telekommunikationsdiensten unzulässig ist. Anlass hierzu war, dass der belgische Verfassungsgerichtshof, der französische Staatsrat und das britische Gericht für Ermittlungsbefugnisse anfragten, ob die europäische Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation auch auf Maßnahmen zur Terrorabwehr angewendet werden kann.
Eine Ausnahme des Verbotes der flächendeckenden und pauschalen Speicherung von Kommunikations- und Standortdaten soll in Fällen der Bekämpfung schwerer Kriminalität sowie bei konkreten Bedrohungen der nationalen Sicherheit gelten. Voraussetzung für einen solchen Ausnahmefall ist, dass sich ein EU-Mitgliedstaat in einer ernsten Bedrohungslage für die nationale Sicherheitslage befände, die allgemein, aktuell und vorhersehbar sei. Unklar bleibt, was genau als „ernsthafte Bedrohung“ definiert werden darf und was nicht. Auch hier gilt, dass die Datenspeicherung und -übermittlung streng zweckgebunden und zeitlich begrenzt sein muss. Eine Beschränkung auf das unbedingt notwendige Maß ist erforderlich. Eine Nachprüfung durch Gerichte oder unabhängige Behörden soll jederzeit möglich sein können.
Gleiches gilt bei Ermittlungen gegen schwere Straftaten und bei einer Bedrohung der öffentlichen Sicherheit.
Weiterhin hält der EuGH eine Vorratsdatenspeicherung für rechtmäßig, wenn sie sich auf bestimmte Personengruppen oder bestimmte Gebiete bezieht und auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt ist. Hier sollen Behörden Provider überdies über diese bestimmten Zeiträume hinaus zur Datenspeicherung anhalten können. Hierbei ist wieder Voraussetzung, dass die Vorratsdatenspeicherung Maßnahmen zur Aufklärung von schweren Verbrechen oder von Angriffen auf die nationale Sicherheit dient, oder wenn solche konkreten Anlassfälle vermutet werden.
In Deutschland wird die Vorratsdatenspeicherung momentan ohnehin aufgrund eines früheren Urteils des EuGH ausgesetzt. Ein gesondertes Verfahren vor dem EuGH hierzu ist derzeit noch anhängig.
26. Oktober 2018
Apple-Chef Tim Cook lobt im Rahmen seiner Teilnahme an der 40. Internationalen Konferenz der Beauftragten für den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre (ICDPPC), welche vom 21.10.-26.10. 2018 in Brüssel stattfindet, im EU-Parlament die europäische Datenschutzgrundverordnung. An der Konferenz nehmen neben den unabhängigen Datenschutzbehörden als akkreditierte Mitglieder auch Vertreter von Staaten ohne unabhängige Datenschutzkontrollorgane, internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen sowie Vertreter aus Wissenschaft und Industrie teil.
Wie unter anderem die Süddeutsche Zeitung und das Handelsblatt am Mittwoch berichteten, forderte der Apple-Chef in seiner Rede im EU-Parlament weltweit ähnliche Datenschutzstandards. Cook warnt vor der Gefahr eines “Daten-industriellen Komplexes”. Gemeint ist die Sammelwut einiger großer Konzerne im Hinblick auf die persönlichen Daten ihrer Nutzer. Solche Daten würden als “Waffe mit militärischer Effizienz” eingesetzt. Mit den Daten der Nutzer werde ein milliardenstarkes Geschäft geführt. Die Daten würden “sorgfältig gesammelt, zusammengefasst, gehandelt und verkauft”.
Der Apple-Chef greift hier vor allem die Branchenriesen Google und Facebook an indem er die Verantwortung der Konzerne für Schaffung ausreichender Datenschutzstandards betont. Diese waren in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Frage nach einem ausreichenden Schutz der Daten ihrer Nutzer häufig Mittelpunkt einer globalen Diskussion rund um das Thema Datenschutz.
6. Februar 2017
Google hat vor einem Gericht im US-amerikanischen Philadelphia verloren und muss laut Urteil nun E-Mail-Daten, die auf ausländischen Servern gespeichert sind an die US-amerikanische Bundespolizei FBI herausgeben. Damit weicht das Gericht von der bisherigen Rechtsprechung ab. Erst kürzlich wurde in einem anderen Verfahren, Microsoft die Herausgabe von Daten, die auf Servern in der Europäischen Union gespeichert sind, erfolgreich verweigerte und auf den Rechtsweg in der EU verwiesen.
Als Begründung für die Herausgabepflicht von Google führte der Richter aus, dass Google ohnehin ständig Daten zwischen seinen Rechenzentren hin- und herkopiere, sodass es nur nötig sei, die vom FBI angefragten Daten in die USA zu transferieren, damit das FBI darauf zugreifen kann. Zwar kann dies eine Verletzung der Rechte des Nutzers darstellen, aber diese Verletzung würde in den USA stattfinden und damit wieder von dem Gesetz gedeckt sein. Der Datentransfer stelle damit ohnehin keinen Zugriff auf ausländische Daten dar.
Nach der Verkündigung des Urteils hat sich Google bereits zum Verfahren geäußert und angekündigt, gegen das Urteil nun Berufung einzulegen und auch weiterhin gegen zu weitgehende Herausgabebeschlüsse vorzugehen. Google erklärte zudem, dass man Daten aus technischen Gründen weltweit auf den Servern verteilt und es in einigen Fällen gar nicht ganz klar sei, wo die Daten gerade gespeichert sind. Aus dem Urteil geht hervor, dass allein Google jährlich rund 25.000 Auskunftsersuchen von US-amerikanischen Ermittlungsbehörden erhält.
3. Februar 2016
Am gestrigen Mittwoch gab die EU-Kommission bekannt, dass Vertreter der EU und der Vereinigten Staaten sich über die Rahmenbedingungen des transatlantischen Datenaustauschs verständigt haben. Die Zulässigkeit des Datentransfers aus der EU in die USA wird sich zukünftig aus dem EU-US Privacy Shield ergeben.
Im Oktober 2015 hatte der Europäische Gerichtshof das Safe-Habor-Abkommen, welches bis dahin als Rechtsgrundlage für die Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA diente, für ungültig erklärt. Dies hat vor allem bei europäischen Unternehmen, die US-amerikanische soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sowie US-Cloud-Dienstleistungen nutzen, für große Unsicherheiten gesorgt.
Das EU-US Privacy Shield wird zukünftig die Maßstäbe für einen transatlantischen Datenaustausch festlegen. Obwohl zurzeit noch kein konkreter Text vorliegt, geben die jüngst bekannt gewordenen Rahmendingung eine Richtung vor. Zum einen werden US-Unternehmen strengere Regularien hinsichtlich der Datenverarbeitung und Sicherstellung von Persönlichkeitsrechten gewährleisten müssen als nach dem Safe-Habor-Abkommen. Das US-Handelsministerium wird die Einhaltung dieser Vorschriften überwachen und kann diese gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen. Sofern Personaldaten von Bürgern der Europäischen Union in die USA übermittelt werden, sind darüber hinaus die Entschließungen der Europäischen Datenschutzbehörden zu erfüllen. Weiterhin haben die USA zugesichert, dass US-Strafverfolgungsbehörden und US-Sicherheitsbehörden nur in den Grenzen der Erforderlichkeit und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit auf die in den USA gespeicherten Daten zugreifen dürfen. Der Zugriff von US-Behörden auf personenbezogene Daten von Europäern wird durch jährliche Treffen mit Vertretern des US-Handelsministeriums und der Europäischen Kommission sowie Vertretern der US-Nachrichtendienste und der EU-Datenschutzbehörden überwacht. Schließlich werden EU-Bürger bei Verstößen gegen das EU-US Privacy Shield mit verschiedenen Rechtsmitteln ausgestattet. Unternehmen werden innerhalb einer festgelegten Frist auf Beschwerden reagieren müssen. Außerdem werden europäische Datenschutzbehörden Beschwerden an US-Behörden zur weiteren Rechtsdurchsetzung weiterleiten können. Bei Beschwerden bezüglich eines unzulässigen Zugriffs durch US-Sicherheitsbehörden wird eine Ombudsstelle eingerichtet.
Die EU-Kommission wird innerhalb der nächsten drei Wochen Dokumente mit konkreteren Inhalten vorlegen. Diese werden anschließend von der Artikel-29-Gruppe diskutiert.
Zumindest bis dahin ergeben sich für Unternehmen zunächst keine Veränderungen zum derzeitigen Status Quo hinsichtlich der Zulässigkeit von Datenübermittlungen in die USA.
16. April 2013
Nach heftiger Kritik und Widerstand gegen das am 10.04.2013 auf den deutschen Markt gekommene Datensammler-Tool “Report an Sophos” hat die Entwicklerfirma eine Zusatzfunktion eingeführt, durch die das Sammeln von Nutzungsdaten in der Management-Oberfläche deaktiviert werden kann. Laut Sophos habe diese Möglichkeit schon immer Bestand gehabt.
Die Deaktivierung der Sammlung von Nutzerdaten erfolge durch ein Herausnehmen eines Häckchens bei der Genehmigung für die Berichte. Das Herausnehmen könne unter dem Menüpunkt “Extras/Report” in der Sophos Enterprise Console vorgenommen werden. Nach Aussage von Sophos efolge die Datenübertragung auf Grundlage der Lizenzbedingungen und diene zur Verbesserung der Produkte.
Kunden erhielten von Sophos E-Mails, in denen ihnen mitgeteilt worden sei, dass das Datensammel-Tool stets deaktiviert voreingestellt sei. Ein Sprecher revidierte dies jedoch, da versehentlich falsche Informationen an die Kunden übermittelt worden seien; das Tool sei vielmehr standardmäßig aktiv.
11. Januar 2013
Das Entertainment-Unternehmen Disney kündigte an, dass die Besucher von Disneyworld in Orlando Armbänder, sog. „MagicBands“, am Eingang erhalten werden. Damit werde das Unternehmen die Standortdaten und die Daten über das Kaufverhalten der Besucher im Vergnügungspark zu Marketingzwecken verarbeiten. Das Tragen dieser „MagicBands“ soll für sämtliche Besucher verpflichtend sein. Immerhin obliege es den Besuchern bzw. den Erziehungsberechtigten der minderjährigen Besucher frei entscheiden zu können, welche Daten durch Disney erhoben werden.
Weiter, so Disney, könne mit den “MagicBands” der Vergnügungseffekt der Besucher verbessert werden. Die Besucher können beispielsweise ihren Namen sowie ihr Alter hinterlassen, um somit individuell mit ihren Namen von den als Disneyfigur verkleideten Mitarbeiter des Vergnügungsparks angesprochen zu werden.
23. November 2011
Udo Helmbrecht, Direktor der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit, warnte Medienberichten zufolge vor einer unvorsichtigen Nutzung des Cloud Computings. Gerade mittelständische Unternehmen speicherten sensible Daten in der digitalen Wolke, so Helmbrecht, ohne datenschutzrechtliche Risiken zu beachten. Handele es sich um ausländische Anbieter von Cloud Computing, landeten die Daten möglicherweise in den USA oder anderen Drittstaaten. Dieser Datentransfer verstößt möglicherweise gegen das Bundesdatenschutzgesetz – und birgt damit ungeahnte Risiken für die Unternehmen, die auf das kostensparende Cloud Computing setzen.
Nach Ansicht von Helmbrecht seien die ersten Skandale beim Cloud Computing nur noch eine Frage der Zeit. (ssc)
2. Juli 2011
Gordon Frazer, Managing Director bei Microsoft UK, räumte zum Start des Online-Office-Dienstes Office 365 ein, dass US-Behörden auch dann Zugriff auf Daten gewährt werden müsste, wenn diese physikalisch auf europäischen Servern gespeichert sind.
Auf Grundlage des USA Patriot Acts ist ein solcher Zugriff dann nicht auszuschließen, wenn eine Firma ihren Hauptsitz in den USA hat oder alle Anteile von einer US-Mutterfirma gehalten werden. Neben Microsoft sind auch sonstige Internetgrößen wie Amazon, Apple und Google betroffen. Dies wird auch durch die Aussage Frazers, dass weder Microsoft noch andere Firmen die Garantie geben könnten (, dass den US-Behörden kein Zugriff auf die Daten gewährt wird), deutlich.
Nach Möglichkeit würden die Kunden aber von einem solchen Zugriff unterrichtet. Die Einschränkung “nach Möglichkeit” ist notwendig, da bestimmte US-Behörden wie das FBI einen National Security Letter erlassen können, welcher es den betroffenen Stellen verbietet, Informationen über die Anfrage weiterzugeben (sogenannte Gag order).
Insgesamt wurde damit zum ersten Mal eine solche Zugriffsmöglichkeit explizit bestätigt. Unternehmen, die den rechtlichen Anforderungen des Datenschutzes beim Cloud-Computing Genüge tun wollen, kann somit vorerst nur geraten werden, ihre Daten einem europäischen Anbieter anzuvertrauen. (se)
5. Mai 2011
Am 13. April 2011 hat die indische Regierung neue Bestimmungen insbesondere zum Schutz “sensitiver” personenbezogener Informationen im IT-Umfeld vorgestellt, denen bereits jetzt eine erhebliche Bedeutung für die internationale Datenverarbeitung weltweit operierender Organisationen und Konzerne zugeschrieben wird.
Die vorgestellten Neuregelungen, deren zügiges Inkrafttreten nun zu erwarten steht, stellen eine erhebliche Verschärfung gegenüber der bestehenden Gesetzgebung dar und gelten umfassend für alle Organisationen, die in Indien Daten (auch von außerhalb Indiens befindlichen) Personen verarbeiten. Auch die Datenverarbeitung im Auftrag durch indische Auftragnehmer ist dabei wesentlichen Neuregelungen und Verschärfungen unterworfen.
Der Begriff der sensitiven personenbezogenen Informationen erfasst neben Gesundheitsdaten, Daten zur sexuellen Orientierung insbesondere auch biometrische Daten sowie Daten zu Bank- und Kreditkartenkonten, als auch Passwörter.
Danach soll die Erhebung und Verarbeitung entsprechender Daten zukünftig generell die vorherige freiwillige Einwilligung des Betroffenen erfordern, die schriftlich oder auch per E-Mail erteilt werden kann. Zusätzlich ist die Erhebung derartiger Informationen nur dann zulässig, wenn diese zu legalen Verarbeitungszwecken der verantwortlichen Stelle erforderlich ist. Weiterhin sehen die Bestimmungen für den Betroffenen die Möglichkeit eines jederzeitigen Widerrufs der gegebenen Einwilligung vor. Ergänzend ist die betroffene Person im Moment der Datenerhebung über die wesentlichen Datenverarbeitungsvorgänge und deren Zwecke zu informieren. Dies wird weiter flankiert von der Verpflichtung, eine detaillierte und verständliche Privacy Policy auf der Webseite der verantwortlichen Stelle verfügbar zu halten. Eine Datenübermittlung in Drittstaaten soll nach den Neuregelungen schließlich grundsätzlich nur dann zulässig sein, wenn im Empfängerland ein gleichwertiges Datenschutzniveau besteht und die Daten zur Durchführung eines Vertrags erforderlich sind oder wenn die betroffene Person in die Übermittlung ebenfalls eingewilligt hat.
Nach Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung gilt es für Organisationen, die in Indien personenbezogene Daten verarbeiten, ihre Compliance mit den neuen Vorschriften grundsätzlich zu überprüfen. Dies betrifft sowohl ansässige Unternehmen, als auch solche, die die Verarbeitung personenbezogener Daten von Europäischen Standorten aus im Wege des Outsourcing an indische Dienstleister oder Datenverarbeitungscenter übertragen haben, da die neuen Regelungen zum Teil strengere Einschränkungen vorsehen, als dies nach hierzulande der einschlägigen EU-Gesetzgebung der Fall ist.Verstöße sollen in Indien fortan mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren und/oder Geldstrafen von umgerechnet ca. 1.550,- € pro Datensatz belegt werden können, die insbesondere auch die Unternehmensführung treffen können, sofern der verantwortlichen Person der Beweis der Unkenntnis von dem Verstoß nicht gelingt. Soweit Verstöße von Auftragsdatenverarbeitern vorliegen, können sogar Freiheitsstrafen von zu drei Jahren und/oder umgerechnet ca. 3.100,- € verhängt werden.
Die Folgen der beabsichtigten Neuregelungen für betroffene Unternehmen und deren IT- und Backoffice-Zentren sind derzeit noch völlig unklar, sodass allgemein mit Spezifizierungen und Klarstellungen innerhalb der nächsten Wochen gerechnet wird.